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nmz-archiv
nmz 2005/04 | Seite 10
54. Jahrgang | April
Cluster
Standardkonform
Da wächst zusammen, was zusammengehört: Europa. Europa,
das Bollwerk der abendländischen Kultur gegen den kulturellen
Vandalismus von Übersee und Untererde. Gemeinsam ist man stark,
gemeinsam sitzt man im selben Boot. Alle Europäer werden Menschen.
Um dieses Ziel gewährleisten zu können, muss man auch
überall ein bisschen zurückstecken. Alles gehört
angepasst. Schlimm genug, dass man dies noch nicht in Sachen der
Europasprache geschafft hat. Schöner ist es ohnehin, man redet
aneinander vorbei. 380 Kombinationsmöglichkeiten für Übersetzungen
in der erweiterten EU gibt es bereits. Das ist nur Nebensache. Europa
wird so oder so verwaltet.
Wenn jetzt im Rahmen der europäischen Vereinigung zum Beispiel
sämtliche universitären Ausbildungswege (und bald sicher
auch die schulischen) per Bachelor und Master vereuroglobalisiert
werden, sterben die kulturellen Eigenarten und letzten Dornröschenparadiese
und deren orchideenvollen Gedanken ab. Die Holland-Gurke, die Euro-Banane
waren erst der Anfang. Und die Musik selbst: Ist Brahms eigentlich
eurokonform? Eher doch nicht.
Also weg mit diesem kulturellen Getue. Hört den Propheten
Stockhausen: „Mit dem allmählichen Ausklang der individualistischen
Epoche der europäischen Kultur verlieren sich in jüngster
Zeit die Nationalstile und überspitzten Persönlichkeitsstile
immer rascher. Tatsächlich hat um 1950 eine Generation damit
begonnen, eine neue Musiksprache zu formulieren, die alle Voraussetzungen
dafür enthält, eine kollektive, übernationale und
weitgehend überpersönliche Musiksprache zu ermöglichen.“
Denn Mahlzeit, mit McRihm im Schnappi-Rand zu einem Euro.