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nmz-archiv
nmz 2005/04 | Seite 15
54. Jahrgang | April
Musikwirtschaft
Früher war alles genauso, nur anders
Die Phonographische Wirtschaft blickt zurück und nach vorn
Es könnte alles viel schlimmer sein, aber auch viel besser.
So lässt sich in einem Satz der gegenwärtige Zustand der
phonoghraphischen Wirtschaft in Deutschland beschreiben. Der Vorsitzende
der deutschen Phonoverbände, Gerd Gebhardt, hat es selbst auf
der diesjährigen Jahrespressekonferenz seines Verbandes in
Berlin so umschrieben: „Der Musikmarkt hat sich 2004 konsolidiert.
Zwar ist noch ein Umsatzrückgang von 3,6 Prozent zu verzeichnen,
doch der ist im Vergleich zu den Vorjahren sehr moderat ausgefallen.
Die extrem negative Umsatzentwicklung der letzten Jahre ist offensichtlich
beendet. Für 2005 erwarten wir eine stabile Marktentwicklung,
ab 2006 dann wieder leichte Zuwächse.“
Der Vorsitzender der deutschen
Phonoverbände, Gerd Gebhardt. Foto: Hufner
In der Tat scheint der freie Fall der Umsatzentwicklung der Branche
gebremst, auf allerdings immer niedrigerem Niveau. Von 2000 bis
2004 sank der Jahresumsatz von 2.490 Millionen auf 1.589 Millionen
Euro, also um gut 36 Prozent. Während Hauptproblem Nummer 1
für die deutschen Phonoverbände die private Vervielfältigung
darstellt, sieht man im Bereich des Onlineverkaufs, dem jahrelangen
Problemfeld Nummer 2, eine mäßig positive Entwicklung.
2004 habe es etwa acht Millionen legale Musikdownloads zu einem
Marktwert von zehn Millionen Euro gegeben. Das ist immerhin auch
schon etwas, wenngleich nur ein Tüpfelchen auf dem i. Das sind
die Entwicklungen, die man schön schwarz auf weiß belegen
kann und die vielleicht die wirtschaftlichen Eckdaten umreißen.
Gleichwohl kommt aus den Reihen der deutschen Phonoverbände
längst nicht mehr nur Gejammer, sondern wieder auch heftige
Kritik. Immer noch arbeitet man daran, dass Musik- und Musikbildtonträger
als Waren der Kultur auch fiskalisch gerechnet werden, nämlich
mit dem herabgesetzten Mehrwertsteuersatz von 7 statt 16 Prozent
und vesprach, die Senkung sofort dem Kunden weiterzugeben. Ebenso
ist man stark bemüht, den Kampf gegen die Legalisierung von
Privatkopien (auch zum privaten Gebrauch) zu führen.
Geschäftführer Peter Zombik sieht dabei durchaus positive
Entwicklungen in Fragen des Digital Rights Management (DRM) und
ist andererseits eigentlich unglücklich darüber, dass
man 2004 insgesamt 400 Strafverfahren gegen illegale Anbieter in
„Tauschbörsen“ einleiten musste. Gern tat man dies
nicht, aber auf eine andere Weise ist seitens der Kläger nicht
zu ermitteln, wer diese tauschenden Personen denn seien. Man sähe
sich daher eher zu diesem prozessualen Schritten gezwungen und dazu,
die Schutzfristen für Musikaufnahmen von EU-weit 50 Jahren
auf 95 Jahre (wie in den USA) zu verlängern. Gar nicht zimperlich
ist man gegenwärtig gegenüber den Rundfunkanstalten. Nicht
nur möchte man das Verfahren der pauschalen Lizenzierung der
Musikaufnahmen, also das so genannte Rundfunkprivileg, aufheben,
man ist zudem auch mit der Programmgestaltung der Sender selbst
unzufrieden. So sei der Anteil der deutschprachigen Titel im öffentlich-rechtlichen
Rundfunk von 38,3 in 2002 auf 14,5 Prozent in 2004 gefallen, bei
den privaten Runfunkanstalten ging er im selben Zeitraum von 8,7
auf müde 5,7 Prozent zurück. Das spiegele die Marktentwicklung
überhaupt nicht wieder. Während in den Top25-Albencharts
2004 zehn Alben und acht Singles auftauchten, waren es in den so
genannten Airplay-Charts des Rundfunks nur zwei. Allein die Sendung
von deutschsprachigen Neuheiten stieg zwischen 2002 und 2004 von
kläglichen 1,2 auf 4,9 Prozent (0,8 auf 2,2 Prozent bei den
Privaten).
Über den schwelenden Streit zwischen GEMA und Phonoverbänden
über die Lizenzgebühren auf Tonträger hüllte
man sich seitens der deutschen Phonoverbände in Schweigen und
meinte nur: „Wir haben uns lieb.“ Aus wohlunterrichteten
Kreise jedoch verlautete, dass der von den Phonoverbänden von
9,009 auf 5,6 Prozent (später korrigiert auf 6,6) reduzierte
Satz eher nicht erreicht wird, es werde vielmehr wohl eine 9 vor
dem Komma stehen bleiben. Der Zustand der Deutschen Phonoakademie
hingegen sei trotz personeller Verschlankung im letzen Jahr stabil,
vor allem was deren Budget für alle Projekte wie den ECHO Pop,
ECHO Klassik oder Schooltour angehe.