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nmz-archiv
nmz 2005/04 | Seite 44
54. Jahrgang | April
Rezensionen
Eine Musik geht auf die Wanderschaft
„Accordion Tribe“ von Stefan Schwietert in den Kinos
Für Jahrzehnte wurde das Akkordeon in der Musikwelt verkannt,
beinahe vergessen oder in die Oberkrainer-Alpenjodler-Ecker gestellt.
Der New Yorker Guy Klucevsek (im Foto ganz links), Sohn slowenischer
Einwanderer, entdeckt trotzdem bereits als Achtjähriger das
tragbare „Klavier für Arme“, das übrigens
im 19. Jahrhundert in Wien erfunden wurde, für sich –
eine Liebe, die ihn sein Leben lang nicht mehr los lassen sollte.
Anfang der 90er entwickelte er die Idee einer Gruppe von Akkordeonisten,
die magische Zahl, die Guy festlegt, war fünf. Die ersten drei
von „Akkordion Tribe“ kannte er bisher nur von Platten:
den Schweden Lars Hollmer (Foto Mitte), auch als Komponist äußerst
erfolgreich, die Finnin Maria Kalaniemi und den Slowenen Bratko
Bibic (2.v.r.), Gründer und langjähriges Mitglied von
„Begnograd“. Der Fünfte im Bunde wurde ihm von
seinem Agenten ans Herz gelegt: der seit seinem 15. Lebensjahr blinde
Otto Lechner ist der Jazzer im Bunde, war jahrelang mit dem Kabarettisten
Josef Hader on tour, Kopf von „Otto’s Jazz Ensemble“
und des „Ersten Wiener Strenge Kammerorchesters“. Seit
1996 haben sie bis jetzt zwei CDs mit Eigenkompositionen zusammen
produziert, und Tourneen führten sie durch zahlreiche europäische
Hauptstädte.
Der Schweizer Filmemacher Stefan Schwietert, der 1996 den preisgekrönten
Film „A Tickle In The Heart“ kreiierte, nähert
sich den sehr unterschiedlichen Charakteren auf einfühlsame
Weise und mit eindrucksvollen Bildern. Konzertausschnitte werden
unterbrochen von Tourbus-Szenen, gemeinsamen Proben, kurzen Einzelinterviews
und Aufnahmen aus den jeweiligen Heimatländern dieser Virtuosen
ihres Fachs. Zusammen schaffen sie es, das Akkordeon von alten Vorurteilen
zu befreien, die in der Volksmusik fußenden Wurzeln freizulegen
und sie weiter zu entwickeln. „Gesunkenes Kulturgut heben“
nennt das Lars Hollmer. Ein Schatz ist auch dieser Film, den man
ab 14. April in den deutschen Kinos erleben kann.