Die Zahl der Veröffentlichungen für Cello in den Stilbereichen
Jazz, Rock und Pop ist noch übersichtlich – hier zweimal
vier Hefte aus zwei Verlagen. Die beiden Kleinst-Unternehmen liegen
nahe dem Nord- und dem Südpol der Republik – Edition
Gabricelli in Flensburg, Musikverlag Christofer Varner in München.
Meine Nachfrage bei beiden Verlagen nach Ergänzung von Akkordsymbolen
und im Einzelfall von Playalongs wurde bereitwillig aufgenommen.
Beide stellten ergänzenden Support auf ihrer Website in Aussicht,
was den Nutzwert der Ausgaben erhöhen dürfte – der
Internet-Auftritt von Gabricelli ist in Planung. Varner plant weitere
Veröffentlichungen für Jazzstreicher in naher Zukunft.
Der pädagogische Blickwinkel dieser Rezension soll den Spaßfaktor
der Stücke für „unpädagogische” Situationen
nicht in Frage stellen.
Der Cellist Gabriel Koeppen setzt mit den Neuerscheinungen seiner
Edition Gabricelli die Reihe von gelungenen Veröffentlichungen
für den Cellounterricht fort, wobei sich viele der Vortragsstücke
in Talking Strings von der rein pädagogischen Konzeption lösen.
Wie gewohnt gelingt ihm die Gratwanderung des geschmackvollen Umgangs
mit den Klischees der jeweiligen Stile in Kombination mit der geschickten
Umsetzung für das Cello und originellen musikalischen Details.
Die Stücke sind für den Unterricht sehr geeignet, zumal
sie grob nach Schwierigkeitsgrad geordnet sind.
Talking Strings 1 bietet mit 12 mittelschweren Solostücken
eine Mischung aus „Klassik”, Jazz, Folk, Rock und Pop.
Wie in Solostücken üblich wird die Harmonik oft durch
Doppel- und Akkordgriffe sowie durch Gebrochene-Akkord-Melodik dargestellt.
Neben Pizzicato mit der linken Hand und Gitarrenzupftechniken findet
sich Lohnendes für Bogen und linke Hand. Effekte wie Flageolettpassagen,
Percussion, Ghostnotes oder Verzerrer-Imitation bietet Talking Strings
2. Bewegen sich beide Bände vorwiegend in den Halslagen, so
nutzt das letzte Hendrix-Tribute das Griffbrett bis zum „Schnee”.
Eins der zehn mittelschweren bis schweren Stücke enthält
Platz für improvisierte Fills, zu denen ein Anhang zahlreiche
Anregungen liefert.
Triomania enthält zehn Trios von je ein bis zwei Partiturseiten.
Es ist nicht die nahtlose Fortsetzung der sehr leichten „Easy
Trios”. Die erste Stimme wandert durch die Halslagen (gelegentlich
bis siebte Lage), die zweite Stimme bleibt vorwiegend in der ersten
Lage mit gelegentlichen Ausflügen in eine Halslage. Das dritte
Cello ist in der ersten Lage spielbar. Konstellationen mit drei
unterschiedlich fortgeschrittenen Schülern oder auch zwei Schülern
mit Lehrer sind denkbar. Wie auch die bisherigen Duos hat Koeppen
seine neuen Trios stilistisch bunt gehalten und tadellos arrangiert.
Anders als bei den „Hot Cello”-Ausgaben enthalten die
Partituren keine Akkordsymbole. Cello Basics 1 bietet Tonleitern,
Dreiklänge, Terzentonleitern, Bogen- und Fingerübungen.
Die Zusammenstellung (1. Lage) mit Noten- und Aufgabenheft ist ein
sinnvoller Einstieg in die genannten Themen.
Von Christofer Varner sind vier Hefte mit Celloduos erhältlich.
Die zwei Bände Jazzduette sind Arrangements (Monk, Ellington,
Bessie Smith u.a.) aus der gemeinsamen Konzerttätigkeit mit
der Cellistin Johanna Varner. Die zweite Stimme ist cellistisch
arrangiert, die erste in der Besetzung variabel: Cello, Posaune,
Fagott (Viola auf Anfrage). Beide Bände mit je vier Duos, mittelschwer
bis schwer, bringen hilfreiche Hintergrundinformationen. Die spezielle
Situation, komplexe Harmonik in eine Duobesetzung mit gelegentlichen
Doppelgriffen und Akkorden darzustellen, führt hier immer wieder
zu Ergebnissen, die nicht einem auf Mainstream reduzierten Ideal
verpflichtet sind, sondern bewusst individuelle klangliche Lösungen
vertreten. Die Umsetzung der stilistischen Bandbreite von New Orleans
und Rag bis Varners Monk-Hommage mit verschiedenen Klangeffekten
macht die Sammlungen reizvoll. Unter pädagogischen Gesichtspunkten
wurden die Hefte Easy Jazz Duetts und Jazzetüden konzipiert.
Inspiriert durch vergleichbare Konzepte in der Jazzbläser-Literatur
spielen die zwei Stimmen rhythmisch synchron. Ziel ist zunächst
das Trainieren von Jazzphrasierung. Im Unterricht kann der Lehrer
durch Mitspielen der zweiten Stimme den Schüler phrasierend
mitziehen und erziehen. Um den Nutzwert nicht allein darauf zu beschränken,
ist bei einer bevorstehenden Neuauflage die Ergänzung von Akkordsymbolen
und Bass-Stimmen vorgesehen, so dass Bandarbeit mit etwa zwei Celli
und Rhythmusgruppe möglich wird. Neben Swing-Stücken in
verschiedenen Tempi finden sich Latin, Bossa, Funk, Calypso sowie
Blues und Jazz-Walz in unterhaltsamen Arrangements in den Halslagen.