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nmz-archiv
nmz 2006/03 | Seite 41
55. Jahrgang | März
Oper & Konzert
Ausdauernde Begeisterung für nordische Musik
Die 30. Deutsch-Skandinavische Orchesterwoche in Berlin
Die skandinavischen Botschaften betreiben in Berlin aktive Kulturarbeit,
etwa in Verbindung mit dem Finnland-Institut. Im Musik-Bereich werden
sie seit mehr als zwei Jahrzehnten von Andreas Peer Kähler
aktiv unterstützt. Dieser begeisterte sich nach seinem Dirigier-
und Kompositionsstudium für nordische Musik und gründete
1980, gerade erst 22 Jahre alt, das Berliner Sibelius Orchester,
das er bis 1986 leitete. Schon ein Jahr später rief Kähler
die Deutsch-Skandinavische Jugend-Philharmonie ins Leben, deren
künstlerischer Leiter und ständiger Dirigent er bis heute
ist. In diesem Orchester spielen etwa einhundert junge Musiker,
meist Musikstudenten, nicht nur aus Deutschland und Skandinavien,
sondern aus fast allen europäischen Ländern. Reizvoll
ist für sie die Aussicht, in der Berliner Landesmusikakademie
mit erfahrenen Mentoren zusammenarbeiten und zum Abschluss der Orchesterwoche
in der Philharmonie auftreten zu dürfen.
Der Name Deutsch-Skandinavische Jugend-Philharmonie bezieht sich
also nicht auf die Herkunft der Teilnehmer, sondern auf die von
ihnen gespielten Programme. Jedes der bislang dreißig Konzerte
enthielt wenigstens ein skandinavisches Werk. Neue Kompositionen
von Torbjörn Hultmark und Håkan Larsson wurden uraufgeführt
und Werke von Allan Pettersson (5. Sinfonie), Wilhelm Stenhammar,
Erik Norby, Jean Sibelius, Ragnar Söderlind, Geir Tveitt, Jón
Leifs, Uuno Klani, Per Norgård, Porkell Sigurbjörnsson
und Atli Heimir Svensson zum ersten Mal in Deutschland vorgestellt.
Für den schwedischen Symphoniker Allan Pettersson hat sich
Kähler schon früh engagiert. Zum 25. Todestag dieses Außenseiters
erarbeitete er nun dessen überaus selten gespielte 11. Symphonie,
die trügerisch einfach beginnt, sich dann aber in ein aufwühlendes
Inferno begibt, das sich trotz rhythmischer Inseln erst zum Schluss
hin aufhellt. Die Aufführung gelang transparent und respektabel.
Anders als Pettersson fand Anton Bruckner, zu seiner Zeit ebenfalls
als Außenseiter belächelt, in Kunst und Glauben eine
stabile Gegenwelt. In seiner 4. Symphonie, der Romantischen, bewährten
sich vor allem die Streicher der Deutsch-Skandinavischen Jugend-Philharmonie,
während der Solohornist leider überfordert war. Zu Beginn
hatte der Dirigent ein eigenes Stück, die „Andersen-Metamorphosen“
für Sopran, Violine, Bläser, Schlagzeug, Harfe und einen
Pantomimen, zur Uraufführung gebracht. Ausgangspunkt war Hans-Christian
Andersens Gedicht „Die Schneekönigin“ in der Vertonung
seines Zeitgenossen und Landsmanns Niels-Wilhelm Gade, das Kähler
behutsam mit einem neuen Klangflächen-Idiom konfrontierte.
Reizvoll war dabei neben dem Wechsel der musikalischen Stilebenen
die Doppelrolle der beiden Solisten. Die Sopranistin Anna-Clara
Carlstedt und der Geiger Martin Gelland, beide aus Schweden, kamen
dem norwegischen Pantomimen Ronny Korneli zu Hilfe und verwandelten
ihn vom Dichter Andersen in den Jungen, der vergeblich zu seiner
Liebsten eilt.