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nmz-archiv
nmz 2006/03 | Seite 24
55. Jahrgang | März
Hochschule
Gut ausgebildet und trotzdem arbeitslos?
Podiumsdiskussion „Zukunft der Musikausbildung in Bayern“
an der Musikhochschule München
Der Frage, welche Zukunft die Musikausbildung in Bayern hat, war
eine gut besuchte Podiumsdiskussion in der Münchner Musikhochschule
gewidmet. Unter der Moderation von An-dreas Kolb (nmz) diskutierten
Ludwig Spaenle (Vorsitzender des Hochschulausschusses im Bayerischen
Landtag), Michael Weidenhiller (Ministerialrat im Kultusministerium),
Martin Maria Krüger (Präsident des Deutschen Musikrates
und Direktor des Richard-Strauss-Konservatoriums), Hans-Ulrich Schäfer-Lembeck
(Professor für Musikpädagogik an der Münchner Hochschule),
Siegfried Mauser (Rektor der Münchner Hochschule) und Benedikt
Ruf (Studentenvertretung).
Kein
Scheininteresse: lebhafte Diskussion im Carl-Orff-Saal.
Foto: D. Göbel
Schon zu Beginn kristallisierte sich als roter Faden heraus, dass
das Risiko für einen Absolventen eines geisteswissenschaftlichen
oder künstlerischen Studienganges, keinen adäquaten Arbeitsplatz
zu finden, ungleich höher ist als in anderen Fächern.
Dass dem auch in den Lehramtsstudiengängen so ist, erläuterte
Michael Weidenhiller anhand einer Reihe beeindruckender Zahlen,
die auch einen Zusammenhang mit der Einführung des achtjährigen
Gymnasiums und der Erhöhung der Lehrerarbeitszeit erkennen
ließen. Hans-Ulrich Schäfer-Lembeck beklagte in diesem
Zusammenhang, dass die von den Hochschulen auf dem Hintergrund einer
Mangelsituation und auf Drängen des Ministeriums zusätzlich
ausgebildeten Schulmusiker nun keine Anstellung fänden. Doch
weitete er den Blick auch ins Grundsätzliche und forderte Konzepte
für eine musikalische Bildung ein, die unter anderem der Vergreisung
des Publikums klassischer Konzerte entgegenwirken könnten.
Vergleichbar dem Sport sollte auch für die Musik ein verbindlicher
Faktor für Angebote, die über den Pflichtunterricht hinausreichen,
festgeschrieben werden. Spaenle und Weidenhiller warnten an dieser
Stelle davor, Musik nur als Hilfswissenschaft oder als Vehikel zu
Sozialkompetenz oder Teamfähigkeit zu sehen, und propagierten
den Eigenwert des Faches. Uneinigkeit herrschte über die Tatsache,
wer die hohe Zahl an Schulmusikstudenten zu verantworten habe. Ludwig
Spaenle betonte die Autonomie der Hochschulen, die Hochschulvertreter
verwiesen auf einschlägige Briefe des Ministeriums und die
Eröffnung von Regensburg als zusätzlichen Ausbildungsstandort.
Klar wurde aller- dings, dass zukünftig eine engere Abstimmung
notwendig ist. Benedikt Ruf brachte die an der Bayerischen Verfassung
orientierten Ideale der Schulmusikstudenten ins Spiel und stellte,
unter Zustimmung des Publikums, die Machbarkeit der wöchentlichen
Unterrichtspflichtzeit mit 29 Stunden infrage. Große Chancen
für die Hochschulen sieht Siegfried Mauser im Bologna-Prozess
und der damit verbundenen Modularisierung der Studiengänge,
wobei die Politik hier der Sondersituation der Musikhochschulen
bereits durch eine Reihe von Zugeständnissen entgegengekommen
sei. Durch verschiedene Schwerpunktbildungen könnte eine größere
Flexibilität der Absolventen erreicht werden. Martin Maria
Krüger bedauerte die im Vorfeld eigentlich nicht vorgesehene
Zentrierung der Diskussion auf die Schulmusik und brachte die gesellschaftlich
notwendige Ganztagesbetreuung ins Gespräch, die ganz neue Perspektiven
eröffnen könnte.
In ihren Schlussstatements klang der starke Wunsch aller Teilnehmer
nach einer intensiven musikalischen Bildung an, die nicht nur der
Marktorientierung dienen dürfe, so Siegfried Mauser, sondern
auch Visionen für die Gesellschaft entwickeln müsse. Michael
Weidenhiller betonte, dass es auch Ziel sein müsse, die vielen
Schulen abseits von Gymnasien und Realschulen nicht zu vergessen,
während Hans-Ulrich Schäfer-Lembeck für Weiterbildungsangebote
plädierte.