nmz 2006/03 | Seite 31
55. Jahrgang | März
Verband Bayerischer
Sing- und Musikschulen
Klassenmusizieren, Nachmittagsbetreuung, Ehrenamt
Blasmusikverbände und VBSM beim Parlamentarischen Abend
Politik und Blasmusik – zwei Welten, die sich näher
stehen, als man denkt. Da wird auf die Pauke gehauen, zum großen
Auftritt geblasen und freilich sollte man auch noch den richtigen
Ton dabei treffen. Beim 2. Parlamentarischen Abend des Bayerischen
Blasmusikverbandes (BBMV) in München hatten die bayerischen
Landtagsabgeordneten und die Blasmusikverbände sowie der Verband
Bayerischer Sing- und Musikschulen (VBSM) Gelegenheit, sich gegenseitig
zu beschnuppern und Anregungen für die gesellschafts- und bildungspolitischen
Dauerbrenner „Ehrenamt“, „Klassenmusizieren“
und „Nachmittagsbetreuung“ auszutauschen.
Parlamentarier aus den Fraktionen von CSU und SPD waren der Einladung
ihres Landtagskollegen, BBMV-Präsident Manfred Ach, gefolgt.
Dass der Blasmusik trotz ihrer »exzellenten Präsentation«,
so Ach, beim Landesmusikfest im vergangenen Jahr in München
viele Themen unter den Nägeln brennen, machten die Vorträge
von BBMV-Geschäftsführer Andreas Horber und Landesdirigent
Dieter Böck deutlich. Auch zahlreiche Musikschulen wirkten
beim Landesmusikfest mit.
Horbers Kritik zielte auf die finanziellen Risiken, denen Vereine
und Vereinsvorstände aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage
ausgesetzt sind. „Durch Unwissenheit oder aus Versehen Vertragsstrafen
bezahlen zu müssen und Steuernachzahlungen zu riskieren“
würde das Ehrenamt immer unattraktiver machen, schilderte er
den Abgeordneten. In einem aktuellen Fall stehe ein Musikverein
bereits in zweiter Instanz vor Gericht, nachdem die Künstlersozialkasse
für fünf Jahre rückwirkend Versicherungsbeiträge
geltend macht. »Wir müssen den Vereinsvorständen
das Gefühl geben, dass sie von uns, der Politik, Gesellschaft
und den Dachverbänden unterstützt werden und nicht von
Finanzbehörden, GEMA und der neuen Mentalität, alles juristisch
durchzusetzen, gejagt werden«, mahnte Horber. Denn Geld, um
in strittigen Fragen Musterprozesse zu führen, sei in der ehrenamtlichen
Schiene nicht vorhanden.
Von allen Seiten begrüßt wurde das Engagement von BBMV
und VBSM im Bereich »Klassenmusizieren mit Blasinstrumenten«.
VBSM-Präsident Dorfner kündigte in seinem Redebeitrag
eine weitere Vertiefung der Kooperation mit dem BBMV im Bereich
Nachmittagsbetreuung und Klassenmusizieren an. »So ein Bläserunterricht
anstelle des regulären Klassenunterrichts hat deutlich mehr
zu bieten als ein theoretischer Frontalunterricht«, sagte
Dorfner. Die guten Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem BBMV
ermutigten dazu, die Kooperation auf andere Laienmusizierverbände
auszuweiten.
Der Präsident des Musikschulverbandes betonte, dass es „wichtig
und richtig“ sei, die Sing- und Musikschulverordnung unverändert
als Messlatte für das bayerische Musikschulwesen hochzuhalten.
Die Bezeichnung »Musikschule« sei zur Qualitätssicherung
an die Anforderungen der Sing- und Musikschulverordnung gebunden.
„Mit Weitsicht wurde das moderne Konstrukt der bayerischen
Sing- und Musikschulen aufgebaut“, so Dorfner weiter. Dadurch
seien die Musikschulen heute in der Lage, die aktuellen bildungspolitischen
Herausforderungen anzunehmen. Sie gelten als zuverlässiger
Partner: „Wir stellen uns gerne an die Seite des BBMV, an
die Seite der im Bayerischen Musikrat vertretenen Institutionen
und an die Seite der allgemein bildenden Schulen“, resümierte
der VBSM-Präsident.
Landesdirigent Dieter Böck referierte über den Planungsstand
zur Qualifikation »Staatlich geprüfter Leiter im Klassenmusizieren
mit Blasinstrumenten«, an der derzeit in einem Arbeitskreis
des Kultusministeriums gefeilt wird. Böck appellierte an die
Politik, »das Klassenmusizieren möglichst rasch zu etablieren
und die dazu nötigen Qualifikationskurse schnell auf den Weg
zu bringen«.
Kontroverse Reaktionen der Parlamentarier folgten auf Böcks
Hinweis, dass sich Nachmittagsbetreuung und -unterricht im neuen
bayerischen Schulsystem auf die Ausbildungsangebote der Musikvereine
und Musikschulen auswirken. MdL Reinhard Pacher: „Man darf
nicht alles bloß dem G8 in die Schuhe schieben, wenn es nicht
so läuft.“ Böck untermauerte seine Beobachtungen:
»Viele Kinder verbringen Zeit, die sie früher zu Hause
verbracht haben, heute an der Schule.« Laut Böck rangieren
die Musikstunden auf der Liste der Unterrichtsausfälle zudem
bedenklich weit oben. Schützenhilfe erhielt der Landesdirigent
von Ministerialrat Michael Weidenhiller (Kultusministerium), der
allerdings auch Hoffnung machte: »Sie haben schon recht, wenn
Sie warnen«, sagte er. Erfreulich sei, dass der Musikwahlunterricht
an den Gymnasien sogar einen leichten Anstieg verzeichne. »Wir
wollen hoffen, dass die Eltern begreifen, dass dieses Fach für
ihre Kinder vielleicht sogar eine Entlastung bringt.« Ähnlich
fiel das Resümee von Staatsminister Goppel am Ende des Abends
aus: »Ich glaube, alle haben verstanden, dass die musischen
Fächer an unseren Schulen einen angemessenen Stellenwert haben
sollen.«