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nmz-archiv
nmz 2006/04 | Seite 11
55. Jahrgang | April
Cluster
Lübeck als geistige Konkursmasse
Der Wirtschaftsrat der CDU in Schleswig-Holstein fordert von der
Hansestadt Lübeck einen harten Sanierungskurs für ihren
Haushalt. Ohne eine Radikalkur drohe der Stadt die Verarmung mit
schwerwiegenden Folgen für die Bürger. Soweit der Originalton
des Wirtschaftsratssprechers Wilhelm Wessel. Er hat dann auch schnell
die entsprechenden Vorschläge parat, als da wären: die
Schließung des Theaters, die private Vermarktung der Museen
und anderer Kultureinrichtungen, den Verkauf von Kunstgegenständen
und Sammlungen sowie der Musik-und Kongresshalle und auch des Stadtwaldes.
Vergessen hat er anscheinend das Holstentor, das man gut abreißen
und in einem chinesischen Euro-Park wiederaufstellen könnte,
gegen Barzahlung selbstverständlich. Wir möchten dem CDU-Mann
Wilhelm Wessel dagegen die Lektüre eines Aufsatzes von Thomas
Mann empfehlen: „Lübeck als geistige Lebensform“.
Der Dichter dachte dabei sicher nicht an ein Marzipanbrot. Eher
an eine Bürgerschaft, für die Kunst und Kultur wie selbstverständlich
zur Lebensidentität gehören. In den 20er-Jahren sagte
einmal ein bekannter Kommunist, wenn er das Wort Kultur höre,
entsichere er den Revolver. Heute halten sich die Kultur-Revolverhelden
offensichtlich bei den Christdemokraten auf.