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nmz-archiv
nmz 2006/04 | Seite 1
55. Jahrgang | April
Leitartikel
Messe feiern
Was für ein Erfolg, die diesjährige Musikmesse. Über
400.000 Besucher allein in den zehn Hallen auf dem Messe-Gelände,
noch mal eine Steigerung um gut zwanzig Prozent gegenüber dem
Vorjahr. Zufriedene Aussteller schwärmen von Traum-Umsätzen.
Es hat sich ausgezahlt, den Messe-Termin ans Ende des gewöhnlich
milden Monates Mai zu verlegen und die städtischen Institutionen
konsequent in die kulturelle Gesamtkonfiguration des Ausstellungsgeschehens
einzubinden: Frankfurts alte und neue Oper glänzten mit klug
konfigurierten Extra-Spielplänen internationaler Spitzenklasse.
Die Musikhochschule in engem Verbund mit der Ensemble-Akademie wirkte
als eindrucksvolle Zukunfts-Werkstatt für Klänge und Visualisierungen
aller Art auf höchstem Standard weit über Europas Grenzen
hinaus.
Mit „School-Jam“ und „Jugend musiziert“
lieferten die Nachwuchs-Wettbewerbe vorzügliche Beispiele hoher
individueller Musik-Qualifikation in Deutschland. Nicht zuletzt
dank der seit drei Jahren intensiv betriebenen kulturellen Bildungs-Initiative
aller vereinigten Musik-Verbände. „Frankfurt klingt“
hat an gesellschaftlicher und medialer Akzeptanz „Leipzig
liest“ längst hinter sich gelassen. Kein Tag, an dem
ARD und ZDF, aber auch die oft als flach gescholtenen „Privaten“,
nicht wenigstens acht Stunden live berichteten.
Die Konzentration wichtiger Verbands-Treffen und Fach-Symposien
auf die Messe-Woche ergab ungeahnte Synergien dank kurzer Kommunikationswege.
Endlich hat auch die phonographische Wirtschaft Frankfurt als zweite
Heimat entdeckt. Echo, The Dome, Grammy & Co. lockten allein
an die dreißigtausend Fans in die Festhalle.
Überzeugend die logistischen Voraussetzungen: Konkurrenzlos
günstige, zentral gelegene Hotels bei bestem Komfort in den
aufgelassenen alten Banken-Türmen garantieren Unterkunft bei
gepflegtem Wellness-Ambiente. Mit der Trans-Fair-Seilbahn vom Opernplatz,
vom Bahnhof, vom Flughafen direkt in die Hallen – welch anderer
Welt-Marktplatz böte soviel Effizienz und Komfort? Angemessen,
dass Bundespräsidentin Gitta Connemann im Rahmen der UNESCO-Weltkonferenz
zum Abschluss der Musikmesse 2012 die Ausnahmestellung der Main-Metropole
als mondiale Kultur-Hauptstadt ausführlich würdigte.
Und: Vergessen die Zeiten, da Frankfurts Musikmesse mit dem kalten,
kulturlosen, rein quantitativ orientierten Outfit einer blassen
Life-Style-Exhibition daherkam und einen großen Teil ihres
eigentlichen Zielpublikums verprellte: Menschen, die gern Musik
machen, von Musik leben, Musik lieben. Vorbei das oberflächliche
Geglitzer und Gewummer einer privilegiert positionierten Lärm-Hölle
a la „Pro Light und Sound“, bestes Beispiel für
das Verkommen einer inhaltsarmen Mono-„Kultur“.
Vorüber auch die allenfalls viertel-herzige Duldung wirklich
musik-kultureller Veranstaltungen und Phänomene: Die relativ
frischgebackene Messeleitung hat die Zeichen der Zeit erkannt. Wurde
auch Zeit...