nmz 2006/04 | Seite 24
55. Jahrgang | April
Musikbildung
Ein Ort am großen See, wo die Künste gedeihen
Die Musikakademie Rheinsberg in Brandenburg
Im Mozart-Jahr spielen alle Mozart. Auch die Musikakademie Rheinsberg
bietet natürlich eine Mozart-Konzertreihe an, präsentiert
von Persönlichkeiten aus Kultur, Politik und Wirtschaft. Würde
auch eine Mozart-Oper das Publikum aus Berlin anlocken?
Rheinsberg liegt 100 km nördlich vom riesigen musikalischen
Ballungsgebiet. Im malerisch gelegenen Rheinsberg von Fontane und
Tucholsky muss man spielen, was es anderswo nicht gibt, Ostern 2006
etwa „Die Entführung aus dem Serail“, aber von
Joseph Haydn. Die sieben Jahre vor dem gleichnamigen Werk Mozarts
entstandene Oper gehört bestimmt zu den Raritäten des
heutigen Repertoirebetriebes. Wiederentdeckungen und Rekonstruktionen
unbekannter alter Opern aus dem 18. Jahrhundert bestimmen den besonderen
Spielplan des Schlosstheaters ebenso wie neue zeitgenössische
Musiktheaterproduktionen. Wer an einem solch historischen Ort wie
der Rheinsberger Schlossanlage von Kronprinz Friedrich, dem späteren
Friedrich dem Großen, arbeitet, muss sich ganz einfach einer
ebenso großen musikalischen Tradition verpflichtet fühlen:
Hier gab es die Rheinsberger Hofkapelle mit den Brüdern Carl
Heinrich und Johann Gottlieb Graun, den Brüdern Franz und Johann
Georg Benda, dem Cembalisten Christoph Schaffrath, dem Contraviolinisten
Johann Gottlieb Janitsch, dem Lautenisten Ernst Gottlieb Baron.
Der Komponist und Flötist Johann Joachim Quantz hatte die kreativen
jungen Musiker für den Prinzen zusammengerufen. Als Friedrich
König wurde, folgten sie ihm als Kapell-Bedienstete und bildeten
den Stamm der Staatskapelle in der heutigen Staatsoper Unter den
Linden in Berlin. Und weil der Alte Fritz immer frische Noten für
seine abendlichen Kammerkonzerte forderte, also Zeitgenössisches,
gilt ein zweiter Akademie-Schwerpunkt der Neuen Musik. Im Mittelpunkt
der jährlichen „Rheinsberger Pfingstwerkstatt Neue Musik“
für Schüler, Studenten und Profis steht ein szenisches
Auftragswerk der Musikakademie – Pfingsten erlebt das Ballett
„Das goldene Kalb“ von Helmut Zapf seine Uraufführung.
Zahlreiche Konzerte mit „Mo Ens“, „Chronophonie“,
„mosaik“, Studenten der Musikhochschule Dresden und
dem „Jungen Ensemble Rheinland Pfalz/Saarland“, Solorecitals,
Kolloquium und genreübergreifende Formen gehören zur Pfingstwerkstatt.
Das Besondere an der Musikakademie Rheinsberg besteht im Miteinander
von Musiktheaterproduktionen, Werkstätten sowie Interpretationskursen
als Eigenkursen einerseits und Fremdkursen der Chöre, Orchester
oder Ensembles andererseits. Die Musikakademie ist eine Arbeits-,
Fortbildungs- und Begegnungsstätte für professionelle
und Laienmusiker, anerkannt gemäß dem Brandenburgischen
Weiterbildungsgesetz. Sie ist Mitglied im Arbeitskreis der Musikbildungsstätten
Deutschland und anerkannt als Träger der Freien Jugendhilfe
gemäß § 75 SGB VIII. Ihren musikalischen Gästen
bietet sie Arbeits- und Probenmöglichkeiten im historischen
Kavalierhaus, im 1999 neu gebauten Künstlerhaus und im 2000
wiedereröffneten Schlosstheater Rheinsberg. Die Musikakademie
betreibt ganzjährlich das Schlosstheater Rheinsberg mit den
Ergebnissen ihrer Arbeit – vom Meisterkurs-Abschlusskonzert
über Preisträgerkonzerte internationaler Wettbewerbe,
„Jugend musiziert“ und „Jugend komponiert“
über Chorkonzerte und Liederabende bis hin zur großen
Musiktheaterproduktion. Dabei gründet sich das Veranstaltungskonzept
auf die musikwissenschaftliche Forschungsarbeit zur „Rheinsberger
Hofkapelle“, zum Repertoire des historischen Rheinsberger
Schlosstheaters und auf Tendenzen der zeitgenössischen Musik.
Buchpublikationen und Notenherausgaben der Akademie liegen dieser
Arbeit zugrunde. Als „Haus für junge Künstler“
fördert die Musikakademie speziell den musikalischen Nachwuchs
– Musiker, Sänger, Tänzer, Choristen und Theatermacher
aller Gewerke, Komponisten, Dirigenten und Musikwissenschaftler
am Beginn ihrer musikalischen Karriere. Die Musikakademie ist Ausbildungsbetrieb
für Veranstaltungskaufleute, Veranstaltungstechniker und Köche.
Am 30. April 2005 feiert die Musikakademie Rheinsberg ihren 15.
Geburtstag. 1991 nahm sie unter Leitung der Musikwissenschaftlerin
Dr. Ulrike Liedtke ihre Arbeit auf, als ABM-Projekt mit ausgeliehenem
Klavier im hinterlassenen Diabetikersanatorium der Rheinsberger
Schlossanlage. Mittlerweile verzeichnet die Akademie jährlich
rund 16.500 Teilnehmertage ihrer Kurse und 22.000 Veranstaltungsbesucher.
Jährlich 120 Veranstaltungen (davon etwa 70 im Theater, 240
Plätze) gehören neben dem Kursbetrieb zum umfangreichen
Pensum der 18 Mitarbeiter. Es gibt 39 Zweibettzimmer und 4 Einbettzimmer
zur Unterbringung der Kursgäste, eine eigene Küche, Probenräume
mit 10 Flügeln, 11 Klavieren, 4 Cembali, Orgel und Schlagwerk.
Seit 1993 wird die Akademie als gGmbH institutionell gefördert
vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des
Landes Brandenburg, seit ihrer Ernennung zur Bundes- und Landesmusikakademie
2000 erhält sie projektgebunden Bundesmittel. Es gibt noch
viel zu tun – tägliche Arbeit mit den jungen Künstlern,
neue Baumaßnahmen im stadtseitigen Kavalierhausflügel,
Rekonstruktionen von alten Opern, Notenurtext-Ausgaben der Hofkapell-Musik,
Konzeption neuer Stücke, an jedem Wochenende eine künstlerische
Aufführung und immer dieses Lampenfieber vor bis zu fünf
Premieren im Jahr ... Aber Abbé Jacques Dellile kann man
schon wieder beipflichten: „Wer kennt nicht Rheinsberg mit
seinem großen See, wo die Künste gedeihen!“ (1796)
Anmeldungen für Probenphasen:
Musikakademie Rheinsberg
Bundes- und Landesakademie
Kavalierhaus der Schlossanlage
16831 Rheinsberg
Frau Viola Wangler
Tel: 033931/721-11
Fax: 033931/721-13
E-Mail: viola.wangler@musikakademie-rheinsberg.de
Kartenverkauf für Veranstaltungen:
Tourist-Information Rheinsberg
Am Markt
16831 Rheinsberg
Tel: 033931/392 96
E-Mail: tourist-information@rheinsberg.de