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nmz-archiv
nmz 2006/04 | Seite 14
55. Jahrgang | April
Musikwirtschaft
Wie man sich Freunde macht
Symposium über Freundes- und Förderkreise für
die Kultur
Einige tausend Förder- und Freundeskreise engagieren sich
in Deutschland für Kultur – ein weites Feld, das bisher
nicht gerade im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit stand.
Auf einem Symposium in Berlin (veranstaltet vom Kulturkreis der
deutschen Wirtschaft und dem Forum Zukunft Berlin) ist es jetzt
erstmals gelungen, internationale Vertreter von Freundeskreisen
unterschiedlicher Kultursparten zusammenzubringen. Das Interesse
war groß: Mehr als 300 Teilnehmer kamen.
„Manchmal ist es fast unmöglich, auf der Internetseite
eines Theaters oder Museums Informationen über den Freundeskreis
zu bekommen“, so Stephan Balzer von Red Onion, der Sprecher
der AG Freundeskreise im Forum Zukunft Berlin. „Image und
Mitgliederstruktur der Freundes- und Förderkreise sind völlig
veraltet.“ Im Gegensatz zu Großbritannien agieren Freundeskreise
hierzulande oft versteckt, sind in der jeweiligen Kulturinstitution
nicht verankert, sondern extern angesiedelt und verfolgen keine
gemeinsame Kommunikationsstrategie.
Genau daran gilt es zu arbeiten. Denn Möglichkeiten privater
Kulturförderung – vom Großsponsor bis zum Kleinspender
– gibt es. Jim Steichen, Leiter des Development Office des
Kennedy Center for the Performing Arts in Washington, führt
das eindrucksvoll vor: Mit seinen 50 Kollegen treibt er rund 50
Millionen Dollar pro Jahr ein. „Alle haben Freunde. Die Kunst
ist, wie man es schafft, aus einem Ticketkäufer einen Freund,
und daraus einen besseren und noch besseren Freund zu machen.“
Steichen rät dringend, die Leistungen und Privilegien zu differenzieren
und klar herauszustellen. „Die Leute wollen etwas für
ihr Geld. Bei uns gibt es zum Beispiel einen Parkservice. Kommt
jemand mit dem Auto, parken wir es für ihn, wir übernehmen
auch Restaurantreservationen und vieles mehr.“ Russel Jones,
Direktor der Association of British Orchestras, kann dem nur zustimmen,
wenn er die Bedeutung der Spenden von Privatpersonen hervorhebt
und zur Kreativität auffordert. „Schauen Sie über
den Tellerrand, überlegen Sie, warum jemand Geld gibt.“
Über alle länderspezifischen Unterschiede hinweg ist eines
sicher: Das schnelle Geld gibt es nicht. Denn Geldgeber wollen gepflegt
sein (öffentliche übri-gens auch – wobei auf dem
global vernetzten Musikmarkt die ländertypischen Unterschiede
doch beträchtlich sind. Vor dem Hintergrund einer öffentlichen
Finanzierung in den USA von rund 5 Prozent und in Großbritannien
von rund 18 Prozent beschwört Jones die öffentliche Kulturfinanzierung
in Deutschland: „Seid stolz darauf und bleibt dabei.“).
Will man diese Partnerschaften systematisch ausbauen, werden zukünftig
in den Kulturinstitutionen mehr Menschen im Management arbeiten
müssen als bisher. Denn Freunde fürs kleine und fürs
große Geld spielen eine große Rolle und sind gesucht,
das war auf dem Berliner Symposium nicht zu überhören.
So groß wie der Bedarf ist auch das Potential, das es mit
wachen Augen auszuschöpfen gilt: Individualspenden sind das
momentan am schnellsten wachsende Drittmittelsegment. Aber auch
für Publikumsgewinnung und -bindung, für Entwicklung neuer
Ideen und Strategien oder auch als politisches Signal ist die Rolle
von Freundes- und Förderkreisen nicht zu unterschätzen.
Denn die marketingorientierten und höchst erfolgreichen Clubs
wie die der Kulturradios von ORF, DRS, SWR sind vielleicht auch
eine zeitgenössische Variante der Freundeskreise.
Das Berliner Symposium war ein gelungener Auftakt – eine
Weiterführung mit differenzierter Betrachtung unterschiedlicher
Partnerschaften in einzelnen Kunstsparten sollte der notwendige
nächste Schritt sein. Hilfreich ist der zum Symposium erschienene
Leitfaden: „Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI, Freundes-
und Förderkreise für die Kultur – Ein Leitfaden“
(ISBN 3-8334-4107-0).