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nmz-archiv
nmz 2006/04 | Seite 41
55. Jahrgang | April
Bücher
Toni und die ganze Familie im Liedergarten
Singen und Musizieren in Eltern-Kind-Gruppen, ein neues Unterrichtswerk
Heike Arnold-Joppich/Michael Schmoll: Liederbuch Toni
im Liedergarten. 111 + 1 Lieder für das Singen in
der Familie, Illustrationen von Ludwig Burandt, 128 S., € 12,80,
ISBN 3-9810197-1-7; Heike Arnold-Joppich: Lehrerhandbuch, 346 S.
(als Lehrgangsmaterial im Rahmen eines Kurses erhältlich);
CD Tonis Lieblingslieder, € 12,50, ISBN 3-9810197-2-5 (Liederbuch
und CD als Paket € 22,00, ISBN 3-9810197-3-3); Herausgeber:
Sängerbund Nordrhein-Westfalen e.V., Gallenkampstraße
20 in 47051 Duisburg, E-Mail: geschaeftsstelle@sbnrw.de
Der musischen Erziehung von Babys und Kleinkindern wird zurzeit
erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt. Hartnäckige Hinweise
auf das brachliegende Potential dieser Altersgruppe von vielen Fachleuten
seit circa 15 Jahren tragen nun erfreuliche Früchte. Es entstehen
an vielen Stellen „Eltern-Kind-Singgruppen“ und „Känguruchöre“,
das „Musikgarten-Projekt“ von Hohner/Schott wurde um
den „Baby-Musikgarten“ erweitert, und nun legt der Sängerbund
NRW und seine Sängerjugend ein ganzes Unterrichtswerk für
die Gruppe der anderthalb- bis drei- /vier-jährigen Kinder
vor.
Gefördert vom NRW-Ministerium für Städtebau und
Wohnen, Kultur und Sport sowie dem Landesmusikrat NRW haben Michael
Schmoll und Heike Arnold-Joppich ein Mammutwerk gestemmt: „Toni
im Liedergarten NRW“ ist zum Singen und Musizieren in Eltern-Kind-Singgruppen
konzipiert und wartet auf mit einem 111+1 Lieder umfassenden Liederbuch,
einem weit über 300 Seiten starken Lehrerhandbuch im Ringordner,
mit „Tonis Lieblingslieder-CD“, der CD „Musik
zum Tanzen und Ausruhen“ und mit Toni selbst, der lustigen
Handpuppe, der die Herzen aller Kleinkinder zufliegen werden.
Heike Arnold-Joppich stellt im Lehrerhandbuch den pädagogischen
Ansatz für die Eltern-Kind-Singgruppen ausführlich, fachlich
fundiert und gut lesbar dar. Sie macht mit den Entwicklungsaspekten
von Kleinkindern bekannt, zeigt Möglichkeiten der stimmlichen
Förderung auf, informiert über Bewegung, Körpererfahrung
und Tanz sowie über elementares Musizieren mit Instrumenten.
Planung und Vorbereitung der Gruppenstunden wird mit pädagogischer
Sorgfalt und dem Verantwortungsbewusstsein, dass „für
die Kleinsten das Beste gerade gut genug“ ist, dargestellt.
In 13 Beispielstunden vermittelt die erfahrene Pädagogin eine
Fülle von Einsatzmöglichkeiten des vorgestellten Materials.
Die Auswahl der Stücke im Liederbuch repräsentiert eine
gute Mischung aus traditionellen, volkstümlichen und neueren
Kinderliedern, wobei zu Recht auch anspruchsvollere Titel auftauchen.
Wohltuend ist der Verzicht auf allzu Modisches und solche Stücke,
die eigentlich Lieder für Erwachsene über Kinder sind.
Auch prestigeverdächtige, komplizierte oder aufwändige
Begleitsätze findet man keine, der Notentext präsentiert
sich durchweg einstimmig und dankenswerterweise auch ohne Akkordbezeichnungen,
so dass nicht automatisch eine Gitarrenbegleitung impliziert wird.
Alle Lieder stehen in der richtigen Singlage. Sicherlich ist die
Liederauswahl neben fachlichen Kriterien auch sehr von persönlichen
Vorlieben geprägt. So kann ich die Bevorzugung der Lieder von
Gerda Bächli nicht unbedingt teilen. Sie ist mit zwölf
Titeln die am häufigsten vorkommende Einzelautorin. Demgegenüber
findet man nur vier Titel von Arnold-Joppich selbst, schade.
Leider steht die weitaus überwiegende Mehrzahl der Lieder
in Dur-Tonarten. Moll-Lieder gibt es nur sehr wenige. Das ist bedauerlich,
denn die Wichtigkeit des frühen Umgangs mit verschiedenen Tongeschlechtern
ist der Autorin durchaus bewusst: „Die Erfahrung zeigt, dass
Kinder, die bis zum Schuleintritt fast ausschließlich Lieder
in Dur kennen gelernt haben, später allergrößte
Schwierigkeiten haben, in Moll zu singen.“ (Lehrerhandbuch,
S. 32) Bei einer Neuauflage sollten neben den einzufügenden
Moll-Liedern auch solche in freierer Tonalität und mit ungewohnteren
Tonfortschreitungen aufgenommen werden.
Dem Unterrichtswerk sind zwei CDs beigegeben. Elf vier- bis dreizehnjährige
Kinder singen eine Auswahl von „Lieblingsliedern“ aus
dem Liederbuch, blitzsauber und mit gesunder, altersgerechter Stimmgebung,
teilweise a cappella oder begleitet von gut erfundenen, unaufdringlichen
Arrangements ohne Aufwand und Schnickschnack, eine Demonstration
gelungenen Kindersingens, wie sie erfreulicher nicht sein kann.
Auf der zweiten CD befinden sich Musikstücke zum „Tanzen
und Ausruhen“, eine bunte Mischung vorwiegend klassischer
und folkloristischer Musik aus aller Welt für die Gruppenstunden
und zum häuslichen Genießen. Allen, die mit Kindern der
genannten Altersgruppe singen, sei dieses Unterrichtswerk besonders
ans Herz gelegt. Darüber hinaus kann „Toni im Liedergarten
NRW“ für die dringend notwendige Diskussion über
ein Curriculum zur musischen Erziehung im Kindergarten wichtige
Anregungen und Anstöße liefern. Mit dieser Veröffentlichung
ist ein wichtiger Schritt getan zu einer neuen Verantwortlichkeit
im Umgang mit dem Singen in unserer Gesellschaft.