MIR e.V., das Zentrum russischer Kultur in München
„Mir“, was auf Russisch „Frieden“ und „Universum“
heißt, ist der Name eines gemeinnützigen Vereins für
kulturelle Beziehungen zwischen Deutschland und den Nachfolgestaaten
der ehemaligen Sowjetunion mit dem Schwerpunkt Russland und Ukraine,
der auf Initiative von deutschen und russischen Künstlern und
Intellektuellen 1991 in München gegründet wurde. Er ist
eine Vereinigung von Menschen, die ihre Hauptaufgabe darin sehen,
zwischen den Kulturen der beiden Völker eine Brücke zu
schlagen, die von Mensch zu Mensch oder – wie man in Russland
sagt – von Seele zu Seele, führt.
Die Tätigkeit von MIR wird vom Auswärtigen Amt in Berlin,
der Bayerischen Regierung und der Landeshauptstadt München
unterstützt, sowie durch Mitgliedsbeiträge und Spenden.
Im Rahmen dieser Aufgabe werden literarisch-musikalische Veranstaltungen
und Konzerte durchgeführt. Darüber hinaus dient
der Verein aber auch als Informationsquelle und Künstlerdienst.
Er vermittelt russische und ukrainische Künstler, Sprecher
und Schauspieler, organisiert Vorträge und Ausstellungen, bietet
Konversations- und Beratungsstunden an, in denen unter anderem auch
eine Einführung in die russische Kultur, Mentalität und
derartige Umgangsformen gegeben und über die gesellschaftlich-kulturellen
Gegebenheiten in Russland informiert wird, und unterrichtet in Tanz,
Musik und Sprachen. Für seine Mitglieder und Freunde kümmert
er sich um die notwendigen Formalitäten bei Reisen nach Russland
oder in die Ukraine. Seit seiner Gründung ist der Verein auch
im sozialen Bereich aktiv: Er veranstaltet Benefiz-Konzerte zugunsten
von Kindern und bedürftigen Künstlern in den Staaten der
ehemaligen Sowjetunion, sammelt Medikamente und Sachspenden, kümmert
sich um ältere Exilrussen und unterstützt die jüngeren.
In den Arbeitskreisen können die Teilnehmer die russische Sprache
erlernen, durch Tanz oder Musik die russische Seele erleben oder
auch humanitäre Maßnahmen leisten.
Der Verein „MIR e.V., das Zentrum russischer Kultur in München“
(heute: „Verein für kulturelle Beziehungen“) wurde
im September 1991 in München-Schwabing gegründet.
Es war sicherlich kein Zufall, dass MIR ausgerechnet in Schwabing
gegründet wurde, wo vor 100 Jahren eine Künstlerkolonie
russischer Kunststudenten entstanden war, aus der Jahre später
die berühmte Künstlervereinigung „Der blaue Reiter“
geboren wurde. Neben Paris, Berlin und Prag war München schon
immer ein Anziehungspunkt für russische Intellektuelle.
Die sieben Gründungsmitglieder waren die Kunstwissenschaftlerin
Dr. Lada Nikolenko (eine amerikanische Russin), die Übersetzerin
Mary von Holbeck (eine Baltendeutsche), die italienische Studentin
Cecilia Pontini, die russische Sängerin Ljudmila Krawtschuk,
der deutsche Jura-Student Holm Schmidt, der Münchner Journalist
schottischer Abstammung Hermann Brendel und die Schauspielerin
russisch-assyrischer Herkunft, Tajana Lukina. Die Gründung
des Vereins ist in der deutsch-russischen Geschichte begründet:
Die Oktoberrevolution von 1917, der Zweite Weltkrieg und die Fluchtwelle
der 70er-Jahre (Breschnew-Ära) brachten viele freiwillige und
unfreiwillige Flüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion in
die bayerische Landeshauptstadt. Sie bildeten mehrere kulturelle
und soziale Gemeinschaften, darunter ukrainische, jüdische,
armenische, tatarische, baltische, russisch-orthodoxe und weitere,
die ein Schutz für Flüchtlinge und ein Ersatz für
die verlorene Heimat waren. Mit der Wende brach eine neue Zeit aus.
Der Kalte Krieg war zu Ende, die meist blutlosen Revolutionen veränderten
Ost-Europa. Ereignisse überschlugen sich, die Deutschen entdeckten
ihr Herz für Russland. Zahlreiche Hilfsaktionen, Spenden, Care-Pakete,
Benefiz-Konzerte zugunsten Glasnost und Perestroika waren an der
Tagesordnung. In diesen Monaten des Gorbatschow-Fiebers, im Frühjahr
1991, veranstalteten die Exilrussen in München einen Monat
der russischen Kultur. Zum ersten Mal gelang es, alle in Bayern
beheimateten russischen Künstler verschiedener Generationen
und politischer Strömungen zu einem Solidaritätsbeitrag
für die in Moskau und Leningrad lebenden Kollegen zusammenzuführen.
Eröffnet wurden diese Kulturtage mit einer Bilderausstellung
unter dem Motto „Auf der Suche nach der verlorenen Heimat“.
Diese Initiative wurde zum Grundstein des russischen Kulturzentrums
„MIR“ als einer internationalen Vereinigung Gleichgesinnter,
die – ungeachtet ihrer Herkunft und Religionszugehörigkeit
– ihre geistige Heimat in der Kultur von Puschkin, Gogol,
Tolstoj, Dostojewskij, Tschechow, Tschaikowsky, Rachmaninoff, Prokofjeff,
Anna Pawlowa, Djagilew, Nurejew, Repin, Malewitsch, Kandinskij,
Chagal, Pasternak, Zwetajewa, Majakowskij, Achmatowa, Brodskij usw.
gefunden haben und frei von jeder Parteilichkeit sind. Heute wird
viel über Multikultur gesprochen, sie soll zueinander führen,
verbinden und verbrüdern. Besonders die russische Kultur hat
diesen multikulturellen Charakter, weil sie unter anderem aus der
altslawischen, deutschen, französischen, jüdischen, tatarischen,
kaukasischen, baltischen Kultur besteht und auf Grund ihrer eigenen
Vielfältigkeit für die Kultur anderer Völker stets
offen ist, ohne sich dabei selbst aufzugeben, eben Kultur von „Seele
zu Seele“.
Manfred Elsberger
Infos: MIR e.V., Schellingstr. 117, 80798 München; Tel.
089/52 96 73, Fax 089/523 63 40 oder www.mir-ev.de