nmz 2006/09 | Seite 24
55. Jahrgang | September
Musikbildung
Mit vielen Partnern für die Musik wirken
Bundesakademie für musikalische Jugendbildung Trossingen
– Idee und Wirkung
Die Fort- und Weiterbildung für alle Bereiche der musikalischen
Jugendbildung ist die Kernaufgabe der Bundesakademie Trossingen.
Das Angebot richtet sich an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
in der außerschulischen Musikerziehung und Musikpflege, an
Lehrkräfte an Musikschulen und im freien Beruf ebenso wie an
Dirigentinnen und Dirigenten und Ausbilderinnen und Ausbilder in
Laienorchestern und Chören. Die Idee einer umfassenden Qualifizierung
und Aktualisierung der musikalischen Jugendbildung führte zur
Gründung der Bundesakademie: In der „Musikstadt Trossingen“
wurde nach dem Hohner-Konservatorium und der Staatlichen Musikhochschule
1973 ein bundeszentrales Fortbildungsinstitut eröffnet. Die
institutionelle Förderung wurde durch den Bundesjugendplan
(heute KJP) und den Jugendplan des Landes Baden-Württemberg
gesichert, so dass die Bundesakademie als öffentlich anerkannter
Träger Aufgaben in der Jugendhilfe und Jugendpflege wahrnehmen
konnte. Die Fortbildung hat dabei viele Partner – aber nur
die Bundesakademie Trossingen dient ausschließlich der Musik.
Berufsbegleitende Lehrgänge bilden den Arbeitsschwerpunkt
der Bundesakademie: ausgehend vom erlernten und ausgeübten
Beruf werden in den Akademiephasen neue methodische und künstlerische
Fähigkeiten erworben und in den dazwischenliegenden Praxisphasen
in der laufenden Arbeit erprobt und in das Repertoire integriert.
Im Bereich der Laienmusik ist der Abschluss bundesweit die höchstmögliche
Qualifikation als Dirigent/-in oder Chorleiter/-in; Musikschullehrer/-innen
erwerben mit dem Abschluss eine zusätzliche Lehrbefähigung,
die der Nebenfachqualifikation einer Musikhochschule entspricht.
In allen berufsbegleitenden Lehrgängen ist daher neben einem
Fachverband eine Musikhochschule Partner der Bundesakademie, die
ihre Mitarbeit im Dozententeam und bei der Prüfung nach dem
Hochschulrahmengesetz zertifiziert. Aus den Musikhochschulen kommt
ein großer Teil der über 200 Gastdozentinnen und -dozenten,
mit denen die drei hauptamtlichen Dozenten der Bundesakademie die
Lehrgänge aktuell gestalten.
Das Qualifizierungsangebot umfasst inzwischen über 30 berufsbegleitende
Lehrgänge von der Musikalischen Früherziehung bis zur
Ensemble- und Orchesterleitung. Die Rückmeldung und Erfahrungsberichte
der Absolventinnen und Absolventen sind die Grundlage der Qualitätssicherung,
die gemeinsam mit dem Dozententeam und den Trägern erfolgt.
Die kurzfristige Evaluation ermöglicht die Integration aktueller
Tendenzen und Themen in die folgenden Lehrgänge, derzeit zum
Beispiel die Methoden des Klassenmusizierens und des betreuten Angebots
in der Ganztagsschule oder die Aspekte der Migration und Segregation
in der musikalischen Jugendbildung. Ein aktuelles Thema ist angesichts
des Strukturwandels in der Musikausbildung neben dem Musikschul-Marketing
auch die „Selbstvermarktung“ der immer zahlreicher werdenden
freiberuflich tätigen Musikpädagoginnen und -pädagogen.
Wichtige Impulse zur Weiterentwicklung kommen besonders aus den
33 bundeszentralen Musikverbänden, die über ihre Mitgliedschaft
im Trägerverein oder direkt als Mitträger das Lehrgangsangebot
der Bundesakademie modifizieren. Die Organisationsentwicklung von
Musikschulen, -vereinen und -verbänden ist eine weitere Aufgabe,
die sich aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes ableitet; so
vermittelt der (inzwischen 44.) berufsbegleitende Lehrgang „Führung
und Leitung einer Musikschule“ eine entsprechende Qualifikation,
die inzwischen von vielen Musikschulträgern verbindlich gefordert
wird. Diese Fortbildung wird gemeinsam mit dem Verband deutscher
Musikschulen und der Universität der Künste Berlin angeboten
und zertifiziert. Neben ihren berufsbegleitenden Lehrgängen,
Seminaren und Symposien steht die Bundesakademie ihren Mitgliedsverbänden
und anderen Interessenten für Probenphasen, Arbeitstagungen
und auch für internationale Begegnungen zur Verfügung,
die nach Wunsch von den pädagogischen Mitarbeitern und der
Bibliothek mit vorbereitet und gestaltet werden.
Die Bibliothek der Bundesakademie ist eine Beratungseinrichtung
für Musikschulen und das Laienmusizieren: Für den Bundeswettbewerb
”Jugend musiziert“ werden hier von Fachkommissionen
die Literaturlisten erstellt und aktualisiert. Zum Bundeswettbewerb
selbst stellt die Bundesakademie für die Jury-Gremien in jedem
Jahr die Notenausgaben zur Verfügung. Die Bestände der
Bibliothek sind auch die Grundlage für die Lehrpläne des
Verbandes deutscher Musikschulen – ein entsprechender Datenverbund
wird derzeit konzipiert. Die in diesen Verzeichnissen aufgeführte
Literatur wurde auch in den bisher sieben Repertoireverzeichnissen
der Bundesakademie beschrieben, bewertet und bibliografisch aufbereitet.
Neben über 90 aktuell laufenden Titeln nationaler und internationaler
Fach- und Verbandszeitschriften enthält das Zeitschriftenarchiv
der Bibliothek einen Bestand von rund 190 abgeschlossenen Musikzeitschriften.
Den Grundstock bildeten dabei die Sammlung Dr. Hermann Moeck und
die Bibliothek des Gründers Prof. Guido Waldmann, die als Schenkung
in das Archiv eingearbeitet wurden. Sämtliche Zeitschriftentitel
sind mit den vorhandenen Jahrgängen über eine Datenbank
zugänglich. Die Bundesakademie beherbergt auch Archive der
Mitgliedsverbände, unter anderem die Archive „Neue Kammermusik”
und „Leopold” des Verbandes deutscher Musikschulen,
das Manuskripte-Archiv des DALV sowie das Archiv des BundesJazz-Orchesters
und der European Guitar Teachers Association. Mitten in Europa –
das gleicht die Randlage einer bundeszentralen Akademie wieder aus.
So wird die erste europäische Qualifizierung von Wertungsrichtern
der CISM von Trossingen ausgehend auch in Riva del Garda stattfinden.
Das jüngste erfolgreiche Modell-Projekt ist auch die mit der
Bundesakademie Wolfenbüttel konzipierte und in beiden Akademien
alternierend stattfindende berufsbegleitende Fortbildung „Musik
in Gemeinde und Gesellschaft“, also die von Verbänden
und Besuchern erwartete bundeszentrale Fortbildung vor Ort, die
künftig die Marke „Fortbildung der Bundesakademien“
etablieren wird.