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nmz-archiv
nmz 2006/09 | Seite 14
55. Jahrgang | September
Musikwirtschaft
Familiengeschichte als Erfolgsgeschichte
Ries & Erler: ein unabhängiger Musikverlag – in
Familienbesitz seit 1881
Im Juli 1881 gründete der Violinvirtuose, Komponist, Konzertagent
und Königl. Sächs. Hofmusikalienhändler Franz Ries
mit dem Verleger Hermann Erler in Berlin den Musikverlag Ries &
Erler.
Das gute Einvernehmen zwischen den Kompagnons zeigte sich bereits
bei der Entstehung des Verlagsnamens in der folgenden Begebenheit:
Um die Namensfolge festzulegen, wurde die im Geschäft anwesende
Tochter Hermann Erlers gebeten, zwei gleiche Zettel mit den Namen
„Erler“ und „Ries“ in einen Hut zu legen.
Der Name „Ries“ wurde zuerst gezogen, und so ergab sich
der Verlagsname Ries & Erler.
Franz Ries, der als Sohn des Berliner Konzertmeisters Hubert Ries
und als Neffe des Beethovenschülers und -freundes Ferdinand
Ries aus einer Musikerfamilie kam, steuerte als Komponist auch eigene
Werke wie „Perpetuum mobile“ und später „La
Capricciosa“ bei, die heute noch beliebte Vortragsstücke
für Violine sind.
Nach dem Tode Hermann Erlers führte Franz Ries den Verlag
allein weiter. Die Herausgabe des bis heute international anerkannten
Studienwerkes für Violine von Carl Flesch zeigte die besondere
Fachkenntnis des Verlegers Franz Ries. Als sich im Jahre 1924 Franz
Ries nach 43-jähriger erfolgreicher Tätigkeit aus dem
Verlag zurückzog, übergab er die Geschäftsführung
seinem Sohn Robert Ries. Die Tradition des Verlages wurde von ihm
weitergeführt.
Einen neuen Akzent erhielt das Verlagsprogramm Ende der 20er-Jahre
durch Inverlagnahme von Werken aus dem Bereich der Unterhaltungsmusik.
Neben seinen Aufgaben als Verleger übernahm Ries ehrenamtlich
Tätigkeiten im Aufsichtsrat der GEMA und im Vorstand des Deutschen
Musikalien-Verleger-Vereins.
Der Ausbau der Versorgungskasse der GEMA sowie die Gründung
der Versorgungsstiftung der Deutschen Musikverleger gehören
zu seinen besonderen Verdiensten.
Als Robert Ries am 11. Januar 1942 starb, wurden seine beiden
Töchter Waltraud und Ingrid Inhaberinnen des Verlages. Nach
Erteilung der Lizenz durch Deutschlands Militärregierung im
Jahre 1948 begann Waltraud Ries als Geschäftsführerin
unter großem persönlichen Einsatz mit dem Wiederaufbau
des Unternehmens. In dieser schwierigen Phase stand zunächst
der Nachdruck von gefragten Werken aus dem Bereich der Unterrichtsliteratur,
der Sinfonischen Musik sowie der Instrumental- und Vokalmusik im
Vordergrund. Auf dem Gebiet der Unterhaltungsmusik fand das Verlagsprogramm,
nicht zuletzt durch die Übernahme des Musikverlages Wilke &
Co. Berlin, eine erhebliche Erweiterung.
Nach dem Tode von Waltraud Ries 1968 übernahm die bisherige
Mitinhaberin des Verlages Ingrid Meurer, geb. Ries, die Geschäftsführung.
Sie leitete den Verlag, obwohl ursprünglich nicht vom Fach,
mit großem Geschick. Ihr Sohn Andreas Meurer trat 1979 in
die Firma ein, wurde 1985 Prokurist und übernahm 1997 den Verlag.
Ihm wurden bei der GEMA und der VG Musikedition Ehrenämter
übertragen.
Unter seiner Leitung wurde 1993 die zeitgenössische E-Musik
der Edition Corona – Rolf Budde, Berlin in den Verlag integriert
und Anfang 1997 der traditionsreiche Berliner Musikverlag Hermann
Löffler übernommen. Seit 1997 liegt ein Schwerpunkt des
Verlagsprogramms in der Herausgabe und Auswertung von Stummfilm-Musiken
(original und neukomponiert), wie unter anderem der Original-Filmmusik
zum Fritz-Lang-Stummfilm „Metropolis“ (UNESCO Weltkulturerbe).