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nmz-archiv
nmz 2006/09 | Seite 38
55. Jahrgang | September
Rezensionen-CD
Impulsive Melancholie
Gabriela Moyseowicz: Klavierwerke. Gespielt von ihr selbst.
Aulos AUL 66149
Noten: Ries & Erler; www.gabriela-moyseowicz.de
Wellenbewegung statt Motorik. Provisorisches fließt in den
Raum, verebbt, und Neues beginnt. „Noumenon“ (1974/76)
als Ouvertüre: Das ist Dunkelheit und Suche nach einem neuen
Anfang. Häufiges Innehalten und Stocken, doch kein Zerbrechen,
eher ein sanftes Entgleiten des Gedankens, der alsbald neu exponiert
wird – kleine Sekund und kleine None geben ihm Schärfe
und Richtung. Die Musik von Gabriela Moyseowicz ist getrieben von
der Frage, wie man mit dem Klavier philosophiert. Kurze, fassliche
Motive wendet sie um und um. Ihr Anschlag spiegelt eine sphärische
Weite des Empfindens, von der leisen Berührung bis zum Schmerz,
der sich ins Ohr krallt. Im Zyklus „Norwidiana“ (1995),
einer Huldigung an den Dichter Cyprian Norwid, blühen kristalline
Miniaturen auf, schlank von Gestalt, konzentriert in der Bewegung.
Hier eine dissonant stolpernde Etüde (Allegro), da ein Schreiten
im lichten Raum (Largo maestoso), dann ein weißes Feuer präziser
Arpeggien (Allegro appassionato) – eine nachspielenswerte
Schule expressiver Geläufigkeit. Die Rhapsodien 1&3 (1983/89)
verketten Episoden funkelnder Schwermut, ohne Schlüsse, nur
mit Doppelstrichen, auf denen eine gespannte Frage innehält.