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Ausgabe 2006/09
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nmz 2006/09 | Seite 40
55. Jahrgang | September
Noten

Mischstilartige, enthusiastische Klangwelten

Russische Klavierlegenden in neuen Ausgaben

Milij Balakirev (1837–1910): Sonata b-Moll op. 102, 1900–1905,
Hrg.: Oxana Yablonskaya.
International Music Company 3524, New York (2003)

Balakirev komponierte gut fünfzig Klavierwerke unterschiedlichen Formats und Gewichts. Die 1905 fertiggestellte Sonate op. 102, die zweite nach der durchaus interessanten, jedoch teilweise schwer zu gestaltenden Jugendsonate von 1856/57, dauert mit vier Sätzen eine halbe Stunde.
Sie zählt sicherlich nach der überbordenden Islamey-Fantaisie zu den bedeutenden Kompositionen von Balakirev, obwohl sie von der Anlage und vom musikalischen Wert her eindeutig schwächer eingeschätzt werden muss. Im ersten Satz fällt die polyphone Ausarbeitung des russischen Folklorethemas auf im Kontrast zur Salonmelodie des zweiten Themas.
Die folgende starke, rhythmisch und melodisch variierte Mazurka ist eine direkte Übernahme der fünften Mazurka von 1900, die bereits in der Jugendsonate erschienen war. Nach dem lyrisch eindrucksvollen Intermezzo beeindruckt das mächtige Allegro Finale in Sonatenform in Lisztscher Manier mit einem russischen Trepak-Tanz als Hauptthema.
Insgesamt vermisst man eine etwas schlüssigere Inspiration. Das schwierige Werk eignet sich dennoch gut für den Unterricht und für findige Pianisten, denen dazu etwas Besonderes einfällt. Die neue Edition von Oxana Yablonskaya bei International Music Company geht auf die alte Zimmermann-Ausgabe zurück, kommt ohne Kommentar aus, ist jedoch gut zu lesen und mit all ihren Spielanweisungen gut zu gebrauchen.

Peter I. Tschaikowsky (1840–1893): Grande Sonate G-dur op. 37, 1878,
Hrg.: Thomas Kohlhase (nach dem Text der Neuen Tschaikowsky-Gesamtausgabe).
Schott ED 9735 (2004)

Balakirevs Jugendsonate (1856/57) war die erste, Tschaikowskys unterschätzte posthume cis-Moll Sonate (1865) die zweite und die G-dur-Sonate (1878) die dritte russische Klaviersonate, ehe Scriabin, Medtner, Glasunow, Strawinsky, Rachmaninoff, Mjaskowskij und Prokofieff mit höchst unterschiedlichen Ansätzen folgen sollten. Die gut halbstündige, groß auftrumpfende Grande Sonate von Tschaikowsky steht zeitlich in der Nähe der vierten Sinfonie und des Vio-linkonzerts.
Ein unverkennbar sinfonischer Impetus, verbunden mit einer episch lyrischen Ausrichtung, läuft durch das imponierende Werk, das Tschaikowsky als etwas trocken und kompliziert bezeichnete. Russische Thematik beherrscht den ersten und vierten Satz, während deutliche Schumann-Anklänge den zweiten und dritten Satz prägen, sogar Chopins viertes Prélude klingt versteckt im variierten Andante an. Das an das Dies Irae erinnernde, mächtige Hauptthema des ersten Satzes durchzieht leitmotivisch die ganze Sonate.
Alles zusammen gesehen, entsteht hier eine mischstilartige, enthusiastische Klangwelt, die einen Interpreten besonderen Schlages verlangt. Die neue, gut lesbare Schott-Edition bietet die Originalfassung nach der autographen Druckvorlage. Alle andern Ausgaben gehen auf die autorisierte Klindworth-Fassung zurück, die den Text zwar unverfälscht wiedergibt, jedoch deutliche Änderungen in den Partituranweisungen vornimmt. Der vorliegende Schott-Druck sollte alle Pianisten ermutigen, ihre Einstudierung zu überprüfen.

Nicolas Medtner (1880–1951): Vergessene Weisen op. 39, 1920,
Hrg.: Christoph Flamm. Zimmermann ZM 34780 (2005)

Der russische Komponist und Pianist Nicolas Medtner hinterließ ein umfangreiches Klavierwerk, das auf CD und in Verlagsausgaben gut dokumentiert ist. Seine introvertierte und zugleich komplexe Klangsprache greift auf russische und westliche Traditionen zurück. Einen „russischen Brahms“ nannte man ihn deshalb etwa um 1920, ehe die Vergessenen Weisen op. 39 1923 bei Zimmermann erscheinen sollten. Der Zimmermann-Verlag legt nun eine revidierte Neuausgabe dieser Version vor mit nachträglichen Ergänzungen von Medtner selbst und mit diversen Angaben versehen aus zwei verschiedenen Moskauer Ausgaben.
Der fünfteilige Zyklus wurde 1919/ 1920 zur Revolutionszeit geschrieben und geht auf zurückliegende, gesammelte Noten-Motive zurück, die Medtner in einer neuen Konzeption verwertete, die Charakterstück und Sonatensatz miteinander verknüpft.
Die ersten beiden Stücke, die melancholisch nachdenkliche, verstörte Meditazione und die Romanza gehören zusammen gespielt, ebenso wie die letzten beiden, die schwärmerische Canzona matinata und die katastrophische Sonata tragica. Dazwischen steht als drittes Werk Primavera, die Beschwörung eines russischen Frühlings.
Dieser eindringliche, in Melodik, Rhythmik und Harmonik raffiniert gesetzte Zyklus kann ebenso wie die anderen beiden Zyklen „Vergessene Weisen“ op. 38 und op. 40 bei mittleren bis schwierigen Anforderungen als ideale Einführung in Medtners etwas verschlossene musikalische Welt dienen.

Andreas Elsner

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