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nmz-archiv
nmz 2007/03 | Seite 44
56. Jahrgang | März
Oper & Konzert
Auf der Suche nach neuen Klangspuren
Filmkomponisten, die unbekannten Wesen: das Festival Soundtrack
Cologne 3.0
Ein wenig schade ist es schon. Wenn hierzulande die Macher der
Filmmusik einen ähnlich hohen Stellenwert genießen würden,
wie man es kürzlich bei der Verleihung des Golden Globe sehen
konnte, dann stünde ich jetzt im schicken Armani-Anzug auf
dem roten Teppich und würde mir von Hans Zimmer dessen geschmacksfreie
Piratenschuhe zeigen lassen und Begeisterung heucheln. Aber in
Deutschland liegen die Dinge nun einmal anders.
Talk
zwischen Steve Blame und Michael Emanuel Bauer vor dem übermächtigen
Bild Peer Rabens. Foto: R. Amarasinghe
Das „Oscar-Flair“ im Filmforum des Kölner Museums
Ludwig ließ beim dreitägigen internationalen Medienmusik-Kongress
Soundtrack Cologne 3.0 dann doch etwas zu wünschen übrig.
Keine kreischenden Fans, keine Paparazzi und den roten Teppich
hatte man sich auch gespart. In diesem Land hat Filmmusik ein sehr
fragwürdiges Image. Nämlich gar keines. Filmkomponisten
sind in der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt und viele
beklagen den Mangel an Respekt, der ihnen von potenziellen Arbeitgebern
wie TV-Sendern und Kino-Produzenten entgegengebracht wird. Diese
Zustände möchten die Verantwortlichen der Soundtrack
Cologne ändern. In Zusammenarbeit mit Komponistenverbänden
wie Composer’s Club, mediamusic:nrw und dem europäischen
Dachverband für Filmkomponisten FFACE, dessen Präsident
Bernard Grimaldi persönlich aus Frankreich anreiste. Nicht
kommen konnte allerdings der angekündigte Stargast Peer Raben,
dessen angeschlagene Gesundheit einen Krankenhausaufenthalt erforderlich
machte (Peer Raben ist am 20. Januar im Alter von 66 Jahren im
niederbayerischen Mitterfels gestorben, Anm. d. Red.). Da Raben
aber mittlerweile von einem Mitarbeiterteam unterstützt wird,
konnte dieses einspringen und das Lebenswerk des Komponisten, der
lange mit Fassbender gearbeitet hat, vorstellen und kommentieren.
Im Werkstattgespräch mit Regisseur Detlef Bothe bekam das
Publikum dann auch Auszüge aus dem neuesten Werk Rabens, dem
ZDF-Fernsehfilm „Neben der Spur“, zu sehen.
Auch die Hochschulen hatten in Köln ein Forum. Beim Europäischen
Hochschultreffen im Domforum konnten die Institute ihre Filmmusik-
und Sounddesignstudiengänge vorstellen. Für Andreas Fuchs
von der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg eine
willkommene PR-Möglichkeit: „Für uns ist das optimal.
Hier können wir ohne viel Aufwand kommunizieren, was wir machen,
und darstellen, wo unsere Stärken liegen. Es ist auch wichtig,
dass man als Hochschule den Kontakt zu aktuellen Entwicklungen
an anderen Akademien nicht verliert. Dafür war das Hochschultreffen
sehr wichtig.“
Das Veranstaltungsprogramm war eine gelungene Mischung aus Lehrveranstaltungen,
Podiumsdiskussionen und Businessveranstaltungen, wie der „Soundtrack_Biz“,
bei der Medienleute und Komponisten ihre Arbeit vorstellen konnten.
In den Podiumsdiskussionen zu Themen wie „Hollywood versus
Europe“ und „Scoring the Future“ offenbarte sich
dann eine Schwäche mancher Filmkomponisten, die sich kaum
zu künstlerischen Zukunftsvisionen äußerten und
sich stattdessen in ein Lamento über negative Arbeitsbedingungen
und magere Budgets hineinsteigerten. Der neue Sound nach dem hier
geforscht wird und der europäische Künstler von ihren
amerikanischen Kollegen absetzen soll, kann so nicht gefunden werden.
Das wurde auch deutlich beim Höhepunkt der dreitägigen
Veranstaltung, der Verleihung des Nachwuchspreises „New Sound
in European Film“, an dem sich Studenten von Filmschulen
aus ganz Europa beteiligt hatten. Aufgabe war die Vertonung eines
Kurzfilms der Kölner Kunsthochschule für Medien. Filmkomponisten
und Sounddesigner konnten als Team antreten und wurden dann getrennt
nach ihrem jeweiligen Aufgabenfeld bewertet. Jurymitglied Martin
Todsharow, der erst kürzlich positiv mit seinem Soundtrack
zu „Elementarteilchen“ aufgefallen war, zeigte sich überrascht
von der „Linientreue“ der jungen Künstler: „Das
Niveau der Beiträge war in der Regel sehr hoch. Ich hatte
aber darauf gehofft, dass die Studenten nach neuen Vertonungskonzepten
suchen würden. Das war leider nicht der Fall. Fast alle haben
sich sehr stark an traditioneller Orchester- und Kammermusik orientiert.“
Vielleicht hatten die potenziellen Preisträger bereits auf
den Preisgewinn geschielt, der am Ende wartete: eine Aufnahmesession
mit dem Rundfunkorchester des WDR. Diesen ersten Preis bekam dann
der Holländer Paul van Vulpen von der Utrecht School of Arts
in einer launigen Zeremonie vom ehemaligen MTV-Moderator Steve
Blame überreicht, dessen englischer Humor seine Schwierigkeiten
beim Verlesen der vielen deutschen und holländischen Namen
mehr als wettmachte. Auf der anschließenden Party hatten
die Gäste Gelegenheit, mit Häppchen den Hungerast abzuwenden
und mit den Kollegen zu plaudern. Diese Art von Kontaktbörse
ist auch ein zukünftiges Ziel der Veranstalter um Michael
P. Aust: „Wir wollen beim nächsten Mal diese Plätze
für das Networking ausbauen und mehr Zeit zwischen den Veranstaltungen
schaffen. Die Soundtrack Cologne soll keine reine Lehrveranstaltung
sein, sondern ein Ort, an dem sich Leute aus verschiedenen Bereichen
der Branche treffen und in Kontakt kommen. Ein nächstes Ziel
ist dann, mehr Produzenten und Regisseure als Gäste zu gewinnen,
insbesondere für Veranstaltungen wie ,Soundtrack_Biz‘.“
Auch wenn der interdisziplinäre Dialog auf der Soundtrack
Cologne noch ausbaufähig ist, die Stimmung zwischen den Komponistenkollegen
war blendend und wenn Produzenten wirklich so wenig Verständnis
für Filmkomponisten aufbringen, wie vielfach beklagt wird,
dann war zumindest diese Party ohne sie entspannter.