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nmz-archiv
nmz 2007/03 | Seite 45
56. Jahrgang | März
Oper & Konzert
Ein beseelter Ort für radiophone Künste
Fünf Jahre Klanggalerie t-u-b-e in den Münchener Echtzeithallen
Klanggalerie, das ist zweifellos ein schöner Name. Vor allem,
weil er das Spektakuläre hinter dem, nun, leicht Lautmalerischen
einigermaßen vornehm verbirgt. Dass im Zusatz dann in Kleinschrift
radiophone kunst, installationen und audio-performances als Erläuterung
folgen ist sicher verzeihlich. Was die t-u-b-e aus München
aber in diesen Zeiten so selten vorkommende Einmaligkeit verleiht,
was ihr, ja, weltweite Reputation als beseelter Ort für die
Erzeugung von Klängen jedweder Art einbrachte, ist im Kern
tatsächlich deren Qualität als Ausstellungsraum. Der
Klang soll, reine Utopie, ein Objekt sein und greifbar gemacht
werden. Insofern hat die t-u-b-e
starke Ähnlichkeit mit einer Galerie; auch wenn sie dann wiederum
nicht wirklich etwas zum Verkauf anbietet. Der Klang bleibt letztlich
flüchtig. Und für jeden zu haben, der hört.
Im vergangenen Jahr hat man fünfjähriges Bestehen mit
gemäßigtem Pomp, statt dessen – nichts anderes
war zu erwarten, möchte man beinahe anmerken – aber
mit vielen Besonderheiten in den Veranstaltungen gefeiert. Fünf
Jahre: das ist eine Seltenheit heutzutage, wo schnell gelebt und
ebenso schnell für tot erklärt wird; und allemal ein
langer Zeitraum für ein Programm, das sich bewusst in den
Nischen aufhält.
Die t-u-b-e wird vom Kulturreferat finanziert. Deren Gründervater
dort heißt Christoph Höfig. Er zeichnet
gemeinsam mit den beiden Kuratoren Ulrich Müller und Jörg
Stelkens für das Programm verantwortlich. Stelkens war es
auch, der pünktlich zu den Feierlichkeiten eine Audio-Netzwerk-Software,
genannt auch Computer-Audio-Plugin, entwickelte und damit Internetkonzerte
mit wenig Aufwand möglich machte (Freeware zum Download unter
www.t-u-b-e.de). Das erste vernetzte Konzert führte im Mai
2006 Musiker aus München und Frankfurt, aus Linz, Paris, den
USA und Glasgow zueinander.
Man scheint für ziemlich alles aufgeschlossen. Was zwangsläufig
zu permanenten Überraschungen führt. Keine der Veranstaltungen,
die in halbjährlichen Reihen unter einem Motto laufen, gleicht
der anderen. Es kann alles passieren, davon darf man getrost ausgehen.
Eine gewisse Improvisationsader wird aber bei den Teilnehmern unbedingt
vorausgesetzt. Mit dem Motto „harte Hängste“ startete
man, wobei man in jener Saison hedonistische Haltungen zu erforschen
trachtete, wählte im folgenden Titel wie „Stille Stücke“, „krank“, „Rituale“,
stieß bis zu „gebeugt“ durch, was „Circuit-Bending“ meinte.
Eine Praxis, bei der Schaltkreise elektronischer Geräte manipuliert
werden, um ihnen Klänge jenseits der Intention des Designers
zu entlocken. Ja, nicht nur klanglich anspruchsvoll, auch gesellschaftskritisch
will man hier nach Möglichkeit auftreten.
Der Raum soll auf jeden Fall, das wird von den Kuratoren betont,
als Mitspieler verstanden werden. Im Kellergewölbe ist dann
eine mehrkanalige Beschallungsanlage (8.1 Kanäle) installiert,
es kann in stereo gehört werden, im Surround-Sound oder in
Mischformen, wenn zum Beispiel akustische Instrumente und Elektronik
aufeinander treffen.
Die t-u-b-e ist zugleich ein mietfreier Probe- und Aufnahmeraum
für ausgewählte Künstler. Fast scheint es als wäre
dieser Ausnahmeort etabliert. So weit natürlich ein Konzept,
das den Stillstand verweigert, etabliert sein kann.