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nmz-archiv
nmz 2007/03 | Seite 52
56. Jahrgang | März
Wortlaut
Wortlaut
Wütend
Im Rahmen der Radiosendung „taktlos“ gab Heinz Rudolf
Kunze der nmzMedia ein Interview, in dem er über Neuveröffentlichungen,
Kulturpolitik, Urheberrechte und seine Teilnahme am Grand Prix
2007 redet. Hier einige Auszüge.
Heinz
Rudolf Kunze. Foto: Hufner
neue musikzeitung: Heinz Rudolf Kunze, glauben Sie, dass Sie mit
einer CD wirklich noch jemanden erreichen, der jünger ist
als dreißig? Heinz Rudolf Kunze: Ich mache mir da wirklich große Sorgen,
vor allem über das fehlende Schuldbewusstsein der Kids, die
den Diebstahl geistigen Eigentums gar nicht mehr als solchen registrieren.
Das führt zu solchen Stilblüten, dass ich bei Autogrammstunden
von Leuten mit unschuldigem Gesicht gebrannte CDs entgegengehalten
bekomme, die ich signieren soll. Wenn ich dann sage, das mach ich
nicht, ich bin dadurch bestohlen worden, dann finden die das unverschämt
und verstehen mich überhaupt nicht. Man muss ein Bewusstsein
dafür schaffen, dass das Herstellen von Kunst eine aufwändige
Angelegenheit ist. Das kostet viel, viel Geld. Und das muss man
wieder einspielen. Ich bin auch sehr wütend, wenn ich die
Mega-Verkäufer, nicht nur die nationalen, auch die großen
internationalen, so großkotzig daherreden höre: „Brennt
euch was, das macht uns nichts“. Erstens können die
es leichter verkraften, und zweitens sind das die, die die teuersten
Anwälte gegen die Raupkopierer und Tauschbörsen beschäftigen.
nmz: Ohne Major-Deals bereits am
Anfang Ihrer Karriere wären
Sie nicht der geworden, der Sie heute sind. Was empfehlen Sie den
jungen Musikern, die unter anderen kommerziellen Bedingungen groß werden? Kunze: Das ist schwierig geworden. Ich hatte 1981
gleich einen Fünfjahresvertrag. Solche Startbedingungen müssen heute
ein schierer Traum sein für einen Newcomer. Das klingt heute
wie ein Märchen. Es gibt junge Kollegen, die erstmal gut aufgehoben
sind bei kleinen, mutigen Independent-Firmen. Und die dort wachsen
können. Auf der anderen Seite gibt es nicht prinzipiell einen
Grund, die Major Labels zu verteufeln. In diesen Organisationen
arbeiten immer noch Leute, die Musik mögen und nicht nur Musik
verkaufen. Es kommt darauf an, dort einzelne Personen zu finden,
denen man einleuchtet. Man braucht konkrete persönliche Fürsprache,
dann kann man auch da noch viel bewegen. Wenn man die Wahl hat,
dann würde ich immer noch zum Major raten. Dort ist der Vertrieb
besser und die Promotionabteilung hat mehr Budget. Das kann man
als kleine Firma nur ganz selten durch Engagement und Idealismus
wettmachen.