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nmz-archiv
nmz 2007/03 | Seite 36
56. Jahrgang | März
Landesmusikräte
Neue Sounds beim JJO NRW
Wolfgang Breuer und Wolf Escher verabschieden sich
„
Schön war’s“, resümiert Wolf Escher. Er und
Wolfgang Breuer denken gern an ihre 31 Jahre mit dem JugendJazz-Orchester
(JJO) NRW, gehörten sie doch seit der Gründung
vor 31 Jahren zum Leitungsteam, zunächst gemeinsam mit Rainer „Glen“ Buschmann
und Meinhard Puhl, später mit Michael Villmow. Ein Jugendorchester
ist für seine künstlerischen Leiter immer ein Abenteuer
und eine sowohl künstlerische als auch pädagogische
Herausforderung.
Das JJO NRW entpuppte sich als Förderprojekt mit weit reichenden
Folgen, denn andere Bundesländer zogen nach und gründeten
ebenfalls Jugendjazzorchester. Mit der Gründung des „Bujazzo“ (Bundesjugendjazzorchester)
1988 und der Jugendbands in den neuen Ländern nach 1990 schien
dieser Emanzipationsprozess des früheren Kellerkindes im Musikleben
der Bundesrepublik Deutschland formal abgeschlossen, denn nun gab
es ein System wie in der Nachwuchsförderung der klassischen
Musik. Eschers und Breuers Bilanz ist imponierend: Circa 500 junge
Musikerinnen und Musiker machten wesentliche Berufserfahrungen
in den Arbeitsphasen und auf den Konzertreisen des JJO. Viele von
ihnen wurden professio
nelle Jazzmusiker, sie bilden den Stamm der reichen Jazzszene in
NRW. Manche machten (inter)nationale Karrieren, wurden selbst Dozenten
an Musikschulen und -hochschulen oder qualifizierten sich für
professionelle Big Bands wie die grammy-dekorierte WDR Big Band
oder die NDR Bigband.
Die Mitglieder des Leitungsteams prägen die Proben und Konzerte.
Sie schreiben eigene Arrangements und Kompositionen speziell für
ihre Band und fördern damit das künstlerische Wachstum
der jungen Musiker und Musikerinnen, indem sie ihnen die Chance
bieten, ihre individuellen Stärken zu entfalten. Viele dieser
Stücke wurden Solisten oder Satzgruppen auf den Leib geschrieben
und waren damit auch Ergebnisse der Arbeitsphasen, weil Escher
und Breuer hier die jungen Talente kennen und schätzen lernten.
Natürlich blühte dort keine autoritäre Pädagogik,
denn Anregungen zu den Arrangements – oder Einwände – waren
ein notwendiger Teil der gemeinsamen Arbeit. Genauso wie Arrangements
aus dem Ensemble oder von stilprägenden Komponisten wie Jim
McNeely, Sal Nestico oder Bill Dobbins. Man igelte sich nicht ein,
denn Breuer und Escher wollten keinen künstlerischen Egotrip
oktroyieren oder ein provinzielles Reservat pflegen, denn so etwas
würde der freigeistigen Haltung des Jazz widersprechen und
die umfassende Kollegialität aller Beteiligten sabotieren.
Zweimal im Jahr trifft sich das Orchester zu Arbeitsphasen, die
natürlich etwas anderes sind als eine Klassenfahrt oder ein
Aufenthalt im Schullandheim. Die intensive Arbeit in den Tagen
und Nächten schafft eine besondere Atmosphäre, eine offene
und nachhaltige Begegnung unter jungen Kollegen, in der neue Bands
entstehen, in der man Einfälle sofort ausprobieren kann. Man
muss nur ein paar andere dafür gewinnen. Solche spontanen
Sessions gehören zum Leben von Jazzmusikern, eine unbedingt
notwendige Chance, sich auszuprobieren und künstlerisch zu
wachsen. Die lebendigen LPs und CDs des Orchesters dokumentieren
die Ergebnisse dieser Arbeit.
Seit seiner Gründung ist das JJO auch ein Repräsentant
des Landes NRW. 26 Konzertreisen führten es durch alle fünf
Kontinente, verbunden mit Workshops bei ihren Gastgebern. Also
waren die Chefs nicht nur Dirigenten, sondern auch Reiseleiter,
Vermittler und Diplomaten – Rollen, die Escher und Breuer
als Herausforderung und nicht als Belastung akzeptiert haben. Der
Landesmusikrat hat sie immer unterstützt,
auch das Kultus- und Kulturministerium bzw. die Staatskanzlei NRW
sowie das Goethe-Institut.
Auch für Kontinuität haben Escher und Breuer gesorgt.
Ein Trio wechselt jetzt ins Leitungsteam: Frank Reinshagen, Marko
Lackner und Dietmar Mensinger, unterstützt von Michael Villmow.
Sie sind profilierte Komponisten und erfahrene Bandleader, die
sich längst gute Namen in der Big-Band-Szene gemacht haben.