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nmz-archiv
nmz 2007/05 | Seite 10
56. Jahrgang | Mai
Nachschlag
Der gekaufte Misserfolg
Es hat doch etwas Beruhigendes: Die größten Fußballvereine
Europas setzen heute absurde Millionenbeträge ein, um sich
gegenseitig die besten Spieler wegzukaufen. Aber gerade die finanzstärksten
müssen heute erleben, dass sich die Siege nicht einfach erkaufen
lassen. Sie fliegen wie in dieser Saison die Königlichen von
Madrid (und in kleinerem Rahmen die Bayern) auf die Schnauze, weil
die erlesene Equipe in ihren Fugen knirscht und sich Wert und Wert
einfach nicht zum erhofften Mehrwert zusammenfügt. Den Dummköpfen
im Management fällt freilich nichts Besseres ein, als eine
weitere Aufstockung der Finanzen zu fordern. Der Glaube, alles
sei käuflich, wenn man nur den richtigen Preis zahlt, ist
ungebrochen. Nun gut, könnte man sagen: Sollen doch die Fußballverrückten
machen, was sie wollen. Was geht das die Kultur an?
Aber leider
unterscheiden sich die Mechanismen der Verwertung, sei es nun von
einem rollenden Ball oder von einem schönen Klang, längst
nicht mehr so gravierend, wie wir es uns noch in permanenter Selbsttäuschung
einreden wollen. Auch im Musikbetrieb ist der Glaube an die Käuflichkeit
des Erfolgs immer mehr auf dem Vormarsch. Der Begriff des „Traumpaars
der Oper“ korrespondiert vernehmlich mit dem Traumduo im
Sturm (warum arbeitet die Werbung heute immer mit diesem Nachtbegriff,
so als könne er Qualität per Dekret einlösen?).
Als
solches waren jetzt in München Anna Netrebko und Rolando
Villazón in Puccinis „La Bohème“ angekündigt.
Und weil man dieses besaß, also eigekauft hatte, meinte man
an allem anderen sparen zu können. Bertrand de Billy leitete
lustlos, das Orchester des BR, ohnehin nicht zu Hause in der weit
unterschätzten, weil hochdifferenzierten Welt Puccinis, erledigte
seinen Part krachledern. Dafür kann man ihnen kaum Schuld
geben, denn auf sie kam es ja gar nicht an. Das Traumpaar war der
Event, alles andere war Staffage. Auf der Strecke blieb die Kunst.
Denn sie und mit ihr die fraglos schönen Stimmen von Netrebko
und Villazón, wurden gekauft aber nicht gefordert. So aber
will man weiter machen. Dass der Kauftraum nicht aufhört.