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nmz-archiv
nmz 2007/05 | Seite 1
56. Jahrgang | Mai
Leitartikel
Urheber-
Unrecht
Am Anfang aller Musik steht der Urheber. Das fast biblische Bekenntnis
hat ihm in den vergangenen Jahren wenig genützt. In unserer
Zeitung haben wir regelmäßig darauf hingewiesen, dass
ein gesellschaftliches Bewusstsein für das geistige Eigentum
geschaffen werden muss, damit den Urhebern im wahrsten Sinne Recht
geschieht. Wie aber soll das gehen, wenn dieses Bewusstsein nicht
einmal in den höchsten politischen Gremien angekommen ist?
Solange die noch immer im Ungewissen schwebende Neufassung des
Urheberrechts, genannt „Korb 2“, keinen Deckel hat,
lohnt sich jedenfalls die Kampfansage. Immerhin wurde der Gesetzentwurf,
von Regierung und Bundestag abgenickt, im Bundesrat kritisch bewertet.
Von einer „Enteignung“ der Urheber war da die Rede.
Das sollte den Abgeordneten zu denken geben. Tut es aber nicht,
jedenfalls nicht sichtbar. Vertreter des Justizministeriums haben
merklich Mühe, den Entwurf in der Öffentlichkeit zu vertreten.
Staatssekretär Lutz Diwell, geladen zu einer „Korb 2“-Diskussion
im Rahmen der Weimarer Frühjahrstage für zeitgenössische
Musik, hatte seine Zusage am Tag der Veranstaltung zurückgezogen.
Vertreter der Regierungsparteien waren der Einladung erst gar nicht
gefolgt. Dabei wurde das Nicht-Erscheinen mehrfach mit mangelnder
Kompetenz begründet.
Die Bundeskanzlerin wiederum nimmt bei ihren Aufenthalten in
China gerne den Begriff vom Wert des geistigen Eigentums in den
Mund.
Vielleicht hat sie noch gar nicht bemerkt, dass dieser Wert nicht
nur im fernen Osten, sondern im eigenen Land gefährdet ist.
Oder sie hat einfach nicht verstanden, dass er auch etwas mit Kultur
zu tun hat und nicht nur mit Industrie-Patenten.
In der Jahrespressekonferenz der GEMA in Berlin beklagte auch
Vorstandsvorsitzender Harald Heker die im „Korb 2“ vorgesehenen Änderungen.
Und er brachte weitere schlechte Nachrichten. Zwar konnten die
Gesamtumsätze in 2006 noch einmal gesteigert werden. Im Vergleich
zum Umfang der Musiknutzung, vor allem im Download-bereich, fällt
das Ergebnis jedoch weit hinter die Erwartungen zurück. Das
liege, so Heker, an einer nicht geklärten Rechte- und Tarifsituation
mit den Anbietern. Über acht Millionen Euro liegen derzeit
auf Sperrkonten fest, weil Urteile von Schlichtungsstellen ausstehen.
Gleichzeitig berichtete Heker über revolutionäre Veränderungen
im Rahmen der Online-Lizenzierung. Die EU-Kommission hat in diesem
Bereich einen Wettbewerb der nationalen Verwertungsgesellschaften
gefordert, eine Forderung, die das EU-Parlament energisch kritisiert.
Der internationale Verband der Musikverlage war sich im Übrigen
nicht zu schade, die berechtigten Bedenken des Parlaments in einer
von über 350 Songschreibern und Komponisten
unterzeichneten Petition zu widerlegen. Nur, dass eben diese Komponisten
teilweise gar nichts von ihrer eigenen Unterschrift wussten oder
längst tot sind. So weit kann falsch verstandener Lobbyismus
gehen.
Die Frankfurter Musikmesse vermeldete soeben: Die Stimmung der
Branche ist sehr gut. Davon sollten auch die Urheber etwas zu spüren
bekommen.