nmz 2007/05 | Seite 22
56. Jahrgang | Mai
Musikbildung
Begegnung in fürstlichem Ambiente
Neues musikalisches Kompetenzzentrum für die Musikszene Thüringens
Die ersten Bemühungen des Landesmusikrates Thüringen
um den Aufbau einer Landesmusikakademie gehen bereits in das Jahr
1990/91 zurück, als auf Einladung des Bayerischen Musik-rates
und des Landesmusikrates Hessen die neu entstehenden Landesmusikräte
in den neuen Ländern auf diese Möglichkeit der Musikförderung
hingewiesen wurden. Das damalige Konzept scheiterte jedoch einerseits
an der politischen
Einsicht andererseits an einem Personal- und Finanzierungskonzept,
das unter den gegebenen Voraussetzungen nicht umsetzbar war. Trotz
ministerieller Ablehnung verfolgte das Präsidium des Landesmusikrates
diese Idee jedoch weiterhin und suchte nach möglichen Standorten
im ganzen Land, von denen es infolge der zahlreichen kleinen Residenzen
eine ganze Reihe von Optionen gab, so unter anderem das Schloss
Krossen an der Landesgrenze nach Sachsen, das Schloss Wilhelmsburg
bei Eisenach mit seiner Verbindung zum Schaffen Georg Philipp Telemanns
und das Residenzschloss der Schwarzburger in Sondershausen.
Mit der Entscheidung der Landesregierung, die 2. Thüringer
Landesausstellung „Thüringen – Land der Residenzen“ nach
Sondershausen zu bringen, waren die finanziellen Mittel für
die Sanierung des dortigen Marstalles gegeben und die Stiftung
Thüringer Schlösser und Gärten als Eigentümer
der benötigten Gebäude war von einem Musikakademiekonzept
zu überzeugen.
Die Gebäude
Die Landesmusikakademie ist in einem gesonderten Gebäudekomplex
Wagenhaus-Marstall-Achteckhaus im Park des Sondershäuser Schlosses
untergebracht. Am architektonisch interessantesten ist wohl das
Achteckhaus in Form eines perfekten Oktogons, das ursprünglich
als Karussell mit einem drehbaren Fußboden für die barocken
Feste (vornehmlich Reiterspiele) gebaut worden war. 1710 malte
Lazaro Sanguinetti das beeindruckende Deckengemälde und die
schweren Stuckfassungen, die das Gemälde umrahmen, stammen
vermutlich aus der Minetti-Werkstatt. Es dient heute als Konzertsaal
mit 350 Plätzen der Landesmusikakademie und der Stadt Sondershausen.
Das eigentliche Akademiegebäude, der ehemalige Marstall, wurde
von dem Schinkel-Schüler C.F.A. Scheppig in einer Bauzeit
von vier Jahren von 1847-1851 errichtet. In den beeindruckenden
Gewölbehallen waren dann über Jahrzehnte die fürstlichen
Pferde untergebracht. Das Obergeschoss wurde als Wohnraum für
die fürstlichen Bediensteten genutzt. Um 1930 war darin für
einige Jahre ein Musikcorps des Heeres untergebracht. Nach 1945
diente das gesamte Gebäude lediglich als Lagerraum.
Das Programm
Die 24. Akademie im Arbeitskreis der Musikbildungsstätten
in Deutschland ist die jüngste Einrichtung dieser Art und
wurde im Juni 2005 eröffnet. Wie alle anderen Akademien ist
sie Fortbildungs- und Begegnungsstätte für Musiker/-innen
und Musikpädagogen aller Altersgruppen. Musikverbände
und -vereine können in ihr instrumentale Kurse, Tagungen,
Fortbildungen, Seminare und Arbeitsphasen durchführen. Darüber
hinaus finden Multiplikatorenlehrgänge im Laienmusikbereich
statt. Ebenso bilden Fortbildungslehrgänge für Musikpädagogen
einen wichtigen Schwerpunkt, die deren Arbeit zur musikalischen
Nachwuchsförderung unterstützen sollen. In der professionellen
Musik werden von der Akademie vor allem Impulse für die Alte
und Neue Musik und ihre Pflege in Thüringen ausgehen. Auch
spartenübergreifende Musikprojekte zum Beispiel zur Bildenden
Kunst, zur Literatur oder zur Darstellenden Kunst befinden sich
in der Planungsphase. So wird 2008 eine Ronald-Paris-Ausstellung
von der Akademie aus ihren Weg nach Berlin und Hamburg antreten.
Bereits jetzt ist sie Arbeitsort der vier Landesjugendensembles,
die sich in Trägerschaft des Landesmusikrates befinden,
sowie Austragungsort der Landeswettbewerbe im Laienbereich.
Die
Ausstattung
Die Landesmusikakademie verfügt über acht Übungsräume
und drei Unterrichtsräume, die größtenteils mit
Klavieren ausgestattet sind. Für Spezialisten Alter Musik
steht ein Cembalo (Nachbau nach Christian Zell von Matthias Kramer,
2007) bereit. In den beiden Übungssälen für Ensembleproben,
in den beiden großen Säulenhallen, die auch für
Gesamtproben geeignet sind, sowie im Konzertsaal Achteckhaus stehen
Konzertflügel zur Verfügung. Für Fachtagungen und
Konferenzen mit bis zu fünfzig Teilnehmern wird einer der Übungssäle
im Obergeschoss mit Tischen eingerichtet. Tagungstechnik steht
komplett zur Verfügung.
Perspektiven
Es ist das erklärte Ziel des Leitungs-teams, den Ruf der Landesmusikakademie
Sondershausen als neues musikalisches Kompetenzzentrum für
die Musikszene in Thüringen und darüber hinaus weiter
auszubauen. Dazu gehören entsprechende finanzielle Rahmenbedingungen
und ein schönes Gästehaus, das sich wunderbar in den
herrlichen Schlosspark einbauen ließe. Dann wird es auch
gelingen, die große Zahl von Gästen des vergangenen
Jahres zu halten und die Übernachtungen noch weiter auszubauen.