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nmz-archiv
nmz 2007/05 | Seite 26
56. Jahrgang | Mai
Jeunesses Musicales Deutschland
Es ist wie in einem Märchen
Junge Oper Schloss Weikersheim mit Rossinis „La Cenerentola“ in
der ersten Probenphase
„Es ist wie in einem Märchen“ – diesen Satz hört
man in diesen Tagen sehr oft in Weikersheim. Der 52. internationale
Opernkurs der Jeunesses Musicales Deutschland 2007 hat begonnen.
Nach zwei Vorsingrunden im Herbst und Winter 2006 kamen nun die
ausgewählten Sängersolisten und alle Dozenten in der
ersten Probenphase vom 9. bis 15. April im Renaissanceschloss Weikersheim
zusammen. In den vielen Räumlichkeiten des Schlosses und vor
allem im Gewehrhaus fanden die ersten Begegnungen der Darsteller
mit Rossinis Oper „La Cenerentola“ (Aschenputtel) statt.
Die Besetzung der Jungen Oper Schloss Weikersheim ist international,
die Sänger kamen aus Italien, Belgien, Griechenland, Frankreich,
Serbien, Japan, Korea und Deutschland.
Das Ziel der Osterprobenwoche bestand darin, die jungen Sänger
mit ihren Partien unter der Anleitung des Dirigenten, der Korrepetitoren
und der Gesangsdozenten vertraut zu machen, gemeinsam die Rollen
zu erarbeiten, neue stimmliche Möglichkeiten zu erfahren und
zu erlernen.
Am ersten Tag stellte der Regisseur Dominik Wilgenbus zusammen
mit seinem Bühnenbildner Udo Vollmer sein Inszenierungskonzept
vor. Anke Friedrich, die Kostümbildnerin, präsentierte
ihre Figurinen und nahm den Solisten die Körpermaße
ab. Neugierig betrachteten die Beteiligten das Modell des Bühnenbildes
und die Skizzen. Für viele ist es eine neue Situation, später
unter freiem Himmel zu singen, es kamen viele Fragen auf; unter
anderem, was passiert, wenn es plötzlich während der
Vorstellung anfängt zu regnen. Kursleiter Patrick Bialdyga
versprach allen Künstlern sonniges Wetter, vor allem was die
Arbeitsatmosphäre betrifft.
Der zweite Tag begann mit einem Körpertraining des Choreographen
Götz Hellriegel (UdK Berlin). Abgesehen von physischer Kondition
legt Götz Hellriegel großen Wert auf die Grundlagen
der szenischen Darstellung. Möglichst früh sollen die
Sänger lernen, mit ihrem Körper auf der Bühne zu
agieren, sich nicht zu verkrampfen und ihre physischen Möglichkeiten
einzusetzen. Die Solisten wurden auf viele Punkte aufmerksam gemacht,
welche ihnen später auf einer großen Bühne und
in einem regulären Theaterbetrieb helfen. werden. Die Resonanz
war groß.
Weiter gehörte die Bühne der Musik. Der international
bekannte Dirigent Alessandro De Marchi erarbeitete in Solo-Proben
sowie in den ersten Ensembleproben die Rollen der einzelnen Sänger.
Mit viel Geduld und Humor ging er auf die technischen und musikalischen
Schwierigkeiten ein, denn die Partitur der Oper „La Cenerentola“ ist
schwer und verlangt viel Können und Einfühlen von jedem
Sänger. Patrizia Caracciolo, italienischer Sprachcoach, kam
aus Stuttgart nach Weikersheim, um die italienische Aussprache
der Sänger und die besondere sprachliche Artikulation zu verfeinern.
Dazu stehen den Künstlern drei professionelle Korrepetitoren
zur Verfügung, welche in einzelnen Proben die Partien und
das Neuerlernte mit ihnen repetierten. Im Gewehrhaus im Park von
Schloss Weikersheim fanden die Proben statt, doch manchmal gingen
die Darsteller mit ihren Noten und Texten in den Schlosspark und
vertieften ihr Studium zwischen den barocken Statuen und exotischen
Blumen. Danach ging es zu den ersten szenischen Proben. In vielen
Grundlagenübungen bereitete Dominik Wilgenbus die Darsteller
auf ihre Partien vor und motivierte sie, die Charaktere der von
ihnen gespielten Figuren zu ergründen und zu verstehen. Ein
wichtiger Bestandteil jeder Produktion ist es, dass die Sänger
nichtnicht nur ihre Notger dieSänger nicht nur ihre Noten
und Texte lernen, sondern sich auch mit dem Hintergrund der zu
erzählenden Geschichte beschäftigen, die Psychologie
der Figuren kennenlernen, um sie dann später darstellerisch
zu entfalten. In den ersten Gesprächen sollten sich die Solisten
Gedanken darüber machen, wie sie selbst ihre Rolle, ihren
Charakter sehen, in den nächsten Proben wurden diese ausgehend
von dem Regiekonzept und unter der Leitung des Regisseurs szenisch
umgesetzt.
Das Tagesprogramm war sehr komplex, doch die Junge Oper Schloss
Weikersheim hielt zusammen, denn es war kein alltäglicher
Betrieb eines großen Opernhauses. Und so vergingen alle sieben
Tage, mit musikalischen und szenischen Proben, mit Einzelunterricht
in Gesang und Sprache, vielen Gesprächen und langen Abenden
im Schlosskeller der Musikakademie, wo alle Beteiligten sich nach
einem langen Tag auch privat kennenlernen konnten. Die jungen Sänger
nahmen die ihnen angebotenen Möglichkeiten freudig und neugierig
an. Doch die Osterprobenphase ist nun vorbei, und alle müssen
vorerst das „schöne Märchen“ verlassen.
Die nächste Probenphase ist im Sommer und führt direkt
auf die Premiere am 25. Juli 2007 zu. Am 18. Juni freut sich die
Junge Oper Schloss Weikersheim, alle Beteiligten wieder begrüßen
zu können und auch auf neue Gesichter wie das Bundesjugendorchester
und den Chor. Und dann heißt es: „Weikersheim 2007 – Ein
Sommermärchen“.