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VdM
nmz-archiv
nmz 2007/05 | Seite 25
56. Jahrgang | Mai
Verband deutscher Musikschulen
Konsequente Anerkennung der Musikschulen
Öffentliche Musikschulen sind Teil des deutschen Bildungssystems
Die Aufsätze des VBSM-Präsidenten Hanns Dorfner zum Bildungsauftrag
der Sing- und Musikschulen in Bayern unter dem Thema „Das
habe ich in der Musikschule gelernt“ (nmz 3/07) und von Wolfhagen
Sobirey, Leiter der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg und Mitglied
des Bundesvorstandes des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM),
zum Unterrichtsnotstand an Schulen mit der Frage: „Ist das
Musikland Deutschland noch zu retten?“ (Musikforum des DMR
1/2007) regen zum Nachdenken an und fordern zur Neubesinnung und
zu einer neuen Ausrichtung der bisherigen Strukturen und Inhalte
in den allgemein bildenden Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten.
Dabei reichen quantitative Lösungen, um die es ja vorrangig
in der Politik geht, nicht aus. Es geht vor allem vielmehr um die
praktische Umsetzung solcher durchaus notwendigen Vorgaben sowie
um die Bewältigung der damit verbundenen inhaltlichen und
finanziellen Fragen; um letztere drücken sich Bund und Länder,
die aber die gesetzgeberischen Maßnahmen dazu treffen. Den
Schwächsten im staatlichen Gesamtgefüge trifft es dann
am meisten und das sind die Kommunen, die Träger der öffentlichen
Musikschulen.
Es entsteht der Eindruck, dass in der Bildungspolitik einiges
nicht stimmt und schlichtweg Fakten nicht erkannt oder wider besseres
Wissen einfach negiert werden. Die öffentlichen Musikschulen
nehmen auf ihrem breit gefächerten Gebiet beim praktischen
Musikunterricht einen wesentlich größeren Unterrichtsumfang
ein als z. B. die Grundschulen und übertreffen hier auch die
Arbeit der Kindergärten. Dies und ihre Qualitätsarbeit
sind den Eltern der Kinder nicht verborgen geblieben. Von politischer
Seite wird das einfach als gegeben hingenommen. Die Musikschulen
werden aber in strategischer Hinsicht – abgesehen von Kooperationen – nicht
hinreichend in die aktuelle Bildungsdiskussion einbezogen, und
hier liegt der beklagenswerte Mangel, der beseitigt werden muss,
wenn wir im Vergleich mit anderen europäischen Staaten künftig
besser da stehen wollen.
Wir beobachten die Entwicklung der Kooperation des VdM mit dem
Verband Deutscher Schulmusiker. Das Zusammenrücken und die
praktische Hilfestellung durch die Musikschulen haben dem (bisher
vielfach fehlenden) Musikunterricht der Grundschulen gut getan.
Wir sehen auch die zunehmende Öffnung der Kindergärten/Kindertagesstätten
für die Musikschulen, auch wenn es sich dabei oftmals um (befristete)
Projekte handelt. Auch hier wird die Unterstützung durch die
Lehrkräfte der Musikschule sehr begrüßt. Ein Skandal
ist es allerdings, dass bei den zu regelnden Finanzierungsfragen
stets gekniffen wird, mit der Begründung, dafür sei kein
oder zu wenig Geld vorhanden. Die Musikschulen fühlen sich
daher auch ausgenutzt, um Löcher anderer Stellen zu stopfen
und das zu Mini-Preisen für hohe Leistungen. Lehrkräfte
mit gering dotierten Honorarverträgen sind eine Konsequenz.
Wer die notwendigen Bildungsanstrengungen allerdings ernst nimmt,
muss politisch alles unternehmen, um in die bestehenden Bildungssysteme – also
auch in die öffentlichen Musikschulen – stärkere öffentliche
Investitionen als bisher zu leisten. Das ist vornehmlich die Aufgabe
von Bund und Ländern und nicht die der Kommunen.
Neue Gefahren lauern im aktuell diskutierten Bereich der erheblichen
Ausweitung der Kindertagesplätze, deren Kostenbeteiligungen
unter Bund, Länder und Kommunen noch auszuhandeln sind. Zu
befürchten ist, dass dort wieder einmal die Kommunen den Rest übernehmen
müssen, denen dafür aber das Geld fehlt. Zu befürchten
ist ferner, dass dann so manchen Kommunen –
sicher aus Not – der Gedanke kommt, dafür die freiwilligen
Leistungen weiter zu kürzen und rechtlich gesehen sind die
Investitionen für die Musikschulen eben eine so genannte freiwillige
Leistung.
Dass öffentliche Gelder vorhanden sind, zeigt die aktuelle
Initiative „Jedem Kind ein Instrument“ für das
Ruhrgebiet: ein mehrjähriges, großartiges Projekt, das
später auf ganz NRW ausgedehnt werden soll. Von dem vorgesehenen
Gesamtetat von 50 Millionen Euro übernehmen die Kulturstiftung
des Bundes, das Land NRW und private Förderer je 10 Millionen
Euro; der Rest soll aus Elternbeiträgen (15 Millionen Euro)
sowie von den Kommunen und diversen Stipendienfonds (5 Millionen
Euro) finanziert werden. So weit so gut. Es zeigt aber wieder einmal,
dass es wohl eher auf ein zündendes, medienwirksames Schlagwort
ankommt, um an die vorhandenen Landeshaushaltsreserven heranzukommen.
Vorsicht ist bei zeitlich befristeten Projekten nach aller Erfahrung
dennoch geboten. Die Umsetzung solch riesiger Vorhaben in so kurzer
Zeit bedarf enormer Anstrengungen auf allen Ebenen, besonders aber
durch die Musikschulen selbst, durch wen denn sonst? Warum haben
wir aber nicht endlich den Mut, die Wahrheit zu sagen?
Die Bundes-Eltern-Vertretung der Musikschulen des VdM mit ihren
angeschlossenen Landes-Eltern-Verbänden fordert daher die
stärkere Einbindung und Verzahnung der öffentlichen Musikschulen
in das allgemeine Schulsystem. Zu diesem Zweck sollten auch die
bestehenden Musikschulgesetze einzelner Bundesländer angepasst
werden und fehlende gesetzliche Vorgaben in anderen Bundesländern
nachgeholt werden, denn die musikalische Ausbildung der Kinder
und Jugendlichen bedarf keiner freiwilligen Vereinbarung sondern
endlich einer gesetzlichen Verankerung der öffentlichen Musikschulen
als Teil des deutschen Bildungssystems. Vor allem kommt es künftig
darauf an, die mangelhaften Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern
und Kommunen neu zu regeln, um auch die Basis des Staatsgefüges – nämlich
die Kommunen – so zu stärken, dass sie die auf sie zukommenden
neuen Aufgaben auch bewältigen kann.
Dieter Fröhling
Dieter Fröhling ist stellvertretender Vorsitzender der
Bundes-Eltern-Vertretung der Musikschulen des VdM.