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Ausgabe 2007/06
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nmz 2007/06 | Seite 12
56. Jahrgang | Juni
Nachschlag

Hase und Igel

 

Es soll hier gar nicht die Frage gestellt werden, ob es heute den Komponisten besser oder schlechter geht, seit die Verwertungsgesellschaften sein geistiges Eigentum schützen. Gewiss, er bekommt für das Spielen und vor allem das Wiederholen seiner Werke Gebühren. Der häufig aufgeführte Musiker hat dadurch ein mehr oder weniger gesichertes Einkommen. Zugleich fällt auf, dass die zeitgenössische Musik seit der Einführung der Verwertungsrechte und der damit anfallenden Aufführungsgebühren aus dem öffentlichen Musikleben in Enklaven abgedrängt wurde. Hier besteht sicherlich kein unmittelbarer kausaler Zusammenhang, zumindest kein ausschließlicher. Die Veranstalter argumentieren mit der geringeren Vermittelbarkeit der neuen Musik, dass ihnen also das Publikum weg bliebe. Also vermeiden sie solche „Provokation“.

Und hier beginnt ein Teufelskreis. Die in Ghettos abgedrängte Musik verliert die Reibung mit dem allgemeinen Publikum, setzt sich in erster Linie nur mit Spezialisten auseinander, die nicht selten geneigt sind, das bloß Neue und Andersartige mit Tiefe zu verwechseln. Musik entsteht, die im allgemeinen Konzertbetrieb noch schwerer an den Mann zu bringen ist. Noch weniger sehen sich die Konzertorganisationen genötigt, die Kosten für Aufführung eines modernen Musikstücks aufzubringen, die ihnen obendrein so wenig Reputation einbringt. Somit widersetzt sich der Markt den Rechten auf geistiges Eigentum und stürzt sich auf Produkte, die Geschichte geworden und per Dekret (z.B. 70 Jahre nach dem Tod des Komponisten) kein Eigentum mehr sind.

Längst aber hechelt die Wahrung der Rechte heute hinter den aktuellen Ereignissen hinterher. Musik, die mit Zitaten arbeitet (vor allem wenn sie auch noch über Band oder CD zugespielt werden), wird zu einem Rechte-Wirrwarr unendlicher Auflistung, Stücke, die die Offenheit der Dauer oder auch der Besetzung proklamieren, die improvisatorische Elemente unterschiedlicher Couleur einbeziehen, entziehen sich der Zuordnung – und diese Reihe wäre mit Blick auf das heutige musikschöpferische Geschehen endlos fortzusetzen (Was ist etwa mit der Quint h–fis von La Monte Young, die „für lange Zeit“ auszuhalten sei?). Immer wieder werden neue Schubkästen gesucht, um das gegen die Rechteverwertung Sperrige einzuordnen. Es ist wie mit dem Hasen und dem Igel. Wenn die bürokratischen Schützer des geistigen Eigentums eine Position erreichen, sind die Künstler längst schon wieder wo anders. Der Wasserkopf der Verwaltung wächst, manchmal bietet er so unüberwindliche Hürden, dass der Künstler schließlich einfach aufgibt und ungeschützt einfach das macht, was er glaubt, schöpferisch tun zu müssen (Übrigens, das nebenbei: das Ungeschützte, freilich in etwas anderem Sinne ist heute fast schon eine ästhetische Kategorie).

Wäre hier nicht wieder einmal das Modell anzudenken, das diese Bürokratie wie den Gordischen Knoten zerschlägt? Gemeint ist die allgemeine Aufführungsabgabe, unabhängig davon, ob nun ältere oder neue Musik gespielt wird. Dass also Haydn, Beethoven oder Bruckner auch für den Obolus sorgen, die dem heutigen Komponisten (und auch den Verlagen!) ein Einkommen sichern, wenn sie gespielt werden. Die Abrechnung wäre dann zumindest auf der Abgabeseite vereinfacht und entzerrt (das Problem, wie die einzelnen Werke eingeschätzt werden sollen, bliebe freilich immer noch). Und damit sähen sich die Konzertveranstalter zumindest eines Arguments beraubt, Neue Musik außen vor zu lassen. Veranstalter, die viel Zeitgenössisches machen, wären entlastet, die Repertoire-Bequemen hätten etwas mehr zu zahlen (unterm Strich sollte ja der Betrag in etwa gleich bleiben). Freilich: Wenn dann fast nur noch Neue Musik gespielt würde, bekämen die Komponisten pro Aufführung eines ihrer Werke weniger Geld. Doch bis es so weit ist im utopischen Neuland, werden noch viele GEMA-Gebühren eingezogen werden und noch viele Hasen dem Igel nachlaufen.

Reinhard Schulz

 

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