[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2007/06 | Seite 8
56. Jahrgang | Juni
Magazin
Die GEMA im Wettbewerb mit den Schwestern
Eine EU-Empfehlung zur Rechtelizensierung verändert das Verwertungsgeschäft
Vorauseilender Gehorsam oder weitblickendes Handeln angesichts
zukünftiger Gesetzeslage? Mit der Gründung von CELAS
hat die GEMA Fakten geschaffen. Als erste im Reigen der internationalen
Verwertungsgesellschaften hat sie – gemeinsam mit der britischen
Schwestergesellschaft MCPS/PRS – auf die Empfehlung der EU-Kommission
reagiert, die da lautet: Verwertungsgesellschaften sollen zukünftig
zueinander in Wettbewerb treten. Bisher regiert jede Gesellschaft
quasi monopolistisch auf dem jeweiligen nationalen Terrain. Jetzt
also soll sich dies – zumindest im Bereich der Online-Lizenzierung – ändern.
Eine Ausdehnung auf andere Verwertungsarten ist dabei vermutlich
eher eine Frage des „Wann“ denn des „Ob“.
Immerhin: Der Supergau aus Urhebersicht konnte vermieden werden.
In dem von der Kommission gewünschten Wettbewerb streiten
sich die Gesellschaften nicht um die Nutzer, sondern um die Rechteinhaber.
Das heißt: Komponisten und ihre Verlage werden zukünftig
umworben und können mit einer Gesellschaft ihrer Wahl Verträge über
die Verwertung ihrer Online-Rechte abschließen.
CELAS also ist eine neue pan-europäische Urheberrechtsgesellschaft.
Mit EMI Music Publishing ist sie sich schon einig geworden. Deren
anglo-amerikanisches Repertoire lizenziert sie jetzt europaweit.
Weitere Verträge sollen natürlich folgen. Andere Gesellschaften
rüsten nach und denken über eigene Zusammenschlüsse
nach. Praktisch bedeutet das: Derjenige, der urherberrechtlich
geschützte Musik online nutzen will, muss zukünftig wissen,
welche Verwertungsgesellschaft die gewünschte Musik im Lizenz-Repertoire
hat und an diese zahlen. Dass dies für die Nutzer das Verfahren
nicht gerade komfortabler macht, liegt auf der Hand.
Die geplante Regelung ist eine von der EU-Kommission initiierte
kleine Revolution des bisherigen Verwertungsgeschäfts. Die
Folgen sind absehbar: Kleinere europäische Urheberrechtsgesellschaften
werden es zukünftig schwer haben, sich im Reigen der großen
Schwestern zu behaupten und zu überleben. Nischenrepertoire
wird für die großen Gesellschaften zunehmend uninteressanter;
die Vielfalt des angebotenen Musik-Repertoires wird darunter zu
leiden haben. Die Majors gewinnen an Einfluss gegenüber den „Kleinen“.
Und was aus der bisherigen Selbstverpflichtung zum kulturellen
und sozialen Engagement wird, steht in den Sternen. Dennoch: Eine
große Gesellschaft wie die GEMA hat wohl keine andere Wahl
als die frühe Reaktion, wenn sie weiterhin eine wichtige Rolle
im Lizenzgeschäft spielen will. Das ist sie ihren Mitgliedern
schuldig.