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nmz-archiv
nmz 2007/06 | Seite 17
56. Jahrgang | Juni
Musikwirtschaft
GEMA will ohne ver.di weiter machen
Mit flexibleren Personalkosten stellt sich die Verwertungsgesellschaft
dem europäischen Wettbewerb
Im März hatten sich etliche
hundert Betriebsangehörige
den von der Gewerkschaft ver.di initiierten Protestveranstaltungen
angeschlossen, die in Form einer Widerstandstournee von Berlin über
Hamburg, Hannover, Dortmund, Stuttgart und Wiesbaden bis zur Münchener
Zentrale stattfanden. Vorausgegangen war die Kündigung des
seit vierzig Jahren funktionierenden Haus-Tarifvertrages durch
den GEMA-Vorstand mit dem Ziel, leistungsbezogene Kriterien in
die Vergütungsverträge einzubasteln und den Kündigungsschutz
zu lockern. nmz-Herausgeber Theo Geißler fragte den GEMA-Vorstandsvorsitzenden
Harald Heker nach den Hintergründen.
Eingangsbereich
der GEMA-Hauptverwaltung in München. Foto: Martin
Hufner
Theo Geißler: Die hausinterne Strukturerneuerung
hat unter den GEMA-Mitarbeitern erhebliche Unruhe verursacht. Sie
haben den
Tarifvertrag mit ver.di gekündigt. Wie soll es weiter gehen? Heker: Bisher war es üblich, dass die GEMA einen Haustarifvertrag
mit der Gewerkschaft ver.di geschlossen hat. Nachdem ver.di den
auslaufenden Gehaltstarifvertrag zum Ende des Jahres 2006 gekündigt
hat, haben wir das auch getan und gleichzeitig mitgeteilt, dass
wir mit ver.di in Zukunft keine Gehaltstarifverträge mehr
schließen wollen. Wir glauben, dass wir, was den Personalbereich
anbelangt, Lösungen brauchen, die GEMA-spezifisch sind und
die es verhindern, zukünftige Tarifvertragsverhandlungen unter
eine Oberpolitik von ver.di zu stellen, die ja als größte
Gewerkschaft der Welt ein ganz großes politisches Interesse
an bestimmten gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen hat, an denen
die GEMA ja nur sehr eingeschränkt teilnimmt.
Wir wollen versuchen, zukünftig gemeinsam mit unserem Betriebsrat
GEMA-spezifische Regelungen zu finden. Der Betriebsrat hat sich
auch bereit erklärt, mit uns über solche Themen zu sprechen.
Man muss auch wissen, dass durch die Kündigung der Tarifverträge
für alle unsere Mitarbeiter, die bis zum 31. Dezember 2006
bei der GEMA beschäftigt waren, sich nichts ändert, weil
die Tarifverträge aufgrund deutschen Arbeitsrechts solange
fortwirken, wie der jeweilige Mitarbeiter im Unternehmen ist. Wenn
es uns gelingt, zukünftig den Fixkostenblock Personalkosten
so flexibel zu gestalten, dass wir bestimmte Ausschläge in
Zukunft besser abfedern können als heute, dann steigern wir
die Wettbewerbsfähigkeit der GEMA. Denn auf was schaut denn
ein Rechteinhaber zuerst? Auf die Kosten, seine Rechte über
die GEMA wahrnehmen zu lassen. Diese Kosten sind bei allen Verwertungsgesellschaften
sehr transparent. Da muss die GEMA dafür sorgen, dass sie
nicht an dieser Stelle den Wettbewerb verliert.
Geißler: Ein besonders personalintensiver
Bereich sind sicher die Bezirksdirektionen der GEMA. Könnte man sich da Rationalisierung
vorstellen? Heker: Wir führen zurzeit ein neues Softwaresystem AS/AIDA
bei unseren Bezirksdirektionen ein. Über 600 Mitarbeiter sind
von dieser Einführung betroffen. Am 1. Januar 2008 werden
wir dieses neue System aktiv schalten und dann wird es möglich
sein, die Arbeit der Bezirksdirektionen noch effizienter, als sie
heute schon ist, zu organisieren und durchzuführen.
Geißler: Könnte man sich vorstellen, dass aus diesen
Bezirksdirektionen dann vielleicht kleine Kulturzentren werden,
jeweils in der Region, so dass sie etwas befreit wären von
dem nicht immer ganz so sympathischen Inkasso- und Kontrollimage. Heker: Wir beabsichtigen im Rahmen unseres Marketingkonzepts,
das parallel zu unserem Kulturkonzept entsteht, auch die Bezirksdirektionen
zukünftig sehr viel stärker einzubinden. Wir werden bereits
ab Herbst 2007 in allen Bezirksdirektionen regelmäßig
Mitgliederabende und -tage durchführen, zu denen wir unsere
Mitglieder einladen, zu uns in die Bezirksdirektionen zu kommen,
um ihre Fragen zu stellen, sich zu informieren – und um auch
das, was sie möglicherweise an der GEMA stört, zu artikulieren,
und damit die GEMA zukünftig noch besser zu machen.