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nmz-archiv
nmz 2007/06 | Seite 17
56. Jahrgang | Juni
Musikwirtschaft
Keine Kunst ohne viel Arbeit
Der Sommer in Stuttgart ’07 – ein neues Festival für
Neue Musik
Wie sagte doch einst Karl Valentin: „Kunst ist schön,
macht aber viel Arbeit“. Davon können vor allem Produzenten
und Veranstalter in Sachen neue Musik ein längeres Lied singen,
dessen wichtigste Vortragsbezeichnung „da capo“ heißt,
auch weil viel Arbeit nicht immer gewürdigt wird. Mitte Dezember
2004 stellten Musik der Jahrhunderte, die Akademie Schloss Solitude,
die Redaktion für Neue Musik des SWR und das Forum Neues Musiktheater
der Stuttgarter Staatsoper ihr erstes Kooperationsprojekt vor,
unter dem Titel „Die Reihe“.
Im Oktober 2006 zog man Bilanz und stellte fest, dass das Ziel,
einen Fixpunkt im Stuttgarter Konzertleben zu schaffen, nicht erreicht
wurde. Und der Traum von überregionalem Publikum lässt
sich auch an einem Standort für Neue Musik wie Stuttgart wohl
nur mit einem Festivalangebot verwirklichen. Exakt diese Konsequenz
wurde nun auch von den Beteiligten der „Reihe“ gezogen.
Vom 28. Juni bis 1. Juli laden sie zu der ersten Ausgabe des
Festivals „Der
Sommer in Stuttgart ’07“ ein. Präsentiert wird „Neue
Musik und ... Musiktheater, Performance, Film, eine Ausstellung,
Theater, ein Sommerfest.“ Zwölf Veranstaltungen sind
es, in deren Verlauf fünfzehn Kompositionen zur Uraufführung
kommen. Es wird kein großes Programmbuch geben, dafür
aber Einführungen jeweils eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn.
Damit wird auch die Ausgangsposition dieses schnell erfundenen
Festivals wieder gespiegelt, das die Veranstalter als einen „Melangeakt
im Sommer 2007“ bezeichnen. Intendant Albrecht Puhlmann,
noch sichtlich genervt von der „Tragikkomödie um das
Forum Neues Musiktheater“, signalisierte, dass dieser schnelle
Einstieg in das Festival als Beginn einer längerfristigen
Beteiligung zu begreifen sei. Für die Zukunft, so Puhlmann,
sei es angedacht, größere Projekte beizusteuern: „Der
Auftrag für eine große Oper wird wohl für 2010
möglich sein.“
Musik der Jahrhunderte wird nun Konzerte mit den Neuen Vocalsolisten
Stuttgart und Ensemble Ascolta (28. und 30. Juni) beisteuern sowie
ein Theaterstück des iranischen Regisseurs Hamed Taheri, der
beim World New Music Festival 2006 mit „Avenir! Avenir!“ für
Furore sorgte. Unter den Komponisten dieser Konzerte ist unter
anderem die Schweizerin Annette Schmuck, die einen besonderen Zugang
zu Vokalmusik hat, deren Werk also bei den Vocalsolisten in besten
Händen sein wird.
Der SWR wiederum wird schon in diesem Festival sein Potential
aus der hauseigenen Reihe „Attacca“ mit einbringen. Die
Akademie Schloss Solitude beschließt das Festival mit einem
Liederabend unter dem Titel „Kein Liederabend“. Komponiert
haben dafür Stipendiaten von früher und jetzt. Ihre Maßgabe
war es, für ein Instrument und eine Stimme zu komponieren,
wobei aus heutiger Perspektive untersucht werden sollte, was es
bedeutet, einen Text mit Musik zu konfrontieren.
Deshalb ist der Titel dieses Abends wörtlich zu nehmen: „Kein
Liederabend“. Karl Valentin, so scheint es, hat in Stuttgart
unerschrockene Nachfolger gefunden