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nmz-archiv
nmz 2007/06 | Seite 14
56. Jahrgang | Juni
Forum Musikpädagogik
Fortbildung: „Kita macht Musik“
Singen und Musizieren in neuer Qualität
Am 26. April fand in Wolfenbüttel ein bundesweit einmaliges
Pilotprojekt zur musikalischen Qualifikation von Erzieherinnen
und Erziehern seinen vorläufigen Abschluss. In einer Kooperation
zwischen dem Landesverband der Volkshochschulen Niedersachsens,
dem Landesverband niedersächsischer Musikschulen und der Bertelsmann-Stiftung
war es gelungen, nahezu 300 pädagogische Fachkräfte aus
Kindertagesstätten musikalisch fortzubilden und so einen Grundstein
zu einer verbesserten musikalischen Bildung bereits im frühen
Kindesalter zu legen.
In fünf Modulen beschäftigten sich die Erzieherinnen
mit den Bereichen Singen und Stimme, Rhythmuserfahrung, Musik und
Bewegung, Hören und elementares Instrumentalspiel. Dabei wurde
besonderer Wert auf die Vernetzung der einzelnen Bereiche sowie
die Möglichkeit einer schnellen Umsetzung in der Praxis gelegt,
jedoch auch das erforderliche theoretische Hintergrundwissen vermittelt.
Den Dozenten, überwiegend aus dem Bereich der musikalischen
Früherziehung der Musikschulen, ließ das Konzept des
Projektes viele Freiheiten, sowohl in der Ausgestaltung der einzelnen
Module und der Art der Abschlussprüfung als auch in der zeitlichen
Struktur der Fortbildung, um eine optimale Anpassung an den jeweiligen
Teilnehmerkreis zu ermöglichen.
Foto:
Bertelsmann-Stiftung
Auf der Abschlusstagung, unterstützt durch die Bundesakademie
für kulturelle Bildung Wolfenbüttel, trafen sich noch
einmal circa 160 der am Projekt Beteiligten, teils um in Workshops
bei namhaften Dozenten weitere Impulse für ihre Arbeit zu
erhalten (Robert Göstl, Antje Körner, Ulrich Moritz und
Prof. Barbara Stiller fanden sich dazu bereit), teils um ein Resumee
des Projektes zu ziehen. Gleichzeitig wurden die Ergebnisse der
zwei, das Projekt begleitenden Evaluationsstudien veröffentlicht.
Was hat die Fortbildung gebracht?
Bereits zuvor wurde in den jeweiligen Kindertagesstätten musiziert
und gesungen, mehr als drei Viertel der Teilnehmerinnen besaßen
eine musikalische Vorbildung, konnten Noten lesen oder hatten ein
Instrument erlernt. Durch die Fortbildung änderte sich die
Quantität musikalischer Aktivitäten in den Tagesstätten
nur wenig, umso mehr jedoch ihre Qualität. „Ich bin
mir viel sicherer geworden, wie ich an Musiksachen herangehe, so
dass ich merke, dass sie auch den Kindern Spaß machen und
dass dann die Kinder auch Lust bekommen.“, berichtet eine
Teilnehmerin; „Man geht mehr an die Sache ran, ohne viel
zu erklären, zu erzählen. Man macht einfach.“,
eine andere. Diese neue Sicherheit im methodischen Vorgehen, im
Umgang mit Instrumenten und nicht zuletzt der eigenen Stimme wurde
von vielen Teilnehmerinnen hervorgehoben.
Die veränderte Haltung Musik gegenüber wirkte sich
positiv auf das eigenständige Musizieren der Kinder aus. Die
Evaluation des Instituts für Entwicklungspsychologie der TU
Braunschweig unter der Leitung von Prof. W. Deutsch konnte eine
deutliche Zunahme
gemeinsamer, auch selbst initiierter musikalischer Aktivitäten
nachweisen. In vielen Tagesstätten gaben die Teilnehmerinnen
zudem ihr Wissen an Kolleginnen weiter und wirkten als Multiplikatorinnen.
Die Dozenten empfanden die inhaltliche Offenheit des Curriculums
als sehr positiv, bemängelten jedoch dessen zu großen
Umfang. In enger Zusammenarbeit mit Entwicklern und Teilnehmern
der Fortbildung wurde daher das Lehrwerk überarbeitet, ergänzt
und gestrafft.
Etliche der Teilnehmer wünschen sich auch über das Ende
der Fortbildung hinaus eine Begleitung ihrer musikalischen Arbeit,
sodass auch hier neue Aufgabenfelder für die Musikschulen
entstehen können. Bei dem Schritt zur Erwachsenenbildung benötigen
die Dozenten jedoch Unterstützung, um ihr Wissen und ihre
Erfahrung optimal weitergeben zu können. Diese hat im abgeschlossenen
Projekt leider so gut wie nicht stattgefunden.
Die anwesenden Vertreter der Musikschulen und Volkshochschulen
berichteten über eine durchweg sehr gute und befruchtende
Zusammenarbeit, bedauerlicherweise gab es in dem Projekt aber auch
Kooperationsverbünde, die sich im Gerangel um Zuständigkeiten,
Prestigefragen und nicht zuletzt finanziellen Belangen aufrieben
und zerbrachen.
Einig waren sich alle Teilnehmer der Fachtagung, dass die erfolgreiche
Fortbildung „Kita macht Musik“ im Interesse der Kinder
und der Musik in Niedersachsen weitergeführt werden muss.
Hamburg hat das Projekt bereits übernommen, Nordrhein-Westfalen
und Brandenburg werden im Herbst dieses Jahres folgen. Wenn sich
die Bertelsmann-Stiftung nun aus der Förderung in Niedersachsen
zurückzieht, braucht dieses wichtige Projekt landeseigene
Partner und Förderer, um weiterhin lebensfähig zu bleiben.
Daneben darf auch nicht vergessen werden, dass in der grundständigen
Ausbildung zur Erzieherin beziehungsweise zum Erzieher immer noch
erhebliche Defizite im Bereich der Musikerziehung, insbesondere
beim Singen mit Kindern, bestehen. Ein freiwilliges Projekt, dessen
Teilnahme die Erzieherinnen zu großen Teilen selbst finanzieren,
kann dafür kein Ersatz sein.