nmz 2007/06 | Seite 24
56. Jahrgang | Juni
Musikbildung
Chorpraxis Jazz, Rock, Pop und Gospel
Neuer berufsbegleitender
Lehrgang an der Bundesakademie für
kulturelle Bildung Wolfenbüttel
Erster berufsbegleitender Lehrgang Jazz- und Popchorleitung
Die Chorlandschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel.
Neben Kantorei, Traditionschöre und Gesangsvereine mit einem
an Volksmusik oder Klassik orientierten Liedgut treten immer mehr
junge Chöre mit populärem Repertoire und neuen Präsentationsformen.
Diese Veränderung ist deutlich am Deutschen Chorwettbewerb
abzulesen: Die Sparte „Jazz- und Popchor“ boomt. Dennoch
fehlt es weitgehend an Möglichkeiten, sich für diese
Sparte fundiert weiterzuqualifizieren. Und das, obwohl Jazz- und
Popchor eine große Chance für die musikalische Bildung
bergen.
Motivation für „verlorene“ Generationen
Bislang hat die Musikpädagogik auf den Verlust des Singens
in unserer Gesellschaft vornehmlich mit besonderen Initiativen
und Fördermaßnahmen für Jüngere und Jüngste
reagiert. Auch die Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel
bietet neben dem „großen“ Lehrgang „Kinderchorleitung
der Stufe B“ ein breites Fortbildungs-angebot für das
Singen mit Kindern (Chorklassenleitung, Fortbildung von Neigungslehrkräften
an Grundschulen, Multiplikatorenseminare für die Anleitung
von Erzieherinnen, FELIX-Berater etc.).
Diese Angebote zielen auf
eine Singförderung im prägenden
ersten Lebensjahrzehnt. Jugendliche hingegen sind mit dem hierzu
geeigneten Repertoire an Bewegungs-, Tanz- oder Jahreszeitliedern
in der Regel kaum noch zu erreichen. Für sie wäre ein
gänzlich anderes Repertoire erforderlich. Ähnliches gilt
für die von den traditionellen Chö-ren heiß umworbenen „jungen“ Erwachsenen,
die sich nur schwer für ein Singen im Verein begeistern lassen.
Auch hier spielt oftmals das Repertoire eine zentrale Rolle. Für
beide Altersgruppen ist die Einbeziehung von Popmusik als Motivationsquelle
kaum zu überschätzen. Und wird diese ernst genommen und
nicht als Anbiederung, Zugeständnis oder Kurzausflug ins vermeintlich
leichte Fach betrieben, so finden auch Mitglieder der „verlorenen“ Generationen
zum Chor und zu ihrer Stimme.
Überfällige Ergänzung
Aus diesen Gründen bereitet die Bundesakademie Wolfenbüttel
für den Herbst 2007 eine Erweiterung ihres Fortbildungsangebots
vor. Dann wird die Palette der bereits bestehenden Lehrgänge
für Chorleiterinnen und Chorleiter um die Sparte „Jazz-
und Popchorleitung“ ergänzt. Wie in den bereits seit
vielen Jahren erfolgreich durchgeführten Lehrgängen „Chorleitung
der Stufe B“ und „Kinderchorleitung der Stufe B“ ist
auch der neue auf zwei Jahre angelegt: In sechs Akademiephasen à fünf
Tagen und über umfangreiche begleitende Aufgabenstellungen
werden die Teilnehmenden bis zu einer abschließenden Prüfung
geführt, die bei Erfolg mit einem Zertifikat bescheinigt wird.
Als fördernder Partner fungiert auch hier die Arbeitsgemeinschaft
Deutscher Chorverbände (ADC), die auch die beiden übrigen
Lehrgänge mitträgt.
Das Qualifizierungsmodell „Berufsbegleitender Lehrgang“
Die
berufsbegleitenden Lehrgänge der Bundesakademie fußen
auf einem ausdifferenzierten Fort- und Weiterbildungsnetz aus regionalen
Angeboten und weiterführenden Kursen auf Landesebene. Die
darauf aufbauenden berufsbegleitenden Lehrgänge der Bundesakademien
bieten die bundesweit höchste Qualifizierung für Laienchorleiter.
Daneben werden sie von studierten Musikerinnen und Musikern zur
beruflichen Professionalisierung in den jeweiligen Schwerpunktbereichen
genutzt – etwa dann, wenn das entsprechende Fach im Studium
zu kurz kam oder sich erst in der Berufspraxis als neuer Arbeitsbereich
erschloss.
Besonderheiten des Gegenstands
Jazz, Rock, Pop und Gospel sind Musikformen, die über eigenständige
Gesangstechniken, Formen des Zusammenspiels, der Musiktheorie und
der Vermittlung verfügen. Insbesondere der Parameter Rhythmus
spielt eine herausragende Rolle. Das Anleiten von Chören verlangt
weiterhin nicht zwingend ein klassisches Dirigat. Umgekehrt ist
der Umgang mit Tontechnik und anderen Medien selbstverständlich.
Jazz und populäre Musik stellen somit an die Chorpraxis und
den Chorleiter also gänzlich andere Anforderungen. Entsprechend
wurden die Kursinhalte ausgewählt: Stimme und Chorklang (Gesangstechniken
und Phrasierungen in Einzel- wie chorischer Stimmbildung, Vocal
Percussion), Probenmethodik (Umgang mit chorpraktischen Schwierigkeiten,
Probenplanung und -dramaturgie, Arbeit mit und ohne Noten), Anleitung
(klassisches Dirigat und seine Substitute), Theorie und Praxis
populärer Musik (Transkribieren, funktionales Hören,
Blattsingen, Intonation, Harmonielehre, Rhythmus-Timing-Groove,
Stilkunde, Arrangement, Improvisation), Klavierspiel, Jazz- und
Popchor auf der Bühne (Programmgestaltung, Präsentation,
Choreographie, Tontechnik) sowie Repertoirekunde.
Markus Lüdke
Termine
1. Phase: 3.–7. Oktober 2007
2. Phase: 6.–10. Februar 2008
3. Phase: 21.–25. Mai 2008
4. Phase: 29. Okt.–2. Nov. 2008
5.–6. Phase: 1. Jahreshälfte 2009
Weitere Informationen:
Bundesakademie für kulturelle Bildung Wolfenbüttel
Programmbereich Musik
Schlossplatz 13 , 38304 Wolfenbüttel
Tel.: 05331/808-417
E-Mail: post@bundesakademie.de
Internet: www.bundesakademie.de