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nmz-archiv
nmz 2007/06 | Seite 43
56. Jahrgang | Juni
Rezensionen-CD
Der Alte, die Kultband und die Schöne
Neuerscheinungen aus dem populären Genre
Eine Kultband aus UK – sie finden immerhin den Weg in den
lobenden Mund von Oasis Rüpel Noel Gallagher – bahnt
sich den Weg mit dem Album „Baby 81“ in den Sommer:
Der Black Rebel Motorcycle Club nämlich. Die Freude ist groß,
allerdings auch getrübt. Denn: An das Vorgänger-Album „Howl“ reicht
diese Platte nicht ran. Vorbei die schwelgerischen Soul-,
Blues- und Gospelspäne. „Baby 81“ wurde anders
geschnitzt. Und zwar mit der groben Feile. Fuzzgitarren, die an
Umweltverschmutzung grenzen, brüllende Nummern, deren Refrain
alles überdeckt und oft Düsternis, deren heller Ausgang
verborgen bleibt. Das ist Britrock aus der Steinzeit. Und zwar
exzellenter. Die Motorrad-Posse kann auch anderes. Wir vernehmen
es wohlwollend (www.blackrebelmotorcycleclub.com).
Rex Garfield (Mann) und Ste Rasch (Frau) sind Green Pitch. Kein
spektakulärer Name, aber was für ein Album! Das dänische
Duo verdingt sich im Songwriter Genre. Da tröpfeln die Songs
mal behände langsam als Depressions-Infusion, da rockt es
auch mal mit der üblichen Akustikgitarren-Referenz im Hintergrund.
Stets bestechend: der Zwiegesang der beiden Pro-tagonisten. Immer
in Moll, aber doch fröhlich genug, um Folk-Pop-Rock-Zugeständnisse
aufrecht zu erhalten. Unglaubliches, was die beiden da abliefern.
Großes Gefühlskino und pochende Herzen sind garantiert
(www.greenpitchmusic.com).
Michael Weston King, einer der besten Songwriter der UK-Insel,
gilt vielleicht hier zu Lande als Geheimtipp. Müsste nicht
sein, denn „A new kind of Loneliness“ ist ein Songwriteralbum
bester Güte. MWK kann rocken, ist sich aber auch nicht zu
schade, das Banjo auszupacken und den Folk/Country-Hammer anzustimmen.
Das gesamte Songmaterial ist schwer insel-verhaftet, nie durfte
man besser träumen, in einem britischen Hafen-Pub zu sitzen,
auf die Küste zu blicken und schales Bier zu trinken. Ein
Album, das Originalität lebt und liebt. Inselkoller möglich
(www.michaelwestonking.com).
Da zeigt doch mal die Kubanerin Mayra Veronica der Jennifer Lopez,
was ein richtiges Album ist. So klingt zeitgemäßer Salsa:
Unaufgeblasen, echt und romantisch. Singen kann die gute wie hübsche
Mayra Veronica ohne Frage. Aber würzen noch besser. Denn dass
Popmusik nicht immer bieder sein muss, wenn lateinamerikanische
Wurzeln im Spiel sind, lässt sich vortrefflich auf ihrem Debütalbum
hören. Zwischen Pop und Salsa passt bei ihr immer noch ein
Löffel Merengue, Reggae, Cha Cha oder Kuba. Dass sie nebenbei
noch vom FHM Magazin zum dritten Mal unter die „100 sexiest
Women of the World“ gewählt wurde, dürfte der Karriere
nicht gerade schädlich sein. Mahlzeit (www.beatcat.com).
Irgendetwas scheint an dem Gerücht dran zu sein, dass der
Rock ein Revival feiert. Wie sonst könnte eine französische
Band in den Focus der suchenden Rockindustrie gelangen? Geholfen
hat der Band The Film sicher die Unterlegung des Peugeot-Werbespots
mit einem ihrer Songs („Can you touch me“). Trotzdem
ist der Rest des Albums mehr als hörbar. Retrorock, der um
modernen Groove und Effektmomente bereichert wird und sein Heil
zu Recht in dünnen aber bestimmenden Gitarrenriffs findet.
Zwangloses und glückliches Album (www.thefilm-music.com).
Den Cougar haben wir schon lange aus seinem Namen gestrichen.
Aber was Americana ist, weiß uns John Mellencamp mit „Freedom’s
road“ zu belegen. Der Songwriter rockt in seiner unnachahmlichen
Art. Ein bisschen Springsteen, ein wenig Mellencamp, ein Pfund
Neil Young. Nebenbei liefert er uns seine textlichen Ansichten
zum Zustand der amerikanischen Nation, Gesellschaft und Gefühlslage.
Portraitiert mit Akustikgitarren, Soul-chören, Bluesriffs
und glasigen Hammondorgeln. Auch wenn sein letztes Album bereits
fünf Jahre zurückliegt, scheint John Mellencamp wieder
voll ins Schwarze zu treffen. Da singt dann freilich auch Joan
Baez gerne ein bedrückendes Duett namens „Jim Crow“ mit
John Mellencamp. Unzähmbar, der Alte (www.mellencamp.com).
Sven Ferchow
Diskographie
Black Rebel Motorcycle Club – Baby 81
(Mai 2007, Universal)
Green Pitch – Ace of Hearts
(Juni 2007, Ryko )
Michael Weston King – A new kind of Loneliness
(Mai 2007, Floating World)
Mayra Veronica – Vengo Con To
(Juni 2007, Beat Cat)
The Film – The Film
(Mai 2007, Atmospheriques)
John Mellencamp – Freedom’s road (Mai 2007, Universal)