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nmz-archiv
nmz 2007/06 | Seite 34
56. Jahrgang | Juni
Bayerischer Kulturrat
Kreative Kulturpolitik im Föderalismus
Zu einer Podiumsdiskussion mit Walter Heun in München
Im Rahmen einer Gastspielreihe von Schweizer Choreographen und
Performance-Künstler („Hopp Schwyz“) in der Muffathalle
und im i-camp in München fand unter dem Titel „Kreative
Kulturpolitik im Föderalismus“ eine Podiumsdiskussion
statt, die mit Walter Heun (Diskussionsleitung; Gründer von „Joint
Adventures“; Projektleiter des Nationalen Performance Netzes),
Dr. Andrew Holland (Leiter der Abteilung Tanz der Schweizer Kulturstiftung
Pro Helvetia), Prof. Dr. Inka Stampfl (Präsidentin des Bayerischen
Kulturrats) und Thomas Niederbühl (Stadtrat München,
Mitglied des Kulturausschusses) hochkarätig besetzt war.
Zu Beginn der Diskussion ging Dr. Andrew Holland auf das „Projekt
Tanz“, ein neues Förderkonzept für den Schweizer
Tanz ein, was sich wie folgt darstellt: 2002 lancierten „Pro
Helvetia“ und das Bundesamt für Kultur das Projekt Tanz,
um gemeinsam mit den Städten, Kantonen, Verbänden und
Tanzschaffenden ein umfassendes Konzept für die Tanzförderung
in der Schweiz zu entwickeln. Im Zentrum stand die berufliche Laufbahn
der beteiligten Künstlerinnen und Künstler in allen Phasen.
Ausgehend von den Bedürfnissen der Sparte sollten dabei sämtliche
Aspekte des professionellen Schaffens berücksichtigt werden:
Von der Aus- und Weiterbildung über die Erarbeitung choreographischer
Werke und deren Verbreitung bis zur Umschulung. Darüber hinaus
waren aber auch Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen
für den Tanz, dessen Erforschung, Wahrung, Vermittlung und
gesellschaftlichen Anerkennung vorgesehen. Zu Beginn des Projekts
Tanz wurde zur Bestandesaufnahme das Grundlagenpapier „Tanzförderung
Schweiz“ erarbeitet.
Dieses wurde am 25. Juni 2003 der Tanzszene vorgelegt und aufgrund
von deren Anregungen überarbeitet. Gemeinsam mit dem Projektteam
beteiligten sich anschließend insgesamt über 100 Vertreterinnen
und Vertreter der Tanzszene, der Verbände, der Städte,
Kantone und des Bundes an einzelnen Teilkonzepten. In verschiedenen
Bereichen wurden Arbeitsgruppen gebildet (Produktion/Diffusion,
Infrastruktur, Umschulung), in der Ausbildung wurde eng mit einer
bereits bestehenden Arbeitsgruppe und bei den Themen „Vermittlung“, „institutionelle
Ensembles“ und „Wahrung“ mit externen Expertinnen
und Experten zusammengearbeitet. Parallel zu den Konzeptarbeiten
konnten aber auch schon in einigen Bereichen erste konkrete Maßnahmen
getroffen werden, wie zum Beispiel die Einführung der kooperativen
Fördervereinbarungen. In der anschließenden Diskussion
wurde hervorgehoben, dass sich die Verhältnisse in der Schweiz
nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragen lassen, da
unter anderem die Schweiz eine Bevölkerungszahl aufweist,
die lediglich etwas mehr als der Hälfte Bayerns entspricht.
Zudem ist in Deutschland Kulturförderung eine Angelegenheit
von Ländern und Städten.
Nur im Rahmen einer Verfassungsänderung könnte die Kulturförderung
durch den Bund geregelt werden. Inzwischen gibt es zumindest ein
Pilotprojekt Tanz auf nationaler Ebene mit dem Ziel der Wahrung
der Qualität, der Verbreitung und der Verbesserung der Arbeitsbedingungen
und Mindestlöhne, was sich wiederum positiv auf die Gewährung
eines Umschulungsgeldes bei Berufsunfähigkeit auswirken würde. Übereinstimmend
wurde festgestellt, dass Qualität in Bayern und Deutschland
vorhanden sei, in den letzten Jahren aber ein sukzessiver Abbau
der Förderung beziehungsweise statt institutioneller, länderübergreifender
Förderung nur noch eine punktuelle Projektförderung stattfinde.
Um eine nachhaltige Verbesserung der Situation zu erreichen müssten
daher nicht nur die finanziellen Mittel aufgestockt werden, sondern
es müssten mit diesen Mitteln durch länderübergreifende
Zusammenarbeit werterhöhende Synergieeffekte erzielt werden.
All diese Ziele müssten letztendlich den politischen Entscheidungsträgern
und -gremien in adäquater und überzeugender Weise dargelegt
werden.