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nmz-archiv
nmz 2007/06 | Seite 29
56. Jahrgang | Juni
Jeunesses Musicales Deutschland
Jugendorchester Baden-Baden feiert Goldenes
Seit fast 40 Jahren Mitglied in der Jeunesses Musicales
Es begann als studentische Initiative: Seit Frühjahr 1957
studierte Norbert Nohe an der Musikhochschule Karlsruhe Dirigieren.
Um nicht alle möglichen Stücke nur für den Klavierrepetitor
dirigeren zu müssen, kam die Idee auf, ein Jugendorchester
zu gründen. Schnell waren Mitstreiter mit den Geigern Dieter
Baal und Uwe Blaurock, dem Oboisten Karl Nagel und dem Cellisten
Karl Holfelder gefunden.
Die erste Probe fand am 17. Juni 1957 statt. Man begann mit Barockmusik
und traf sich anfangs in Privatwohnungen, die groß genug
waren, bevor man im neu gegründeten Haus der Jugend unterkam.
Für das erste Konzert, das im Frühjahr 1958 dort stattfand,
spendierte das Forstamt Baden-Baden einen Baum, aus dessen Brettern
man ein Podium baute, das aufzubauen zwei Tage dauerte. Die Finanzmittel
des Orchesters waren gleich null, und man musste aus privaten Quellen
jedwede Ausgaben bestreiten. Bald gab es immerhin einige Spender,
so dass man nur noch jede Mark, nicht mehr jeden Pfennig umdrehen
musste. Bis heute erhält das Jugendorchester Baden-Baden keinerlei
Zuschüsse und muss sich „selbst ernähren“.
Durch die Konzerte um den Jahreswechsel kann jedoch der Haushalt
jedes Mal ausgeglichen werden. Seit drei Jahren gibt es auf Initiative
des Sparkassendirektors Eduard Freudl einen Förderverein Jugendorchester
Baden-Baden, der für das Orchester auch Geldmittel besonders
zum Notenkauf zur Verfügung stellt.
1963 übernahm Karl Nagel das Jugendorchester Baden-Baden.
Bei zahlreichen Dirigierkursen am Mozarteum in Salzburg bei damals
prominenten Dirigenten wie Lovro von Matacic oder Hermann Scherchen
holte er sich wertvolle Anregungen, besonders bei den immer in
der letzten Woche stattfindenden Gastdirigierkursen mit Herbert
von Karajan. Die Proben fanden inzwischen in Räumen des Baden-Badener
Kurhauses statt, wo der frühere Kurhausinspektor Dorner-Müller
dem Orchester sehr gewogen war. Alle Konzerte konnten kostenfrei
im damaligen „Gartensaal“ des Kurhauses stattfinden,
auch der Flügel wurde kostenfrei gestimmt, und für weibliche
Solisten stand immer ein Blumenstrauß zur Verfügung.
Das entfiel alles, als 1994 die Kurverwaltung städtisch wurde.
Schon viel früher machte das Orchester seine Proben in der
Aula des Gymnasiums Hohenbaden, wo Karl Nagel 25 Jahre lang Nebenlehrer
war. Er leitete jahrelang auch das auch bei gelegentlichem Nachwuchsmangel
stets einsatzbereite Schulorchester, von dessen Musikern viele
später zum Jugendorchester überwechselten. Nachdem Nagel
Ballettkorrepetitor am Theater Mainz geworden war, mussten die
Proben an den ballettfreien Wochenendvormittagen stattfinden. Seit
1964 spielte das Orchester am 26. Dezember Barockkonzerte in der
Altkatholischen Spitalkirche. Die Zahl der Konzerte in Altenheimen,
Rehakliniken und auch auswärts wurden im Lauf der Jahre enorm
gesteigert. 2006 gab es zehn Barockkonzerte mit oft sieben Solisten,
bei denen auch Orchestermitglieder solistisch auftreten. Ab 1968
fanden im Innenhof des Neuen Schlosses mit Genehmigung der königlichen
Hoheit bestens besuchte Serenaden hauptsächlich mit Werken
von Mozart statt. Seit 1986 spielte das Orchester jedes Jahr für
die Mozartgesellschaft Schwetzingen das Neujahrskonzert, wo es
von seinem treuen Publikum jedes Jahr herzlich gefeiert wird. Etwa
zur selben Zeit gab es Silvesterkonzerte mit Werken von Johann
Strauß, Franz von Suppé und anderen Komponisten, und
die Stadtsparkasse Baden-Baden und auch die Volksbank Baden-Baden
Rastatt laden das Orchester immer am 6. Januar zu je einem Kundenkonzert
mit unterschiedlichen Programmen ein. Die Stadtsparkasse produziert
seit 1995 jeweils eine CD von diesen Konzerten. Seit 1978 studiert
das Orchester regelmäßig auch große Werke ein,
wobei der Probenaufwand oftmals bis zu zwölf Stunden am Tag
gehen kann. Eines der Ergebnisse dieses Engagements: Mittlerweile
spielen elf Musiker aus dem Orchester seit vielen Jahren in deutschen
Berufsorchestern.
Im Jahr 2001 musizierte das Orchester zusammen mit Hilary Hahn
das Violinkonzert von Brahms. Mit Nicolay Znaider spielte man im
Sommer 2003 nach intensiven Proben das Violinkonzert von Tschaikowsky.
So spielen seit vielen Jahren immer wieder junge Profisolisten
mit dem Orchester unter der Bedingung, dass sie das Stück
noch nicht zuvor mit Orchester gespielt haben. Die Pianistin Ewa
Kupiec spielte so zwei Werke erstmals mit dem Orchester, ebenso
die Geigerinnen Mirijam Contzen, Arabella Steinbacher und Viviane
Hagner. Auf diese Weise fördert das Baden-Badener Jugendorchester
auch Hochschulabsolventen, indem es ihnen gründliche Bühnenerfahrung
und Sicherheit im Auftritt mit Orchester vermittelt.
Alle jemals gespielten Konzerte sind auf Tonträgern dokumentiert.
Die frühen Aufnahmen wurden vom Ring der Tonbandfreunde, Werner
Grabinger, die neueren Aufnahmen von Frank Wild, ehemals Tonmeister
beim Südwest-Rundfunk erstellt. Die Aufnahmen beim Festkonzert
der Stadtsparkasse macht seit 1995 Werner Grabinger. Wenn das Orchester
zu seinem 50-jährigen Jubiläum am 17. Juni um 11.00 Uhr
im Weinbrennersaal mit der Münchner Geigerin Mira Tujakbajewa
das Violinkonzert D-Dur von Mozart und anschließend die 1.
Sinfonie von Gustav Mahler spielt, wird erneut ein Zeichen für
die hohe Qualität des Orchesters gesetzt.