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nmz-archiv
nmz 2008/06 | Seite 7
57. Jahrgang | Juni
Cluster
Ohrkrepierer
Vor ein paar Wochen startete eine Initiative von „Gesicht
Zeigen! für ein weltoffenes Deutschland“, den Internetportalen „Mut
gegen rechte Gewalt“ und „blick nach rechts“,
dem „jüdischen Museum Berlin“ und der „deutschen
Musikindustrie“. Es handelte sich um eine CD mit dem Titel „DEMO-TAPE,
Starke Stimmen gegen rechts“. Mit auf dieser Sammlung vertreten:
Silbermond, Keimzeit, Jan Delay, Die Toten Hosen, Sportfreunde
Stiller. Eine CD, die nicht im Handel erhältlich ist, die
man jedoch in hohen Auflagen zum Verteilen kostenlos ordern konnte.
Hinter der Aktion stand als Idee etwas wie eine umgedrehte Schulhof-CD,
nur eben nicht von Rechts, sondern gegen Rechts. Aber nicht unbedingt
von Links oder von der Mitte aus, sondern eher aus der Tiefe des
Raumes, des horror vacui um genau zu sein. Denn außerhalb
dieses Verbreitungsweges hört man wenig bis gar nichts von
den Titeln der CD. Keine Chartbreaker dabei, ja, nicht einmal in
Tauschbörsen, nicht mal in den illegalen oder den ganz illegalen
wird diese Musik getauscht. Erlaubt wäre dies sowieso nicht,
das Tauschen nämlich, obwohl es eigentlich ja gewünscht
wäre, der Idee nach. Damit geht die Abschreckungstaktik der
Musikindustrie auf, Tauschbörsennutzer in Angst und Schrecken
zu versetzen. Anfragen zu solchen Themen will man in der Kommunikationsetage
der Musikindustrie allerdings so wenig beantworten wie andere Fragen
zu ihrem „pädagogischen“ Engagement.
So bleibt nur die Frage, wo sind neben meinem Exemplar die 49.999
anderen CDs eigentlich geblieben? Mobile-Schmuck für die Feuerwehren-Einrichtungen,
Tassenuntersetzer für Tussi-Tupper-Parties? Oder sind sie
in den Demokratie-Export nach Afghanistan gegangen?
Vielleicht gilt auch nur das alte Sprichwort „Was nix kost‘ ist
auch nix wert“.