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nmz-archiv
nmz 2008/06 | Seite 12-13
57. Jahrgang | Juni
Kulturpolitik
Transparenz und kulturelle Verantwortung
Die Empfehlungen der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ zum
Urheberrecht
Nachdem die neue musikzeitung die Serie mit Kommentaren zum Schlussbericht
der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ mit
den Themen „Tarif- und arbeitsrechtliche Situation der Künstler
und Kulturberufe“ (März 2008) und „Kulturelle
Bildung“ (im Mai 2008) begann, setzt die Redaktion die Reihe
mit dem Themenkomplex „Urheberrecht“ fort. Auf den
folgenden Seiten nehmen Fachleute aus Urheberrechtsgesellschaften
und Verbänden Stellung zu den Empfehlungen der Kommission.
Eine empfindliche inhaltliche Lücke schlägt der Verzicht
der GEMA auf einen Beitrag. Bettina Müller, Pressesprecherin
der Verwertungsgesellschaft, verwies auf eine noch abzuwartende
gemeinsame Erklärung von GEMA-Vorstandsvorsitzendem Harald
Heker und Bundeskulturminister Bernd Neumann am 19. Juni in Berlin.
An diesem Termin will die GEMA-Spitze sich sowohl zu den Enquete-Empfehlungen äußern,
als auch zum lange erwarteten Gema-Kulturprogramm. Die nmz wird
in der folgenden Ausgabe berichten.
Kapitel 4.3.3 Urheber- und Leistungsschutzrechte
C) Handlungsempfehlungen (in Auszügen)
1. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag, die
Interessen der Rechteinhaber in den Mittelpunkt von Gesetzesänderungen
im Urheberrecht zu stellen. Das Urheberrecht soll ihnen die verfassungsmäßig
garantierte angemessene Vergütung ermöglichen. Dieses
Recht darf durch die Interessen von anderen Wirtschaftszweigen,
wie der Geräteindustrie, nicht außer Kraft gesetzt werden.
2. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag und
der Bundesregierung, erneut zu prüfen, mit welchen Regelungen
und Maßnahmen im Urhebervertragsrecht eine angemessene, an
die wirtschaftlichen Verhältnisse angepasste Vergütung
für alle Urheber und ausübenden Künstler erreicht
werden kann, da die bisherigen Regelungen im Urhebervertragsgesetz
unzureichend sind.
Kapitel 4.3.4 Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten
C)
Handlungsempfehlungen (in Auszügen)
1. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag und
der Bundesregierung, das System der kollektiven Rechtewahrnehmung
durch Verwertungsgesellschaften als wichtiges Element auch zur
Sicherung der kulturellen Vielfalt aufrechtzuerhalten und zu verteidigen.
2. Die Enquete-Kommission empfiehlt der Bundesregierung, sich auf
europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Empfehlung
der EU-Kommission vom 18. Oktober 2005 über „die länderübergreifende
kollektive Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten,
die für Online-Musikdienste benötigt werden“ nicht
weiter verfolgt wird. Die Bundesregierung sollte dabei die besonderen
sozialen und kulturellen Leistungen der Verwertungsgesellschaften
in der u Diskussion betonen. Dem anerkennenswerten Bedürfnis
der Nutzerseite, an jedem Ort in Europa europaweite Lizenzen erwerben
zu können, sollte durch eine Realisierung der „Option
2“, also einem Geflecht von Gegenseitigkeitsverträgen,
genügt werden.
3. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag, den
Verwertungsgesellschaften gesetzlich zu untersagen, als Inkassounternehmen
für kommerzielle Unternehmen tätig zu werden, die auch
als Berechtigte dieser Verwertungsgesellschaften qualifiziert wären …
4. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag, die
Verwertungsgesellschaften gesetzlich zu verpflichten, Inhalt und
Durchführung der Gegenseitigkeitsverträge der allgemeinen Öffentlichkeit
zugänglich zu machen.
5. Die Enquete-Kommission empfiehlt den Verwertungsgesellschaften,
ihren durch das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz begründeten
Verpflichtungen zur Transparenz stärker als bisher nachzukommen
und dabei insbesondere auf die Erfüllung der sozialen und kulturellen
Zwecke einzugehen.
6. Die Enquete-Kommission empfiehlt der Aufsichtsbehörde, die
Höhe der Verwaltungskosten bei den Verwertungsgesellschaften
regelmäßig zu prüfen.
7. Die Enquete-Kommission empfiehlt den Verwertungsgesellschaften,
die umfassende Repräsentanz aller Wahrnehmungsberechtigten,
die an der Wertschöpfung tatsächlich beteiligt sind, in
den entscheidungserheblichen Gremien, besonders bei der Verteilung,
sicherzustellen …
9. Die Enquete-Kommission empfiehlt der GEMA, bei ihren Abrechnungsmodellen
die besondere Situation der gemeinnützigen Strukturen stärker
zu berücksichtigen.
12. Die Enquete-Kommission empfiehlt dem Deutschen Bundestag und
der Bundesregierung, die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften
deutlich zu stärken.
Kultur in Deutschland. Schlussbericht der Enquete-Kommission … Regensburg,
ConBrio 2008