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Ausgabe 2008/06
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nmz 2008/06 | Seite 39
57. Jahrgang | Juni
Rezensionen-CD

Der Sound des Jazz

Nils Wogram: Root 70 on 52nd1/4 Street
Intuition INT 3425 2

Vor neun Jahren fanden sie sich an der Kölner Musikhochschule zur Band zusammen: Posaunist Nils Wogram, Altsaxophonist Hayden Chisholm, Bassist Matt Penman und Schlagzeuger Jochen Rückert. Unter dem Namen Root 70 spielen sie noch heute zusammen, für Wogram gehört seine Working Band nach wie vor zu seinem wichtigsten Ausdrucksmittel.
Der Posaunist ist niemals in die Gefahr geraten, sich auf seiner atemberaubenden Virtuosität auszuruhen. Hochleistungsjazz auf einem eher randständigen Soloinstrument wie der Posaune ist nur eine Seite seines Künstlertums. Wograms Musikstücke leben von mehr als vom Einfall, sie sind Konzeptkunst und deshalb begleitet er sie in allen Phasen ihrer Entstehung, bis hin zum Konzert oder zur Produktion des Tonträgers sehr dezidiert.

Die Neue von Root 70, deren musikalische Wurzeln im guten alten Bebop liegen, sollte auch so klingen wie die Musik dieser Epoche. Die Columbia Recordings der 50er-Jahre waren demnach Wograms Soundvorbild, erreicht hat er es durch aufwändige Rekonstruktionen von Studiosituationen in den ehemaligen DDR-Studios Nalepastraße in Berlin sowie durch die Verwendung alter Telefunken- und Neumann-Mikrophone. Auch die Aufnahmetechnik war an die der 50er-Jahre angepasst. Dazu sagt Wogram mehr im Booklet, uns interessiert hier weniger, wie er seinen Sound im Einzelnen erreicht, sondern sein konzeptionelles Denken. Bebop-Wurzeln ja, doch kein Retrojazz: Wogram nahm sich als Arbeitsgrundlage Akkordfolgen alter Broadwaystücke, deren Melodien aber so gut wie nie zu hören sind. Die komponiert Wogram nämlich neu: Er unterteilt die Tonleiter statt in 12 Halbtöne in 24 Vierteltöne und bereichert die Welt der Vierteltonmusik, deren wichtigster Verfechter der tschechische Komponist Alois Habá war, um eine Jazzvariante. Schlagzeug und Bass grooven im gewohnten Bereich, das Altsaxophon und die Posaune spielen Viertelton­skalen. Was dabei herauskommt sind keine falschen Töne, sondern Schwebungen, Irritationen und einfach schöne neue Melodien, die aus wesentlich mehr Tonmaterial gebildet werden können als bisher.

Die ventillose Posaune und auch das Saxophon mit seiner individuellen Tonbildung sind geeignet für diese Spielweise. Dass Wogram seine neue Harmonielehre nicht aus reinem Überdruss des „Alles-schon-einmal-gespielt-habens“ oder des Übermuts des Alleskönners heraus erfunden hat, zeigt ein Klang-Déjá-vu-Erlebnis: Manchmal glaubt man, die Working Band von Charles Mingus im Ohr zu haben – und man begreift, dass Jazz schon immer diesen besonderen Sound besaß, renitent gegen die Harmonielehre der Sklavenhalter: dirty, blue, crying. Nils Wogram hat als erster diese Klangauffassung konsequent durchkomponiert. Ein musikalischer Spaß, dem jede Oberflächlichkeit abgeht und der zeigt, wie Innovation und Tradition nur zwei Seiten derselben Medaille sind.

Andreas Kolb

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