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nmz-archiv
nmz 2008/06 | Seite 32
57. Jahrgang | Juni
Bayerischer Kulturrat
Max und Moritz und die Katzenjammer-Kids
Zum 100. Todesjahr Wilhelm Buschs gibt es zwei Ausstellungen
in Erlangen
Zum 100. Todesjahr und als Beigabe zum 13. Internationalen Comic-Salon
Erlangen erinnert das Stadtmuseum Erlangen zeitgleich in zwei Ausstellungen,
die noch bis 03.08.08 dauern, an das Multitalent Wilhelm Busch – also
an den Bild-Erzähler, Dichter, Zeichner und Maler.
Ich wurde geboren 1832 in Wiedensahl. Im Herbst 1847 kam ich auf
die Polytechnische in Hannover. Zu Anfang der fünfziger Jahre
war ich im Antikensaal in Düßeldorf und in der Antwerpener
Malschule. Darauf ging ich nach München, arbeitete für
die Fliegenden [Blätter], zeichnete meine Bilderbogen und
machte mit Max u. Moritz den Anfang der längeren Bildergeschichten.
Daß sie zunächst gezeichnet und dann erst geschrieben
wurden, also die Anschaulichkeit, mag wohl eine von den Ursachen
ihrer weiten Verbreitung sein. Im Verhältniß zu ihnen
haben [die Lyrik- und Prosabände] Kritik des Herzens, Eduards
Traum und der Schmetterling nur bei Wenigen Beifall gefunden. So
gut wie all meine Sachen sind in der Stille von Wiedensahl entstanden.
Seit drei Jahren [1898] wohn ich in Mechtshausen am Harz.“ Hier
starb Busch im Alter von 75 Jahren. Buschs Karriere als humoristischer
Zeichner begann in München im Herbst 1858. Nach drei vergeblichen
Anläufen, akademischer Maler zu werden, lieferte er als Mitarbeiter
der „Fliegenden Blätter“ und „Münchener
Bilderbogen“ des Verlegers Kaspar Braun die erwarteten illustrierten
Witze, gezeichneten Wortspiele, Scherzgedichte und Moritaten-Parodien.
Bald aber gestaltete er mit bemerkenswert zeichnerischer Raffinesse
und treffenden Reimen die zeittypische harmlose Komik zur neuartigen
Bild-Erzählung um. Immer mehr von Buschs unsterblichen Figuren
tauchten in Druckwerken auf: in ebenso anarchisch anmutenden wie
auf gerechten Ausgleich hinwirkenden Handlungskontexten. Berühmt
wurde er mit „Max und Moritz“, „Der hl. Antonius“ und „Die
Fromme Helene“. Nun, bei gesicherter Existenz, publizierte
er statt „Kurzgeschichten“ Bilderromane und Episodenreigen
mit einem feinen Zusammenspiel von Zeichnung und Dichtung. Um 1875
befand er sich auf dem Höhepunkt dieser Kunst und hatte genug
Geld, nur das zu machen, was ihm gefiel. Das Finale dieser 25 Jahre
gab er mit dem verhinderten Dichter „Balduin Bählamm“ und
dem gescheiterten „Maler Klecksel“. Der Ruf des legendären
Humoristen behagte Busch nicht, da er spürte, wie wenig sein
Publikum vom Kern und der Ironie seiner „Konturwesen“ verstand.
Verbarg er auch deshalb sein unabhängiges, malerisches und
zeichnerisches Werk, das ihn 40 Jahre lang beschäftigte?
Im Zentrum der Präsentation des Stadtmuseums steht das Bildergeschichten-Œuvre,
das Busch schon zu Lebzeiten den Ruf eines unvergleichlichen Humoristen
einbrachte. Buschs graphische und poetische Originalität erhob
die unterhaltsamen Illustrationsformen seiner Zeit erst zu einer
Kunstform, weshalb er zurecht als Ideengeber und Vorläufer
der modernen Comic-Kunst gilt. Zu sehen sind ein Querschnitt seiner
frühen Beiträge, seiner großen Erfolge und seines
Spätwerkes. Untersucht werden seine Bildersprache, die Bild-Text-Interaktionen,
die groteske Komik sowie die „Moral“ in seinen „Welt-
und Menschheitssatiren“. Das Augenmerk richtet sich zudem
auf die Persönlichkeit hinter den Geschichten, auf Buschs
Leben und seine Zeit. Präsentiert werden auch einige Beispiele
für das stupende Nebeneinander seiner ebenbürtigen Talente.
Anhand seltener Exponate aus der Frühgeschichte der amerikanischen
Zeitungs-Comics zeigt die Ausstellung, welch großen Einfluss
Buschs Bildergeschichten auf die Etablierung dieses neuen Mediums
um 1900 in den USA hatte – beispielsweise beim großen
Comic-Klassiker „The Katzenjammer-Kids“ von Rudolph
Dirks.
In der Wanderausstellung „Hommage“ aus Hannover zeigen
neun deutsche Comic-Künstlerinnen und -Künstler, was
sie persönlich mit Wilhelm Busch verbindet. Sie eignen sich
seine bekanntesten Charaktere an und gestalten mit diesen – in
ihrem ganz eigenen Stil – neue Comics. Zu sehen sind zum
Beispiel „Max und Moritz“ aus der Feder von Ralf König
oder „Hans Huckebein“ von Ulf K.
Beide Künstler gehören – wie auch die meisten anderen
beteiligten Zeichner – zu den Gewinnern des renommierten „Max
und Moritz“-Preises des Internationalen Comic-Salons Erlangen.
Präsentiert werden außerdem Comics von Martin tom Dieck,
Volker Reiche, Laska, Ulf S. Graupner und Flix. Den Bogen zur jungen
Generation schlagen die Manga-Künstlerinnen Anike Hage und
DuO.
Im Begleitprogramm finden sich folgende Veranstaltungen: „Dass
Irren Sünde, Heimweh dein Gewissen. Der andere Wilhelm Busch“,
Vortrag von Prof. Dr. Gert Ueding, Universität Tübingen
(Donnerstag, 26. Juni, 19.30 Uhr); „Durch die Altstadt zur
Kunst“ (Sonntag, 29. Juni, 11 Uhr Führung); „Finissage
zum Altstadtfest“, Mitmachaktionen für Jung und Alt,
Ausstellungsführungen, Finale mit „Busch aff fränggisch“ von
Günther Stössel, musikalisch umrahmt von „Wulli“ (Sonntag,
3. August 2008, 11 - 17 Uhr). Zudem wird die Ausstellung museumspädagogisch
begleitet (empfohlen für die Fächer Deutsch und Kunst,
Führungen nach Absprache, Tel. 09131/862 408). Weitere Infos:
Stadtmuseum Erlangen, Martin-Luther-Platz 9, 91054 Erlangen, Tel.
09131/862 408 bzw. www.erlangen.de/stadtmuseum.