Zur Konferenz der „International Artist Managers’ Association“ (IAMA)
Wo Künstleragenten und Konzertdirektoren auf Konzerthausbetreiber
und Festivalleiter treffen, geht es ums Geschäft, und das
bedeutete in den letzten Jahren meist etwas Beklagenswertes. Dass
jedoch vom 17. bis zum 19. April mit fast 500 Teilnehmern aus 37
Ländern so viele wie noch nie die 18. Konferenz der „International
Artist Managers’ Association“ (IAMA) besuchten, zeigt
zumindest einen wachsenden Gesprächsbedarf.
Nachdem die klassische Musik als Wirtschaftszweig schon lange
unter Druck steht, scheint die Schockstarre sich allmählich zu lösen:
befreiter als zuletzt, die Stimmung auf den Fluren des Berliner
Konzerthauses bei zahllosen Vier-Augen-Meetings – dem informellen
Kern dieser Netzwerkkonferenz. „Vor zwei, drei Jahren hörte
man noch überall Klagen, mittlerweile herrscht wieder eine
Aufbruchsstimmung“, so Cornelia Schmid, Geschäftsführerin
der gleichnamigen Konzertdirektion und Vorsitzende des Organisationskomitees
der Konferenz, gegenüber der nmz.
Mit der Einladung von Jochen Sandig als „Keynote-Speaker“ wurde
auch gleich nahe gelegt, wohin es aufzubrechen gilt. Aus der Tanzszene
quer einsteigend hat der junge Geschäftsführer sein „Radialsystem
V“, einen flexibel gestaltbaren Veranstaltungsort an der
Spree, unter anderem mit Nachtkonzerten oder Orchester-Choreografien
etabliert. Euphorisch warb Sandig für ein „unternehmerisches
Denken“, welches Kreativ- und Finanzarbeit verzahnt und anstatt
auf Fördergelder lieber auf das innovative Potenzial von Publikum
und Künstlern setzt. Solche kreativen Forderungen fügen
sich ein in Tendenzen des Konzertmarktes. Neben der populären
Starbranche boomen Nischenangebote wie Alte Musik und eben neuartige
Darbietungsformen, etwa auch auf sommerlichen Festivals, deren
Vertreter entsprechend gefragt waren.
Doch mit diesen Entwicklungen fangen die Probleme erst an, wie
sich während der Diskussionsrunden der Konferenz zeigte. Deren
offizielles Motto lautete „Reaching Out“ – man
ahnte wohl, dass die Fähigkeiten zur Handreichung allenthalben
noch wenig ausgebildet sind. Verfechter seriöser Entschleunigung
machten die Realitätsferne der Hochschulen als Grund für
zu ehrgeizige Solokünstler aus und beklagten die fehlende
Nachfrage nach charakterlich geschulten Künstlern bei den
neuen großen Häusern sowie bei populären „Klassik-Events“.
Deren Vertreter wehrten sich gegen den Vorwurf, bloß abzuschöpfen
und sahen sich lieber als Botschafter der Klassik. So erfreulich
es ist, wenn den Akteuren die Kunst scheinbar noch am Herzen liegt:
zu Lösungen beitragen konnten solch pauschale Schuldzuweisungen
nicht. Leider wurden allerdings Innovationen wie „Education“-Projekte,
lokale Profilbildung von Konzerthäusern oder Vermarktungsformen
im Internet eher mit biederer Einstimmigkeit abgehandelt, während über
Anna Netrebko viel mehr gestritten wurde, als es ihr – künstlerisch
wie wirtschaftlich – zustünde.
Die Schieflage ist kein Zufall. Noch zu schmerzhaft ist der Branche
die wirklich dringende Frage der Mengenverhältnisse, weckt
sie doch berechtigte Existenzängste angesichts eines langfristig
sich verringernden Publikums und des für Krisenzeiten typischen
institutionellen Wandels. Wie sehr und wie präsent braucht
die Klassik Stars oder Außergewöhnliches? Und wie viel
Basis an Stadttheatern, traditionellen Abonnementreihen et cetera
braucht es entsprechend? Und ist es schließlich nicht wahrscheinlich,
dass die Kunst in neuer Zusammensetzung bestehen bleibt, der Wirtschaftszweig
aber insgesamt schrumpft? Diese Möglichkeit bleibt auf einer
Konferenz von Agenten und Managern wohl notwendigerweise ein Tabu.