[an error occurred while processing this directive]
nmz-news
nmz 2008/07 | Seite 4-8
57. Jahrgang | Juli/Aug.
Nachrichten
Nachrichten aus Musikwirtschaft,
Kulturpolitik und Musikleben
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Nachrichten aus der neuen musikzeitung 2008/07:
Zurück im Stammhaus
Edition Peters gründet in Leipzig die Edition Hinrichsen GmbH
Nach nunmehr siebzig Jahren wird der Musikverlag Edition Peters
in sein ehemaliges Stammhaus in der Leipziger Talstraße 10
zurückkehren. 1800 als „Bureau de Musique“ gegründet,
entwickelte sich das Unternehmen unter der Leitung von Max Abraham
und seinem Neffen Henri Hinrichsen zu einem der angesehensten Musikverlagshäuser
weltweit, zu dessen Programm maßgebliche Werke von Wolf,
Reger, Mahler, Schönberg und Strauss gehören. In dem
kulturellen Zentrum der Stadt Leipzig war auch Grieg gern gesehener
Gast der Familie Hinrichsen und komponierte dort seine Peer-Gynt-Suite.
Zu Beginn der 1930er-Jahre verließen die Söhne Max und
Walter Hinrichsen aufgrund der politischen Situation Deutschland
und gründeten die Musikverlagshäuser in London und New
York, Henri Hinrichsen hingegen fiel dem Naziregime zum Opfer.
Die Edition Peters galt als „jüdisches Unternehmen“,
die Familie wurde enteignet und Johannes Petschull, zuvor Prokurist
im Hause Schott in Mainz, übernahm den Leipziger Verlag. Nach
der Zeit als Volkseigener Betrieb (VEB) in der DDR wurde das Haus
nach der Wiedervereinigung an die Brüder Hinrichsen übertragen
und an das 1950 in Frankfurt/Main gegründete Unternehmen angegliedert.
Zum Schrecken der Familie entschloss sich Petschull 1993 jedoch
zur Schließung des Leipziger Verlages, lediglich ein kleines
Büro mit freien Mitarbeitern blieb erhalten. Am 18. September
dieses Jahres wird die Edition Hinrichsen GmbH den neuen Firmensitz
eröffnen. Neben Wohnungen und der Verlagsniederlassung wird
das Peters-Haus auch eine Dauerausstellung zu Leben und Werk Edvard
Griegs beherbergen.
Chancen für den Nachwuchs
Die EMCY mit „Stars of Tomorrow“ auf Konzerttour
Im Juni gingen die „Stars of Tomorrow” erneut auf Tour.
Die „European Union of Music Competitions for Youth“ (EMCY)
möchte mit diesem Projekt jungen Nachwuchsmusikern Auftrittsmöglichkeiten
bieten, bei denen sie ihre Fähigkeiten dem Publikum präsentieren
und Bühnenerfahrung sammeln können. „Europäische
Denkweise“ wird für junge Musiker immer mehr zur Selbstverständlichkeit.
Hier möchte EMCY als Zielgruppe insbesondere junge Menschen
ansprechen. Von 23. bis 29. Juni gaben Musikerinnen und Musiker
aus Tschechien, Serbien und Deutschland solistisch und in verschiedenen
Kammermusikbesetzungen Konzerte in Bayern und Österreich.
Das „Quartteto di Gioia“ aus Tschechien, Simonida Jovanovic
(Querflöte), Serbien und Judith Bunk (Gitarre), Deutschland,
sind Preisträger internationaler Musikwettbewerbe der EMCY.
Die Tour fand im Rahmen der „Europa Tage der Musik“ statt.
In einem dreitägigen Workshop war das Programm auf der Internatsschule
Schloss Neubeuern zusammen erarbeitet und dann aufgeführt
worden. Alle Musiker präsentierten auch ein Stück aus
ihrem Herkunftsland. Ein Höhepunkt der Tour war das jährliche
Konzert am 25. Juni im Rahmen der Festspiele „Europäische
Wochen Passau“. Es wurde vom Bayerischen Rundfunk mitgeschnitten
und wird zu einem späteren Zeitpunkt in „Junge Philharmonie“ in
Bayern 4 Klassik gesendet.
Unterstützt wurde das Projekt vom Goethe-Institut, dem Auswärtigen
Amt, dem Bayerischen Musikrat und „Jugend musiziert“.
Im kommenden Jahr wird das Projekt fortgesetzt. Weitere Informationen über
die EMCY mit aktuellen News unter: www.emcy.org
Tradition sichert nicht das Überleben
Zur GEMA-Mitgliederversammlung 2008 in Berlin Seinen überraschend kurzen und prägnanten Geschäftsbericht
eröffnete GEMA-Vorstand Harald Heker, indem er der GEMA die Überlebensfrage
stellte. Er erinnerte an den Beschluss des Brockhaus-Verlages,
sein traditionsreiches Kompendium in Druckform einzustellen und
nur noch als Internetlexikon fortzuführen. „Ein guter
Name und Tradition sichern nicht das Überleben“, sagte
Heker und münzte das auf die Situation der GEMA, die in ihrer über
hundertjährigen Geschichte tatsächlich vor bisher ungekannten
existenziellen Herausforderungen steht.
Man kann vier Problemfelder skizzieren: erstens die drohende Untersagung
der Gegenseitigkeitsverträge europäischer Verwertungsgesellschaften
durch die EU-Kommission, denn scheinbar nimmt die EU-Kommission
Verwertungsgesellschaften nur als ein Kartell von Dienstleistern
und nicht als Träger und Produzenten kultureller Vielfalt
wahr. Zweitens die Konflikte zwischen Verwertern und der Industrie
wie sie seit der Einführung von Korb II Anfang dieses Jahres
bestehen, drittens die dramatischen Rückgänge von Einnahmen
und Erträgen, verursacht durch den rasanten technologischen
Wandel, und viertens das schlechte Image des Dienstleisters GEMA
in der Öffentlichkeit
Brigitte Zypries, Bundesministerin der Justiz, war die erste Politikerin,
der bei einer Hauptversammlung der GEMA das Wort erteilt wurde.
Sie nützte die Gelegenheit und sprach Klartext. Über
die Zukunft der Verwertungsgesellschaft würde längst
nicht mehr nur in Berlin entschieden, sondern auch in Brüssel.
Weiter: „Ich kämpfe in Brüssel gegen manche Widerstände
dafür, dass es bei der pauschalen Vergütung bleibt. Wir
wollen dort die deutschen Regelungen als Modell für einen
gerechten Interessenausgleich zwischen Urhebern, Nutzern und Industrie
empfehlen. Das können wir aber nur glaubhaft, wenn diese Regelungen
hier in Deutschland auch funktionieren.“
Harald Heker musste im Geschäftsbericht drastische Rückgänge
der Erträge aus dem Geschäftsfeld Tonträger, Bildtonträger
und Online vermelden. Hier gingen die Einnahmen im Vergleich zu
2006 um 20 Millionen Euro zurück, im engeren Feld der klassischen
Tonträger sogar um 32,9 Millionen Euro. Nur im reinen Online-Bereich
konnte ein steigendes Inkasso von 3,7 Millionen Euro gemeldet werden.
Rückgänge gab es auch im Inkasso von Rundfunk und TV-Rechten
(ca. 20 Millionen).
Einzige positive Meldung: das Inkasso Bezirksdirektionen stieg
um 7,9 Millionen Euro. Dieser Erfolgsmeldung stellte allerdings
die Justizministerin eine harsche Kritik an Auftreten und Umgangston
mancher Außendienstmitarbeiter gegenüber, die sich in
vielen kritischen Schreiben von Mitgliedern und Nutzern der GEMA
an sie äußere. „Offenbar erweckt die GEMA manchmal
den Eindruck“, so die Ministerin, „die Nutzer von Musik
seien sozusagen ihre ‚natürlichen Feinde’. Ich
meine, sie sind genau das Gegenteil. Sie sind Kunden und sollten
auch so behandelt werden.“
Teil eines sich abzeichnenden GEMA-Kulturwandels wird das neue
GEMA-Kulturkonzept sein (siehe auch Nachschlag Seite 14). Zu den
neuen kulturellen Aktivitäten der GEMA gehören u.a. der
Deutsche Musikautoren-Preis,. ein Stipendienprogramm für Komponisten
und Textdichter sowie der "GEMA-Campus" für Jugendliche
und junge Erwachsene in Hochschulen, Schulen und anderen Lehranstalten.
Insgesamt waren 500 GEMA-Mitglieder bei der Mitgliederversammlung
in Berlin anwesend, das entspricht dem Schnitt der vergangenen
Jahre. Subjektiv entstand aber der Eindruck, dass vor allem die
Reihen der Verleger gut gefüllt waren, jedoch viele Plätze
unter den Komponisten frei geblieben waren. Möglicherweise
erste Anzeichen dafür, dass die Kreativen die GEMA verlassen
und woanders ihre Tantiemen und ihre Interessensvertretung suchen?
Die GEMA ist jedenfalls gut beraten, wenn sie auf den gesellschaftlichen
und ökonomischen Wandel nicht nur reagiert, sondern ihn, wie
Heker betonte, auch „zukunftsfähig gestaltet“. [Andreas Kolb]
Klassik-Fest
Musikalischer September Traditionsreiche Klassik ebenso
wie „Kontrast und Experiment“ verspricht
der „Septembre Musical“, ein Klassik-Festival, das – neben
dem bekannteren Jazz-Festival – schon seit 62 Jahren Musik-Liebhaber
nach Montreux-Vevey zieht. Vom 28. August bis 14. September sind
Klassik-Stars ebenso wie Newcomer zu hören. Neben Orchesterkonzerten
weist das Programm auch hochkarätige Kammermusik aus. Komponist
Beat Furrer dirigiert das Genfer Contrechamps Ensemble mit eigenen
Werken. Für Grenzüberschreitungen sorgt Gidon Kremer
und die Kremerata Baltica mit einer satirischen Soirée.
Einen Bogen zum Jazz schlägt im Vorfeld des eigentlichen Festivals
der Pianist Fazil Say am 18. Juli. www.septmus.ch
Wenn Komponisten kochen
Klangspuren-Kochbuch jetzt neu bei ConBrio
„Auf Klangspuren kochen“ lautet der Titel einer Appetit
anregenden Neuerscheinung des ConBrio Verlags. Das 132-seitige Buch
(12,80
Euro, ab August) enthält Rezepte von Komponisten und Interpreten,
die über die Jahre am österreichischen Festival Klangspuren
in Schwaz teilgenommen haben und sind so vielfältig wie das
musikalische Event: so präsentiert Michael Riessler zum Beispiel
ein „erschreckend einfaches Pasta-Rezept, das die Aufmerksamkeit
auf den Wein lenken soll“, Samir Odeh-Tamimi kocht Schakkschuka – ein
Tomaten-Eier-Gericht aus Israel, Irvine Arditti verrät ein
exotisches Hühnerrezept und Helmut Lachenmann steuert einen
Stuttgarter Klassiker bei, den Eintopf „Gaisburger Marsch“.
Aufgemixt wird das Ganze mit gastronomischen Tipps und amüsanten
Anekdoten rund um das Festival und seine Künstler. conbrio.de klangspuren.at
Musik für junge Menschen
„Orientierung für soziale Investoren“: erster Report
erschienen
Musik ist keine Nebensache. Gemeinnützigem Engagement in diesem
Bereich kommt daher eine große Bedeutung zu. Die Chancen
und Möglichkeiten von Spitzen- und Breitenförderung,
musikalischen Projekten in sozialen Brennpunkten, Musiktherapie
oder auch von ästhetischer Bildung sind breit gestreut, die
Konzepte so unterschiedlich wie die Ziele.
Angesichts dieser großen Vielfalt bietet die Bertelsmann
Stiftung sozialen Investoren eine Orientierung, wie sie sich wirkungsvoll
in einem Themenfeld engagieren können. Der neue Report „Ohren
auf! Musik für junge Menschen“ richtet sich an Stifter,
Spender und sozial engagierte Unternehmen, die sich finanziell
für die Förderung musikpädagogischer Aktivitäten
einsetzen wollen. Er ist der erste Report einer neuen Publikationsreihe,
die zu mehr Transparenz im gemeinnützigen Sektor beitragen
möchte. Anschaulich und fundiert zeigt er auf, welche Wirkung
passiver Musikkonsum und aktives Musizieren auf Kinder und Jugendliche
hat und wie und wo Musik zum Wohle von Kindern und Jugendlichen
eingesetzt wird. Er informiert über Qualitätsmerkmale
musikpädagogischer Arbeit sowie bestehende Förderlücken
und stellt beispielhaft ausgewählte gemeinnützige Organisationen
vor. In den nächsten Monaten folgen weitere Reports zu gesellschaftlichen
Themenfeldern. www.soziale-Investoren.de
Übernahme in München
Strauss-Konservatorium in Musikhochschule München integriert
Jetzt ist es endgültig: Bayerns Kabinett hat zugestimmt und
nun können Kunst- und Wissenschaftsminster Thomas Goppel,
Finanzstaatssekretär Georg Fahrenschon und Oberbürgermeister
Christian Ude Anfang Juli die Vereinbarung unterzeichnen: Das städtische
Richard-Strauss-Konservatorium in München, die letzte in Bayern
verbliebene Fachakademie für Musik, wird mit Wirkung vom 1.
August in die staatliche Hochschule für Musik und Theater
München integriert. „Für die Musikhochschule München,
die damit eine der größten Musikhochschulen in Deutschland
wird, eröffnet die Integration wei-tere Profilierungschancen
zur Ergänzung und Abrundung ihres Fächerspektrums“,
kommentiert dies Minister Thomas Goppel. Nach der Übernahmevereinba-
rung stellt die Landeshauptstadt München die hochschulgerechte
räumliche und sachliche Erstausstattung für die vom Richard-Strauss-Konservatorium übernommenen
300 Studierenden bereit, überlässt der Musikhochschule
München mietfrei die bisher vom Richard-Strauss-Konservatorium
im Kulturzentrum am Gasteig genutzten Unterrichts-, Verwaltungs-
und Übungsräume bis Ende 2030. Der Frei-staat Bayern übernimmt
das gesamte Lehrpersonal des Konservatoriums, schafft 78 Planstellen
im Hochschulhaushalt und leistet eine Kostenpau-schale zur Deckung
sonstiger Kosten. Ob auch der Name Richard Strauss für die
Musikhochschule übernommen werden wird, darüber sagt
die Erklärung der Staatskanzlei nichts aus. er