nmz 2008/07 | Seite 2
57. Jahrgang | Juli/Aug.
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Der neugierige Fach-Enthusiast
Dem Dirigenten Sylvain Cambreling zum Sechzigsten
Seine Anfänge liegen, wie bei manch anderem erfolgreichen
Künstler, in Lyon. Posaunist beim Orchestre de Lyon, Assistent
bei Serge Baudo, der ihn zum Stellvertreter beim Orchester und
an der Opéra de Lyon befördert. Boulez holt ihn 1976
als ständigen Dirigenten nach Paris an sein Ensemble intercontemporain.
Dort erwirbt er sich jene Kompetenz für die Moderne, die ihn
seither zu einem begehrten Interpreten der Avantgarde macht. Zuletzt
profitierte das Klangforum Wien davon, das Cambreling als souveränen „Fachmann“ für
das Zeitgenössische als ständigen Berater und Dirigenten
engagierte. Seither agiert das „Klangforum“ ebenbürtig
mit dem Ensemble Modern oder der intercontemporain-Truppe.
Ein Avantgarde-Spezialist wurde der 1948 in Amiens geborene Cambreling
gleichwohl nicht. Gerard Mortier holte ihn nach Brüssel, als
dort die dann berühmt gewordene Mortier-Ära startete.
Zehn Jahre lang, von 1981 bis 1991, arbeitete Cambreling als Musikchef
am Théâtre de la Monnaie, dirigierte ein enorm umfangreiches
Repertoire (allein 40 Neuinszenierungen), vor allem Mozart, mit
dem er gemeinsam mit den Regisseuren Luc Bondy, Patrice Chéreau
und den Herrmanns den legendären Brüsseler Mozart-Stil
begründete, der dafür sorgte, dass Mortier zum Salzburger
Festspielintendanten berufen wurde.
Ein Intermezzo bleibt das Frankfurtengagement. Politische
und finanzielle Querelen erschwerten dem Opernchef Cambreling die
Arbeit. Gleichwohl erlebte man etliche hervorragende und spannende
Inszenierungen: Debussys „Pelléas“, Herbert
Wernickes von Brüssel übernommener „Ring“ und
Verdis „Simon Boccanegra“ waren Interpretationen auf
höchstem Niveau. Für die Person Cambreling sprach damals,
dass er von der schäbigen Stadtpolitik keine ihm eigentlich
zustehende Abfindung verlangte, nachdem er zuvor schon aus eigener
Tasche ein Bühnenbild finanziert hatte.
Im August 1999 wurde Sylvain Cambreling dann als Nachfolger
Michael Gielens Chefdirigent des SWR-Sinfonieorchesters. Gemeinsam
mit Gielen und Hans Zender als ständigen Gästen sorgt
Cambreling dafür, dass dieses Ensemble unverändert auf
hohem Niveau spielt und sich rückhaltlos für die Moderne
engagiert, besonders in Donaueschingen. Am 2. Juli 2008 wird Sylvain
Cambreling sechzig Jahre alt. Er wird an diesem Tag in Freiburg
Messiaen und Bruckner dirigieren. Danach geht die Reise nach Aix-en-Provence
zu den Musikfestspielen, wo Messiaens „Turangalîla“-Sinfonie
auf dem Programm steht. Dort hat einst das SWR-Orchester unter
Hans Rosbaud an der Geschichte der modernen Musik mitgeschrieben.
Cambrelings Aix-Fahrt steht also in einer großen Tradition.
Glückwunsch.
[Gerhard Rohde]
Feriengrüße aus Darmstadt im nmz-Netz
Vom 5. bis 22. Juli finden zum 44. Mal die Darmstädter Ferienkurse
für Neue Musik mit Kompositions- und Interpretationskursen,
Lectures, Diskussionen, wissenschaftlichen Veranstaltungen und öffentlichen
Konzerten statt. Für die neue musikzeitung wird der Komponist
und Autor Arno Lücker die traditionsreichen und geschichtsträchtigen
Kurse in einem Internet-Tagebuch aktuell kommentieren und reflektieren.
Die täglich neuen Feriengrüße aus Darmstadt – ab
5. Juli unter www.nmz.de/darmstadt
Zum 80. Geburtstag von Franz Lehrndorfer
Franz Lehrndorfer (geb. am 10. August 1928 in Salzburg) studierte
von 1948 bis 1951 Kirchenmusik und Orgel an der Staatlichen Hochschule
für Musik in München und war dann viele Jahre als Lehrer
bei den Regensburger Domspatzen tätig. 1957 erhielt er den
ersten Preis im Fach Orgel beim internationalen Musikwettbewerb
der ARD. Ab 1962 bis zu seinem Ruhestand war Lehrndorfer Professor
für Orgel und Leiter der Abteilung für katholische
Kirchenmusik an seiner ehemaligen Studienstätte. Von 1969
bis 1993 wirkte er als Domorganist in der Münchner Liebfrauenkirche.
Lehrndorfer komponierte zahlreiche Messen, Lieder, Chorsätze
und Orgelstücke. Seine Improvisationskunst und seine Interpretationsvielfalt
der Orgelmusik aller Epochen liegen auf Tonträgern vor.
Lehrndorfer ist Träger des Bundesverdienstordens 1. Klasse
sowie des Bayerischen Verdienstordens und Ehrendoktor der Päpstlichen
Hochschule für Musik in Rom.
Barbara Haas
Kosky an Komische
Der australische Regisseur Barrie Kosky übernimmt 2012 die
Intendanz der Komischen Oper Berlin. Der derzeitige Intendant Andreas
Homoki werde seinen Vertrag vorzeitig beenden und ans
Opernhaus Zürich gehen, sagte Berlins Regierender Bürgermeister
Klaus Wowereit, der Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung
Oper ist. Der 1967 im australischen Melbourne geborene Kosky hatte
bis 2006 zusammen mit Airan Berg die künstlerische Leitung
des Schauspielhauses Wien inne. An der Komischen Oper waren
von ihm mehrere erfolgreiche Inszenierungen zu sehen, darunter „Le
Grand Macabre”, „Die Hochzeit des Figaro” und
jüngst „Kiss me, Kate”.
Auch ein großer Operngestalter
Zum Tod des Regisseurs Klaus Michael Grüber
Seine Anfänge als Theaterregisseur verbinden sich mit großen
Namen: mit Strehler am Piccolo Teatro di Milano, mit Kurt Hübner
in Bremen. Von dort ging es mit vielen anderen berühmt gewordenen
Schauspielern an die Berliner Schaubühne. Grübers Theater
war immer Welttheater, nicht im äußeren Sinne eines
repräsentativen „Betriebs“, sondern ein Theater,
das sich mit einem Werk erst einmal einen Weltentwurf herstellte,
für das jeweilige Stück und für die eigene Vision über
das Stück. Grübers „Winterreise“ nach Hölderlin
und die „Bakchen“ des Euripides waren aus dieser Sicht „Weltereignisse“.
Für das Gebiet der Musik interessierten Grübers zahlreiche
Arbeiten für die Oper. Lange Zeit vor dem spektakulären
Stuttgarter „Ring des Nibelungen“ mit vier verschiedenen
Regisseuren (jeweils einen für einen Abend) planten Grüber
und Peter Stein als gemischtes Doppel einen „Ring“,
zunächst für Bayreuth, der dann aber nur als Rudiment
in Paris herauskam: Peter Stein fürs „Rheingold“,
Grüber für die „Walküre“. Dann hatte
Georg Solti keine Lust mehr und das Projekt wurde abgebrochen.
Grüber hat mehrere Wagner-Opern inszeniert: „Tannhäuser“ in
Florenz, „Tristan“ in Salzburg, „Parsifal“ in
Amsterdam. Gerard Mortier holte Grüber für Janáceks „Totenhaus“ erneut
nach Salzburg. Seine Strauss-„Elektra“ für Neapel
wurde bejubelt, eine hinreißende Aufführung gelang ihm
auch in Frankfurt mit der Doppelinszenierung von Bartóks „Herzog
Blaubart“ und Schönbergs „Erwartung“. Wer
die lange Liste der Operninszenierungen sieht, die Grüber
an vielen Operntheatern herausgebracht hat, staunt immer wieder über
diese Produktivität, die oft einem zerbrechlichen Körper
abgerungen wurde. Jetzt ist Klaus Michael Grüber am 22. Juni
2008 in Belle-Île-en-Mer in Frankreich im Alter von 67 Jahren
gestorben. gr
Die Musik soll in den Vordergrund
Neues Präsidium der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände
Bei der 14. Vollversammlung der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände
in Fulda ist Horst Sassik zum neuen Präsidenten gewählt
worden. Der Präsident des Hessischen Musikverbandes wird damit
Nachfolger von Wolfgang Bötsch, der nicht mehr kandidierte.
Nach den Turbulenzen, in die der Verband in der Folge der Vollversammlung
im Oktober 2007 in Jena geraten war, will der neue Präsident
nun wieder „die Musik in den Vordergrund“ stellen.
In Jena hatte das Präsidium angesichts tief greifender Differenzen über
die zukünftige Finanzstruktur des Verbandes seinen Rücktritt
angekündigt. Sassik stellte aber in Aussicht, sich wieder
ins zweite Glied zurückzuziehen, sobald eine Persönlichkeit
aus Politik oder Wirtschaft bereit sei, die Präsidentschaft
zu übernehmen.
Außerordentlicher Pianist
Klavier-Festival Ruhr ehrt Maurizio Pollini
Duisburg (ddp-nrw). Der italienische Pianist Maurizio Pollini ist
in Duisburg mit dem diesjährigen Preis des Klavier-Festivals
Ruhr geehrt worden. Dieser vom Initiativkreis Ruhrgebiet ins Leben
gerufene Ehrenpreis würdigt außerordentliche pianistische
Leistungen oder einen Pianisten für sein Lebenswerk. Festival-Intendant
Franz Xaver Ohnesorg verwies in seiner Begründung auf die
Verdienste Pollinis, so unter anderem seine moderne Sicht
auf das Werk Frédéric Chopins. Überdies habe
sich Pollini in seinen Programmen stets für die zeitgenössische
Musik engagiert.
Pollini ist der elfte Träger des Preises des Klavier-Festivals
Ruhr. Zuletzt hatten die Auszeichnung die Künstler Martha
Argerich (2007), Chick Corea (2006) und Pierre Boulez (2005) erhalten.