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Ausgabe 2008/07
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nmz 2008/07 | Seite 46
57. Jahrgang | Juli/Aug.
Rezensionen-CD

Schießübungen auf See

John Pickard: Flight of Icarus, The Spindle of Necessity, Channel Firing; Christian Lindberg (Pos), Martyn Brabbins (dir.), Norrköping Symphony Orchestra
BIS CD 1578 (Vertr. Klassik-Center)

Vor sechs Jahren lernte ich über eine exzellente CD des Sorrel Quartet (Dutton CDLX 7117) John Pickard als einen der feinsten Streichquartett-Komponisten unserer Zeit kennen. Dann erfuhr ich, dass er ein eminenter Meister auf dem Gebiet der Symphonie ist, der viel von seinem strukturellen Bewusstsein der Auseinandersetzung mit dem Denken und Schaffen des größten britischen Symphonikers Robert Simpson (1921–97) verdankt. Und nun kehrt John Pickard als Champion der symphonischen Dichtung reinsten Kalibers zurück. Pickard, geboren 1963 in Lancashire, studierte bei William Mathias, dem „Welsh Messiaen“, und bei Louis Andriessen. Doch seine Musik hat Anschluss gefunden an eine profundere Energie als diejenige seiner akademischen Berührungspunkte. Er zeichnet sich durchaus durch eine konstruktive und bei aller Ernsthaftigkeit auch geistreich humoristische Hemmungslosigkeit aus, die an Richard Strauss erinnern mag. Als symphonischer Dichter ist er insofern ein Erbe Strauss’ (oder auch Hauseggers oder Chadwicks), als er äußerst bildhaft außermusikalisches Geschehen in suggestiven Klangfolgen zu manifestieren versteht – und außerdem sowohl ein grandioser Techniker (insbesondere: was für eine prachtvolle, erfindungsreiche Orchestration!) als auch ein souveräner Dramaturg der musikalischen Form ist.

Alle drei hier vorgestellten Werke sind Vorzeigebeispiele durch und durch bewussten, wohlproportionierten, stimmigen Komponierens im gro­ßen Stil, stets abenteuerlustig und voll unkonventioneller Abfolgen und Details, gewandt in den Übergängen, effektiv in den Kontrasten, potent in den Steigerungen. Mit „The Flight of Icarus“ (1990), das zu einem Dauerbrenner im Repertoire des BBC National Orchestra of Wales wurde, war Pickard auf der Insel schnell in aller Munde. Ein hochdramatisches Werk mit einem herlich dunkel ausglühenden Schlussteil. „The Spindle of Necessity“ für Posaune, 32 Streicher und 2 Schlagzeuger beschreibt eine Wanderung zwischen Jenseits und Diesseits (und vice versa) nach Platons Beschreibung der Seelenreisen in den Himmelssphären – hier spielt der ziemlich abstrakte, mythisch-mystische Bezugsrahmen die inspirationsgebende Rolle. An der Spindel der Notwendigkeit sehen die toten Seelen, wie Sterne und Planeten sich um ein „gerades Licht“ drehen. Die Töchter der Notwendigkeit, die Moiren, halten die Sphären in Bewegung – dies ist im Zentrum des Stücks in einer Apotheose der Obertöne zu „schauen“. 1992–93 komponiert, ist „Channel Firing“ ein himmlisch-höllischer Spaß, sozusagen eine Komödie aus Midheaven, nach dem gleichnamigen Gedicht von Thomas Hardy mit einem immer wieder schicksalsschwer empordrängenden „Götterdämmerung“-Zitat. Der Komponist schreibt dazu folgendes: „Kanonenfeuer zerspaltet die Nachtluft, ein Lärm, der laut genug ist, Tote aufzuwecken – was er in diesem Fall tatsächlich tut. Die Toten erheben sich und denken, es handele sich um das Jüngste Gericht. Gott bedeutet ihnen, es handele sich um falschen Alarm, um Krach von Schießübungen auf See, und fügt hinzu, dass – sollte es sich tatsächlich um die Stunde des Jüngsten Gerichts handeln – die Verantwortlichen ,für diese unbotmäßige Drohung den Boden der Hölle zu scheuern haben’. Schließlich kehren die Toten zu ihren Gräbern zurück, beklagen den Wahn der Menschheit – und das Feuer be­ginnt erneut.“

Christoph Schlüren

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