Wie sie die Sache mit dem Elefanten gelöst haben, das haben
sie bis zur Aufführung geheim gehalten, die Organisatoren und
Mitwirkenden der Nordland Musikfestuke in der 40.000-Seelen-Stadt
Bodö, nördlich des Polarkreises. Sie alle sind in irgendeiner
Form involviert in ihr einwöchiges Musikfest, und jeder hat
einen Bekannten oder Verwandten, der oder die auch bei der Aufführung
von Verdis Aida beteiligt ist. Aida, das
Prunkstück des Festivals! Seit 22 Jahren wurde die Oper nicht
mehr in Norwegen aufgeführt. Der Elefant stellt in der Aufführungspraxis
dieses Evergreens einen unausgesprochenen Knackpunkt dar. Aida
ist längst ein Popspektakel für die Massen, weil die Massen
es naturalistisch lieben, wenn Verrat und Liebe und wallende Arien
wüten. Ob in Verona oder Schwerin oder sonstwo: 200 Komparsen
müssen es schon sein auf der Bühne. Und wenn der Sand
echt ist, muss eben auch der Elefant, auf dessen Rücken Radames
zur Siegesfeier einzieht, ein lebendiger Dickhäuter sein. So
entwickelte sich Aida mittlerweile zum Alptraum eines jeden Kulturetat-Verwalters,
zum Multi-Millionenspiel.
Eine
Millionen Kronen sind 25.000 Mark. Soviel hat die Aida
bei den Nordland Musikfestuke 2000 in Bodö gekostet.
Sänger, Musiker und Inszenierungsteam sind Profis, alle Mehrkosten
darüberhinaus werden mit Herzblut bezahlt. Mama schminkt die
Akteure, Papa baut die Bühne in der örtlichen Sporthalle
auf, und die Kinder haben als Statisten wochenlang für ihren
Tanz im Zimmer der Amneris geübt. Sand gibt es nicht, und der
Elefant, der besteht aus einem liebevoll gebastelten Pappkopf, montiert
auf ein türgroßes Gestell. Radames hält sich an
den Pappohren fest. Die Siegesfeier, zirka 90 Personen drängen
sich auf der Bühne, sieht aus wie die Inszenierung einer großen
bunten Bonbonschachtel. Regisseurin Heidi Bruun Sörensen hat
vor allem mit Licht- und Farbdramaturgie gearbeitet, musste sie,
wie sie sagt, immer mit dem Blick aufs Einfache.
Geld war knapp, Zeit war knapp, und noch bei der Generalprobe war
die Bühne nicht fertig. Aber was für ein Fest ist daraus
geworden, eine Popshow für jung und alt in Bodö und drumherum.
Mit Inbrunst legen sich die Akteure ins Zeug, ein heimischer Touristenbus
hat sie während der Overtüre an die Bühnenrampe gefahren,
und die Grabpyramide ist ein einfaches Aluminiumgestell.
Der Unterhaltungs-Gewinn ergibt sich aus der Tatsache, dass das
Monumentale eben nur nachgestellt, simuliert wird. Der Blick
aufs Einfache, das lokale Engagement und auch das dahinter
stillschweigende Wenn wir die Mittel hätten, würden
wir ja , diese Mischung generiert eine Ästhetik
der Entzückung, deren Unterhaltungsfaktor jede Bombastaufführung
verspottet. Verdis Musik leidet keinesfalls da-runter. Im Gegenteil,
die Abschwächung der Tragödie zu einem künstlich-bunten
Reigen diverser Bühnen- gesten erscheint ihr durchaus angemessen.