Ein Leben lang war er ein unsung hero der Pop-Musik:
Jack Nitzsche, weder verwandt noch verschwägert mit Friedrich
Nietzsche, dessen 100. Todesjahr sich gerade jährte. In den
60er- und 70er-Jahren veredelte der Kollaborateur mit
seinen Ideen und manchmal auch seinem Klavierspiel unzählige
Produktionen, die allesamt Klassiker der Popmusik wurden. So hätten
Phil Spectors legendäre, aufpeitschende Wall of Sound-Platten
ohne ihn viel dünner geklungen. Aber dank Nitzsches
Arrangeurkünsten haben sie sich in das Pop-Unterbewusstsein
eingegraben: Da Doo Ron Ron von den Crystals, Be
My Baby von den Ronettes und Ike & Tina Turners River
Deep, Mountain High. The Lonely Surfer hatte sein
erster und einziger Instrumentalhit geheißen, den er als Solokünstler
verzeichnen konnte. Ansonsten trieb er sich ein Leben lang in den
großen Musik- und später auch Filmstudios von Hollywood
im Hintergrund herum, arrangierte finessenreiche Streichersätze
für Stevie Wonder und komponierte für Jackie DeShannon
(Needles and Pins). Der Arrangeur als Übermensch
eine Nitzsche-Version der Pop-Geschichte, so hat Mitte
der 70er-Jahre der Bomp!-Kritiker Greg Shaw seine Hymne
auf den in Chicago geborenen Allrounder genannt. Zu dieser Zeit
freilich lagen seine Erfolge schon etwas zurück, seine grandiosen
Platten mit den Rolling Stones (You Cant Always Get
What You Want) oder Neil Young (Harvest). Seit
dem Nicolas-Roeg-Film Performance hatte er sich inzwischen
aber auch einen Namen als Filmkomponist gemacht. Sein exotisch-bizarrer
Score zu Einer flog übers Kuckucksnest wurde für
den Oscar nominiert. Den Academy Award selbst erhielt er dann 1983,
als Komponist von Up Where We Belong, das Jennifer Warnes
& Joe Cocker in Ein Offizier und Gentleman gesungen
haben. Eine seiner schönsten Filmmusiken schrieb er 1991 für
Sean Penns Regiedebüt Indian Runner. Nach wilden
Drogen- und Alkohol-Jahren war es in den 90ern ruhiger um ihn geworden.
Jack Nitzsche starb am 25. August im Alter von 63 Jahren in Los
Angeles. vr
Hessischer Jazzpreis
Der Gießener Musiker, Hochschullehrer und Publizist Ekkehard
Jost erhält den Hessischen Jazzpreis 2000. Eine Expertenjury
befand den Musikwissenschaftler und Musikpädagogen für
würdig, den mit 10.000 Mark dotierten Preis zu erhalten, weil
er die besten Eigenschaften eines Musikers, Hochschullehrers
und Publizisten wie kaum ein anderer vereine, so die hessische
Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Ruth Wagner. Als Musiker
entwickelt er seit den 70er-Jahren den freien Jazz in Deutschland
mit, als Dozent an der Gießener Universität ist es sein
Bestreben, den Studierenden ein umfassendes Bild der zeitgenössischen
Musik zu vermitteln und als Publizist wurde er für seine stilanalytischen
und sozialgeschichtlichen Veröffentlichungen zum zeitgenössischen
Jazz bekannt.
Gerhard Hamann verstorben
Der langjährige Weggefährte des Deutschen Kammermusikkurses
Jugend musiziert Gerhard Hamann ist tot. Hamann, Sohn
des Hamburger Quartett-Primarius Bernhard Hamann, studierte Cello
bei Arthur Troester und André Navarra, bei Enrico Mainardi
und Pablo Casals besuchte er Meisterkurse. Er war Stipendiat der
Studienstiftung des Deutschen Volkes, 1. Preisträger des Conservatoire
National Supérieur de Musique Paris für Cello und Kammermusik.
Er war Solocellist beim Niedersächsischen Symphonie-Orchester
Hannover, bei der Stockholmer Philharmonie und dem Dänischen
Rundfunksymphonieorchester. Seit 1978 war er Professor für
Cello und Kammermusik an der Staatlichen Hochschule für Musik
in Trossingen. Er gehörte zu den ersten und beliebtesten Dozenten
der Kammermusik-Förderkurse für Preisträger der Bundeswettbewerbe
Jugend musiziert, die Eberhard Schmidt 1964 ins Leben
rief, und nahm nach seiner Rückkehr aus dem Ausland die Berufung
des Präsidiums des Deutschen Musikrats in die Leitungsgruppe
der Deutschen Kammermusikkurse Jugend musiziert an.
Er gründete und leitete die internationalen Meisterkurse für
Kammermusik in Bollnäs und Sveg (Schweden). Er war nicht nur
ein hervorragender Kammermusiklehrer sondern gehörte zu den
Vordenkern, wenn es darum ging, neue Akzente zu setzen: Es ging
ihm immer um das Menschliche, Empfindsame, um die Musik und darum,
junge Musiker an das Wesen von Kammermusik heranzuführen. 2001
wollte er letztmals einen Kammermusikkurs für Jugend
musiziert leiten, aber es war ihm und uns nicht mehr vergönnt
er wird uns fehlen. Nach schwerer Krankheit starb er 65-jährig
am 10. September 2000. ik
Jens Thomas
Der Internationale Jazzpreis Nürnberg, eine alle
zwei Jahre verliehene Auszeichnung, geht in diesem Jahr an den 29-jährigen
Pianisten Jens Thomas. Er erhält den Preis für seine Improvisationen
über Ennio Morricones Filmmelodien. Stifter des mit 10.000
Mark dotierten Preises ist Bruno Schnell, der Herausgeber der Nürnberger
Nachrichten.
Komponist Josef Tal 90
Am 18. September wurde der israelische Komponist Josef Tal 90.
Der Sohn eines Rabbiners studierte in Berlin Komposition, musste
1934 jedoch vor den Nationalsozialisten flüchten. Im damaligen
Palästina arbeitete er als Fotograf, Pianist und Harfenist
im Palestine Orchestra, dem Vorgängerorchester des Israel Philharmonic
Orchestra, seit 1937 als Dozent für Klavier und Komposition
an der Jerusalemer Musikakademie, deren Leiter er 1948 wurde. An
der Hebräischen Universität Jerusalem war er von 1965
bis 1970 Leiter der Musikwissenschaftlichen Abteilung, außerdem
war er ab 1961 Direktor des Studios für elektronische Musik
der Universität. Seine Komponistenkarriere kam erst relativ
spät in Gang, getragen von vielen Kompositionsaufträgen
aus Deutschland. Seine Opern sind oftmals Auftragswerke deutscher
Bühnen, nur Massada, seine zweite Oper von 1973
für Stimmen und Zuspielband, wurde in Jerusalem uraufgeführt.
An der Zwölftontechnik ausgebildet, schuf Tal viele seiner
Werke für Elektronische Musik, allerdings gelang es ihm, die
Erfahrungen mit serieller, permutierender und variierender Kompositionsweise
auf das traditionelle Instrumentarium zu übertragen.
Attila Balogh in München gestorben
Der Gründer und Leiter des Amati-Ensembles, der ungarische
Musiker und Dirigent Attila Balogh, starb 65-jährig in München.
Balogh, der in seiner Heimatstadt Budapest und in München und
Freiburg Violine und Viola studierte, war in den 60er-Jahren zeitweilig
Mitglied der Berliner Philharmoniker und des Symphonieorchesters
des Bayerischen Rundfunks. Mit dem 1989 in München neu gegründeten
Amati-Ensemble, einem Zusammenschluss von Studenten oder Absolventen
namhafter deutscher Instrumentalpädagogen, war Balogh, der
aufgrund eines Unfalls seit 20 Jahren nur noch dirigierte, so erfolgreich,
dass er eine eigene Abonnement-Reihe in der Münchener Residenz
bekam und weltbekannte Solisten einladen konnte.
Staatsoper trennt sich von Thomas Langhoff
Der von Thomas Langhoff auf drei Inszenierungen angesetzte Mozart-Zyklus
an der Berliner Staatsoper ist geplatzt. Langhoff, auch Intendant
des Deutschen Theaters, wird Cosi fan tutte nicht inszenieren
und damit die mit Figaros Hochzeit (1999) und Don
Giovanni (2000) begonnene Arbeit nicht abschließen.
Opernintendant Georg Quander habe sich mit Langhoff, Herbert Kapplmüller
(Bühnenbild) und Yoshio Yabara (Kostüme) auf die Trennung
verständigt. Hintergrund: Nach der letzten Premiere im Rahmen
der Mozartfestspiele zu Pfingsten hatte es überwiegend negative
Kritiken für Langhoff gegeben. Das Ergebnis war nicht
so befriedigend, dass es eine Fortsetzung der Zusammenarbeit gerechtfertigt
hätte, sagte ein Sprecher der Staatsoper ergänzend.
Zimmermann 70
Der Kirchenmusikkomponist Heinz Werner Zimmermann wurde am 11.
August 70 Jahre alt. Kaum ein zweiter Musikschaffender hat wie er
versucht, geistliche Musik mit Hilfe aktueller Klangtechniken und
Spielweisen zu modernisieren. So kombiniert der Fortner-Schüler
und Strawinsky-Verehrer in seinen Werken traditionelle Gattungen
wie Psalmkonzerte, Streichquartette oder Kantaten mit Jazzelementen.
Seine 1981 in Minneapolis uraufgeführte Missa profana
beispielsweise ist für Chor, Solisten und Dixieland-Jazzband
komponiert.
Zum Tod von David Shallon
Als vielseitig ausgebildeter Musiker (Violine, Viola und Horn)
erfüllte David Shallon das Dirigieren vom Instrumentalen her
mit Kompetenz und mitreißender Gestaltungskraft. 1950 in Tel
Aviv geboren, studierte er unter anderem bei Hans Swarowsky in Wien
und sammelte als Assistent Leonard Bernsteins entscheidende Erfahrungen,
bevor ihm 1980 der internationale Durchbruch gelang. Neben seiner
Tätigkeit als Chefdirigent der Düsseldorfer Symphoniker
und dann des Jerusalem Symphony Orchestra widmete er sich regelmäßig
der Arbeit mit Nachwuchsorchestern, etwa mit der Jungen Deutschen
Philharmonie, die er seit 1979 wiederholt leitete. CD-Einspielungen
dokumentieren sein Engagement für die zeitgenössische
Musik, insbesondere der israelischen, sowie die Zusammenarbeit mit
seiner Frau, der Bratschistin Tabea Zimmermann. David Shallon starb
am 15. September in Tokio an den Folgen eines Asthmaanfalls.
Dreimal Silber und Bronze für D
Die Ergebnisse des ARD-Wettbewerbes München YCA-Vorrunde in
Leipzig
Ein höheres Spitzenniveau als in den Vorjahren brachte der
diesjährige
ARD-Wettbewerb in München. In drei der sechs Kategorien sprach
sich die Jury für erste Preise aus und zwar für die ukrainische
Sängerin Zoryaba Kushpler, die in Hamburg studierte, für
den Engländer Konrad Jarnot, der zuletzt die Mannheimer Musikhochschule
besuchte, und für das aus dem estischen Tallinn stammende Klavier-Duo
Mati Mikalai/Kai Ratassepp. Im Gesangsfach gab es einen 2. Preis
für Nathaniel Webster aus den USA und 3. Preise für die
Deutschen Stefanie Krahnenfeld, Christa Mayer und Friedemann Röhlig,
die in Essen, Augsburg, München und Stuttgart ihre Ausbildung
erhielten. Mit zweiten Preisen wurden ausgezeichnet: die ungarische
Flötistin Rozália Szabó, die in Budapest und
Stuttgart studierte, jetzt dort in Orchestern praktiziert, der Münchner
Henrik
Wiese, seit 1995 Soloflötist an der Bayerischen Staatsoper,
die deutsche
Bratschistin Danuta Waskiewicz, ausgebildet in Frankfurt, jetzt
Mitglied im Berliner Philharmonischen Orchester, ferner das Piano-Duo
dAccord (unser Foto) mit Sebastian Euler (D)/Shao-Yin Huang
(Taiwan), hervorgegangen aus der Münchner Musikhochschule.
Der Soloflötist im Rundfunk-Sinfonieorchester Saarbrücken
Kersten McCall aus Freiburg und Karlsruhe erhielt einen dritten
Preis. Unter den nur vier angemeldeten Streichquartetten wurde mit
einem zweiten Preis das französisch-kanadisch-amerikanische
Avalon-Quartet gewürdigt, mit einem dritten Preis das Quartetto
Prometeo aus Italien. Ohne erste Preise blieben die Fächer
Viola, Flöte und Streichquartett.