Jean Barrière, Alexander Knaifel, Roland Moser u.a.: Lux
aeterna; Patrick und Thomas Demenga, Violoncello. ECM New Series
465 341-2
Das ewige Licht leuchte ihm, dem nie versiegenden Gesang des Violoncellos:
Nach ihrem Doppelalbum 12 Hommages à Paul Sacher
(1995) haben die viel gepriesenen Cello-Brüder Patrick und
Thomas Demenga mit Lux aeterna ihre erste Duo-Einspielung
bei ECM vorgelegt. Und obwohl die hier versammelten, vorwiegend
ersteingespielten Kompositionen von B (Barock: hier Barrière)
bis M (Moderne: hier Moser) in ihrer grundsätzlich experimentellen
Konzeption die artifiziellen Möglichkeiten instrumenteller
Techniken in jeder erdenklichen Weise ausreizen, wird der instrumentale
Gesang, die klassische Kantilene keineswegs zu Grabe getragen
vielmehr als eine Art innere Bestimmung des Cellos immer wieder
angesteuert, gewissermaßen neu geboren als sinnstiftender
Mittelpunkt der Musik, der ein die Jahrhunderte unter einem Bogen
aufspannendes Musikdenken möglich macht.
In Lux aeterna für zwei Psalm Sänger des
1943 in Taschkent geborenen Komponisten und Rostropowitsch-Schülers
Alexander Knaifel etwa, das sich in seiner reduzierten Linearität,
seinen ritualisierten Formmodellen und Bicinienstrukturen bis in
die Anfänge der Mehrstimmigkeit zurücktastet. Im Alternieren
zwischen in höchster Lage geführten Stufengängen
und psalmodierenden Männerstimmen entsteht hier eine Musik
der gelassenen Extreme, die im Kontrast eigenwillige Analogien evoziert
und zum Schluss quasi in die Ein-Stimmigkeit zurückmündet.
Oder Roland Mosers krude Wendungen als lustvoll ausgespielte
Rückentwicklung historischer Elemente, die experimentelle Aktionsfelder
in einen finalen Cello-Gesang münden lassen, der alle vorhergehenden
Augenblicke in sich aufnimmt, in der klanglichen Sinnlichkeit den
Klang-Sinn erschließt.
In diesem Kontext muss sich die zehnte Sonate des 1705 geborenen
Jean Barrière in ihrer konventionellen Tonalität, ihrem
tänzerisch-eleganten Gestus erst legitimieren (die Demengas
leisten Vorschub durch eine zwar historisch fundierte, dem improvisatorischen
Umfeld gemäß aber doch sehr freie Lesart): Im Melodiepart
des Adagio filigrane Versonnenheit, ins Haltlose driftend; im Prestissimo-Finale
motorische Bewegung, die in ihrer Vorwärtstendenz ins Ziellose
zu fallen droht und, aha! ein Adagio-Rezitativ gebiert,
das dem vom Geschehen verschlungen zu werden drohenden Subjekt die
rettende Reflexion ermöglicht.