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Ausgabe 2000/10
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nmz 2000/10 | Seite 22
49. Jahrgang | Oktober

Rezensionen

 

Knacken, Morden und Jubilieren

Miscellanea für Violoncello und Tasteninstrumente

Cellisten dürften sich nicht über mangelnde Aufmerksamkeit seitens der Komponisten und der Verleger beklagen. Immer wieder bringt der Paketbote Neuheiten ins Haus, die indes nicht immer zu überzeugen vermögen. Schon äußerlich ansprechend ist „Die 4 Temperamente“ für Cello und Klavier op. 175 von Heinz Kratochwil (Doblinger Wien, Dob 03 821) mit vier Zeichnungen des Pianisten von Wilhelm Busch.

 

Heinz Kratochwil

 

Kratochwil (1933–1995) bezeichnete sich selbst als kompositorischen Grenzgänger und fuhr fort: „Ich bin absolut kein (...) Typ, der nur eine ganz bestimmte Richtung gelten lässt (...) Seit jungen Jahren versuche ich eine Synthese aus Alt und Neu, aus E- und U-Musik zu verwirklichen (...), verflechte ich kirchentonale Melodik, klassische Polyphonie, expressive Harmonik, dodekafone Strukturen, jazzige Rhythmen und avantgardistische Techniken zu einem neuen Ganzen.“ Das ist für ein knapp zehnminütiges Stück ein bisschen viel auf einmal... Die 4 Sätze tragen die bekannten Überschriften, eine Coda nach „Sanguinisch“ rekapituliert noch einmal Elemente aller vorhergehenden Sätze. Sowohl dem Cellisten als auch dem Pianisten werden neue Spieltechniken abverlangt, letzterer möge sich einige Basssaiten markieren, damit er sie gezupft finde, und vergesse auch zwei Xylophonschlägel nicht. Das Stück lohnt aber sicher eine Annäherung, es passt gut in bestimmte Themen-Programme und mit einigem Witz kann man dem Polystilisten Kratochwil Effekt abgewinnen.

 

Martin Herchenröder

 

Eine ganze Generation jünger ist Martin Herchenröder (geb. 1961), der sich Gedanken über den Tod gemacht hat: Stücke über den Tod für Cello und Klavier (Tonger Köln, PJT 2565). Es sind zwei Stücke mit den Titeln „Thanatos“ und „Mneme“. Zu „Thanatos“ vermerkt der Komponist: „[so] nannten die Griechen der Antike den Tod (...), er wurde dargestellt als Jüngling mit Fackel. Es bedarf keines großen Erinnerungsvermögens, um sich klarzumachen, welch grauenvolle Perversion dieses Bildes unsere Zeit bietet (...): Der Tod heute (...) rafft seine Opfer hin, atomar, brandstiftend, ethnisch säubernd; die Fackel, in deren Schein der Grieche ins Reich der Schatten geleitet wurde, ist selbst zum Mordinstrument geworden.“ Zum Glück habe ich das Stück vor der Lektüre des Vorwortes durchgefingert: Von solcher Gedankenschwere war eigentlich nichts zu merken. Meine Fragen sind schlichterer Natur: wie zum Beispiel spielt man eine Dreiviertelnote mit der Bezeichnung: „Kna-cken“; „die Saite mit übergroßem Druck auf den Bogen streichen; es entsteht ein Knackgeräusch“? Wieso fehlt in der Cellostimme der 2. Satz völlig? Wer hat (das Lektorat darf sich angesprochen fühlen!) die Schlüsselsetzung verbrochen? Zugegeben: Reichlich banale Einwände gegen das apokalyptische Gedankengebäude zur Stützung der Stücke über den Tod. Das zweite Stück, „‚Mneme‘, steht für die allmähliche Zersetzung von Bewusstsein im Erleiden des Todes. Die (...) Ungeheuerlichkeit unserer Mordmaschinerie bekommt erst hier ihre volle Dimension: Wenn schon ein Tod soviel Leben, Erleben, Bewusstsein, Weisheit, Liebe auslöscht, was zerstört da das kollektive Morden?“ Der Rezensent sinniert und schweigt.

 

Wolfgang Hildemann

 

Aus demselben Verlag kommt eine „Sonata da chiesa IV“ (Tonger Köln, PJT 2735) des aus Cheb stammenden Wolfgang Hildemann (1925–1995). Dieses Stück darf allein schon wegen seiner Besetzung – Cello und Orgel – Interesse beanspruchen. Es zählt zu einer Reihe von Kompositionen für ein Melodieinstrument mit Orgel und hat 4 Sätze: In modo chorale, Turbae, Praefatio, Elevatio. Vielleicht außer dem Satz Turbae ist es nicht besonders schwer zu spielen, dafür sehr dankbar. Insbesondere die letzten beiden Sätze entwickeln ein sehr schönes Kolorit. Dankbar erkennt der Rezensent an, dass der langjährige Schulmusiker Hildemann ein sicher nicht hoch bedeutendes, aber gut spiel- und verwendbares Werk geschrieben hat, das auch ganz ohne ideologischen Überbau auskommt.

 

Paul Lewis

 

Last and least soll noch ein kurzes Stückchen erwähnt werden mit dem Titel „In Memoriam Jacqueline du Pré“ für Cello und Klavier von Paul Lewis (Simrock Hamburg, EE 4035). Das Gehaltvollste dieses Werkes ist sicher die geniale englische Cellistin im Titel. Seichte Harmonien und ein penetrant werdendes Triolenmotiv dominieren das Elaborat. Immerhin gibt es Ausdrucks- und Tempowechsel; warum aber die letzte Bezeichnung ausgerechnet jubiloso heißt, bleibt des Autors Geheimnis.

Holger Best

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