[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2001/02 | Seite 52
50. Jahrgang | Februar
Konzerte für Kinder
Knoten, Knubbel, Hörimpulse
Zu einer neuen konzertpädagogischen Reihe im Kölner
Domforum
Die Welt hinter den Klängen: Wie klingt die Welt
hinter den Klängen? Welche Musik erklingt hinter den Tönen?
Mit der Lupe gehen wir auf die Klänge zu und stellen dabei
das Stück Jenseits der Träume des rumänischen
Komponisten Ulpiu Vlad vor. Wie bei einer Schnur, die stark vergrößert
wird, bekommen die Töne Täler, Berge, Tunnel, Knoten und
Knubbel und je mehr in die Klänge hineingehorcht wird, umso
vielfältiger werden sie: die Musik wird durchsichtig. (Auszug
aus dem Programm Dez. 2000)
Zeitgenössische Musik kann auch anders klingen... Anstrengend,
disharmonisch und fremd ist das, was sich viele darunter vor- stellen,
eher fürchten und am liebsten meiden. In den Familienkonzerten
der neuen konzertpädagogischen Reihe, einem Kooperationsprojekt
zwischen Domforum (ein offenes Kultur- und Begegnungszentrum
der Katholischen Stadtkirchen in Köln) und dem Büro für
Konzertpädagogik, merken die Zuhörer gar nicht, dass es
sich um vermeintlich Neue Musik handelt, Kinder am allerwenigsten,
denn sie denken weder in Sparten noch in E- oder U-Kategorien. Aber
auch die Eltern, die mit ihren Kindern die Konzerte besuchen, zeigen
sich erstaunt darüber, wie interessant und zugänglich
zeitgenössische Musik sein kann.
Die Musik, die seit Herbst 2000 in bisher drei Konzerten im Domforum
zu hören war, reicht vom Kinderlied über Stücke,
in denen Papier zum Klingen gebracht wird, bis hin zu einem generativen
Improvisationssystem von Ulpiu Vlad.
Dem Publikum sollen neue Hörimpulse (so auch
der Arbeitstitel der Reihe) für das Hören von zeitgenössischer
Musik gegeben werden. Und mit zeitgenössischer Musik sind hier
nicht nur Werke etablierter zeitgenössischer Komponisten gemeint,
sondern die gesamte Geräusch- und Klangwelt, die unsere Ohren
täglich umgibt. Die Musiker/-innen und Interpreten/-innen der
Konzerte betreten zusammen mit dem Publikum musikalisches Neuland,
entdecken mit Spaß und Fantasie spannende und ungewohnte Hörwelten,
vermitteln auf humorvolle und unkonventionelle Weise verborgene
musikalische Eigentümlichkeiten und machen vor allem eins:
neugierig.
Folgende Elemente haben sich bislang besonders gut bewährt
und sind feste Bestandteile der Reihe, die sich wie ein roter Faden
durch die Programme ziehen:
Kurze, kompakte Form. Jedes Konzert dauert maximal eine Stunde.
Jedes Konzert hat folgendes Schema: Experimentieren
Zuhören gemeinsam Improvisieren.
Im Mittelpunkt steht immer die Aufführung eines zirka
zehnminütigen Werkes zeitgenössischer Musik sowie die
aktive Einbeziehung des Publikums.
Die vorgestellten Kompositionen sind keine Werke, die ausdrücklich
für Kinder komponiert sind. Sie müssen vor allen Dingen
ansprechend, anspruchsvoll, prägnant und hörenswert
sein.
Die Konzerte finden Sonntagnachmittags statt, sind offene Veranstaltungen,
für Kinder mit ihren Eltern.
Der Eintritt ist frei.
Das konzertpädagogische Konzept der Reihe sieht vor, dass
Konzertmusik dadurch direkter und sinnlicher wahrnehmbar und begreifbar
wird, dass Musikstücke erstens visualisiert oder inszeniert
(in Szenen, Bilder und Geschichten verpackt) werden, und zweitens
das Publikum aktiv in ihren Entstehungsprozess einbezogen wird.
Durch diese offene, interaktive und experimentelle Gestaltung bekommen
die Konzerte den Charakter eines Werkstattkonzerts, in dem Auge
und Ohr auf das Entstehen von Musik und Komposition geschärft
werden und damit ein bewussteres Hören möglich wird. Diese
Form öffnet sich dem Verständnis der Zuhörer weit
mehr, als dies die herkömmlichen Konzertformen können.
Die Konzerte im Domforum finden etwa einmal pro Monat statt. Sie
sind in die Reihe Spielplatz Domforum eingebunden, die
immer Sonntagnachmittags um 15 Uhr stattfindet und verschiedene
kulturelle Aktivitäten für Familien, insbesondere Kindertheater
anbietet. Veranstalter der Reihe ist das Kultur- und Begegnungszentrum
Domforum.
Die offene und gläserne Architektur des Gebäudes im Zentrum
Kölns vis-a-vis des Kölner Doms eignet sich besonders
gut für diese Form der Veranstaltung. Zum einen bietet der
interessant gestaltete Lichthof in der Mitte des Domforums eine
optimale Möglichkeit, die übliche Form des Frontalkonzerts
aufzubrechen, das Publikum auf verschiedene Etagen zu verteilen
und Raumelemente in die Musik einzubeziehen. Andererseits ermöglicht
der überschaubare Raum mit 120 Plätzen einen direkten
Kontakt zwischen Pub-likum und Künstlern, ohne Mikrofone oder
Verstärkung. Die Kinder sitzen in den Konzerten meist auf Bodenmatten
in direkter Nähe der Akteure.
Die Interpreten der konzertpädagogischen Programme sind nicht
nur Avantgarde-erprobte Instrumentalisten, Sänger und Klangkünstler
aus den verschiedensten musikalischen Bereichen wie der Klassik,
Improvisation, Jazz, Weltmusik oder Performance, sondern auch Schauspieler,
Rundfunk-Sprecher, Kabarettisten oder Musikpädagogen aus dem
Bereich Sprechkunst und Musikvermittlung.
Das Konzept sieht vor, dass das Programm immer von einem Duo aus
Musiker und Vermittler gestaltet wird. Das Büro für Konzertpädagogik
veranstaltet dafür in regelmäßigen Abständen
Seminare für den Mitarbeiterstab und alle Interessierte, in
denen das eigene Know-how eingebracht, gegenseitig vermittelt und
daraus gemeinsam neue Ideen und Konzepte für konzertpädagogische
Veranstaltungen zum Thema zeitgenössische Musik entwickelt
werden.
Weitere Programme sind für die konzertpädagogische Reihe
im Domforum zu folgenden Themen geplant: ungewöhnliche Instrumente,
Musik und Material (Papier, Wasser, Metall, Holz, Farbe), Improvisationen
mit Alltagsgegenständen oder vom Publikum mitgebrachten Instrumenten,
HausmusikMusikhaus, Stimme, Bewegung, Filmmusik, Hörlabyrinth
oder Klangparcours...
Zeitgenössische Musik kann nicht nur anders klingen, sondern
auch lebendig vermittelt werden.