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nmz-archiv
nmz 2001/02 | Seite 10
50. Jahrgang | Februar
Kulturpolitik
Kinder, Thesen, Temperamente
Kinder und Musik im 21. Jahrhundert Ein Kongress
in den Startlöchern
Ein Auftakt, der den Maßstab setzen muss: Der Deutsche Musikrat
hat diese Veranstaltung als Start seiner Dachkampagne Hauptsache:
Musik auserkoren und setzt damit ein deutliches Signal der
Hoffnung auf inhaltliche Profilierung eines Schlagworts. Im Gespräch
mit Beteiligten scheinen Facetten und Chancen des ambitionierten
Projektes auf.
Machen Kongresse intelligent? Nun es wäre wohl schon
viel gewonnen, wenn sie zum Nachdenken anregen könnten über
den engen Kreis Eingeweihter hinaus. Zu denen gehört Eckart
Altenmüller als Direktor des Instituts für Musikphysiologie
und Musikermedizin der gastgebenden Hochschule für Musik und
Theater Hannover zwar auch, doch wünscht er sich vom Kongress
Kinder und Musik im 21. Jahrhundert eben genau diesen
Ausblick über die Fachdisziplin und die Grenzen des Wissenschaftsbetriebs
hinaus. Es ist wichtig, dass es in Hannover kein eingeschworener
Kreis sein wird, der in sich schwingt, wie es bei musikpädagogischen
Veranstaltungen oft der Fall ist. Dass man sich nicht nur gegenseitig
seiner Standpunkte versichert, sondern dass auch Widersprüche
und gegenteilige Meinungen ausgetragen werden. Den Kongress
sieht er in seiner inhaltlichen und personellen Konzeption auf dem
richtigen Weg und erwartet den Gedankenaustausch, gerade was die
unterschiedlichen Perspektiven betrifft, mit großer Spannung.
Ganz konkret dürfte sich eine angeregte Diskussion über
Hans Günther Bastians Langzeitstudie zur Musik(erziehung)
und ihrer Wirkung entwickeln und über die damit verbundene
Frage, ob Musik denn intelligent mache und ob dies eigentlich der
Punkt sei. Die beträchtliche Medienwirkung der Studie und das
darin enthaltene politische Potenzial will Altenmüller zwar
nicht durch kleinliche Kritteleien zerreden, wohl aber klar stellen,
dass die Aussagekraft solch unkontrollierter Studien mit Vorsicht
zu genießen ist.
Wie Altenmüller bezweifelt auch die Musikpsychologin Claudia
Bullerjahn von der Universität Hildesheim, dass damit der direkte
Beweis für eine Sonderrolle der Musik im Vergleich zu anderen
musischen oder sportlichen Aktivitäten geführt werden
könne. Ansonsten sieht sie ihre Schwerpunkte aber auf anderen
Gebieten. Beim Kongress wird sie ganz aktuelle Forschungsergebnisse
zu den Themen Kompositionspädagogik und Kompositionswettbewerbe
für Kinder und Jugendliche präsentieren und für eine
stärkere Berücksichtigung der Popularmusik im musikpädagogischen
Bereich eintreten. Diese werde häufig noch in Form einer Art
Bonbon-Pädagogik als Belohnung auf dem Weg zur
wahren, schönen und guten Musik eingesetzt.
Zu den Besonderheiten des Kongresses gehört die bewusste
Einbindung der Macher aus Politik, Wirtschaft und der
Kindermusik-Szene selbst. Werner Meier vom Verlag und
Label Sternschnuppe sieht dementsprechend die Praxis
als sein Hauptanliegen. Mit einer gesunden Skepsis gegenüber
pädagogisch wertvoller Musik verlässt er sich
auf das unmittelbare Feedback seiner Produktionen, die ohne stilistische
Scheuklappen bayerische Landler und Reggae, Techno oder
Jazz in ihre Musiksprache einbinden. Provokant wolle man mit Sternschnuppe
auftreten und das nicht nur in der Theorie, sondern auch mit entsprechenden
Kostproben aus den eigenen Programmen.
Man darf gespannt sein, ob die Mischung am 15. und 16. Februar
in Hannover zündet, und hoffen, dass der Hauptsache, nämlich
der Musik und den Kindern am Ende damit gedient sein wird.
Juan Martin Koch
Karten
für das Eröffnungskonzert am 15.2. um 19.30 Uhr unter
Tel. 0511/31 00-261, Anmeldung zum Kongress unter 0511/31 00-633.