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nmz-archiv
nmz 2001/10 | Seite 44
50. Jahrgang | Oktober
Oper & Konzert
Klarinettenwettblasen im Eisenlager
Praxisphase für junge Solisten im Europäischen Ruhr-Klassik-Festival
Ziel nicht erreicht, stellt die Gesellschaft zur Förderung der Philharmonia Hungarica nüchtern fest.
Ihr Orchester konnte sie nicht retten, weder politisch, noch finanziell. Die Uhr dafür ist abgelaufen.
Die meisten Musiker, und das spricht für deren Qualität, haben, so heißt es, in Verbindung mit
der tariflichen Abfindung inzwischen Platz in anderen Ensembles gefunden. Einige flüchteten notgedrungen
in die Frührente. Übrig bleibt noch ein Telefonorchester. Zur Sinfonietta Hungarica sollen interessierte
Musiker fallweise zusammengerufen werden und Spezialaufträge übernehmen. Zum Beispiel im Europäischen
Klassikfestival Ruhr, auf das die Fördergesellschaft seit vier Jahren ihre Aktivitäten erweitert und
jetzt voll konzentriert hat: um gute Musik unters Volk zu bringen. Neuen Klang in kulturungewohnte Räume
der toten Ruhrzechen. Über Kinder das Publikum von Morgen suchen. So wird dann die Fördergesellschaft
für den veränderten Auftritt bald unter neuem Namen firmieren, hinter der sich die Commerzbank-nahe
Hypothekenbank Essen verbirgt. Außerdem bahnt sich eine Kooperation mit der NRW-Triennale und ihrem künstlerischen
Leiter Gérard Mortier an, den umgekehrt die Erfahrung und Logistik bei der Einbeziehung ungewohnter Spielstätten
zu interessieren scheint.
Rund 50 Konzerte des Europäischen Klassik-Festivals Ruhr zwischen Dorsten und Bochum brachten kammermusikalische,
orchestrale und jazzige Highlights und schließlich das Resultat eines in Klausur abgehaltenen Klarinettenwettbewerbes.
Das Repertoire lieferte Carl-Maria von Weber und als Lohn des Wettblasens lockte für vier Finalisten (aus
22 Kandidaten) der Soloauftritt mit den Duisburger Philharmonikern unter Daniel Lipton. In dieser aufgeteilten
Schlussrunde stellten sich in Essen der Österreicher Simon Reitmaier vor, in Oberhausen der Ungar Bálint
Karosj, in Herne die in Detmold studierende Japanerin Yuka Takashi und schließlich im Marler Eisenlager
der Lübecker Studierende Jens Thoben.
Ihm, so fand schließlich die geballte Juryfachkompetenz einer Sabine Meyer, eines Reiner Wehle, aus London
Andrew Marriner, aus Wien Alois Brandhofer heraus, gebührte unbestritten der 10.000 Mark-Preis, bestätigt
durch den Publikums- und Orchesterpreis in Form einer Wiedereinladung des Orchesters. Die drei anderen Finalisten
gewannen immerhin die Erfahrungen aus dem Ernstfallauftritt und einen 2.000 Mark-Scheck.